Berlin. Volker Beck setzte sich stets für eine liberale Drogenpolitik ein – nun wurde der Grünen-Politiker selbst mit Rauschgift erwischt.

Bigott ist er nicht. Volker Beck hat immer für eine liberale Drogenpolitik gestritten – nicht zuletzt in eigener Sache, wie sich am Mittwoch herausstellte. Die Polizei erwischte ihn in Berlin in der Nähe des Nollendorfplatzes in der Innenstadt mit Rauschgift. Laut Staatsanwaltschaft laufen die chemischen Untersuchungen. Nach einem „Bild“-Bericht handelte es sich um 0,6 Gramm der Droge Crystal Meth.

Beck war gegen 23 Uhr allein zu Fuß unterwegs. Er war zuvor mit dem Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) bei einem Gala-Essen der Europäischen Rabbiner-Konferenz gewesen. Aus Berliner Polizeikreisen hieß es, er sei den Beamten durch sein Verhalten aufgefallen und deshalb kontrolliert worden. Weitere Details wollten Polizei und Staatsanwaltschaft zu dem Fall nicht nennen. Seitens des Sprechers der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, hieß es lediglich, Beck habe sich kooperativ gezeigt. Ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, ist unklar. Nach Informationen der „BZ“ wurde der Politiker dabei beobachtet, wie er eine Dealer-Wohnung betrat, die schon längere Zeit von Drogenfahndern observiert wurde.

„Volkers politische Karriere ist vorbei“

Der Kölner Grünen-Abgeordnete legt am Mittwoch seine Ämter nieder, aber nicht sein Bundestagsmandat. „Volkers politische Karriere ist vorbei“, hörte man gleichwohl aus seiner Partei. Vieler seiner Kollegen – zumeist im Wahlkampf unterwegs – waren überrascht: „Jetzt auch das noch“, simsten sie, „krass“. Viele haben „Mitleid mit Volker“. Einer bemerkte, Beck sei ja immer schon auf einem schmalen Grat unterwegs gewesen. Was immer das heißt.

Beck selbst tauchte am Mittwoch erst mal ab, war im Büro nicht zu sprechen, schaltete sein Handy aus und teilte in einer dürren persönlichen Erklärung mit, „ich werde mich dazu öffentlich nicht einlassen“.

Parallelen zum Fall Hartmann der SPD

Sein Krisenmanagement erinnert an Michael Hartmann. Der SPD-Abgeordnete war 2013 Drogenfahndern ins Netz gegangen. Ein Jahr später wurden die Ermittlungen dann gegen Geldbuße eingestellt. Der Sozialdemokrat sitzt weiter im Parlament. „Ich war durch und habe mir das nicht eingestanden“, hat er später erzählt.

Hartmann und Beck saßen beide im Innenausschuss. Der Sozialdemokrat stellte sich inzwischen – buchstäblich – hinten an: Er ist jetzt ein Hinterbänkler, der sich wieder nach vorn zurückkämpfen muss. Hartmann war seinerzeit erwischt worden, als er in einer Laubenkolonie „Samoa“ in Berlin-Schöneberg Crystal Meth kaufen wollte.

In der Grünen-Fraktion war Beck zuletzt innen- und religionspolitischer Sprecher. Zudem führte er die Gruppe der deutsch-israelischen Parlamentarier an. Er ist seit 1994 im Bundestag, eine kleine Ewigkeit. Schon vor dem Drogenfund waren seine Chancen auf eine erneute Kandidatur gesunken. Zuletzt hieß es bei den NRW-Grünen, dass er für die Wahl 2017 mit einem schlechteren Listenplatz rechnen müsse.

Grünen-Politiker trat für liberale Drogenpolitik ein

Lange Zeit war er eine feste Größe als Fraktionsmanager, gerade in der rot-grünen Koalition. Bis heute ist er eine politische Galionsfigur für viele Homosexuelle. Seit Jahren kämpfte er für die Rechte von Schwulen und Lesben. Es mag Zufall sein – oder auch nicht –, jedenfalls ist Crystal Meth in der schwulen Szene Berlin „in“. Dort wird es „Tina“ oder „T“ genannt. Es wirkt aufputschend, ist aber Gift für die Nervenzellen. Das Rauschgift lässt sich einfach herstellen, es kann geraucht, geschnupft oder geschluckt werden.

In seiner „persönlichen Erklärung“ erwähnte Volker Beck selbst, dass er stets eine liberale Drogenpolitik vertreten habe. Das ist bekannt. Beispielsweise im August 2004, als der Grünen-Politiker sich mit dem Künstler Jörg Immendorff solidarisierte. Immendorff war wegen Drogenbesitzes zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

„Kriminalisierung führt in die Sackgasse“

Beck kommentierte dies in der „taz“ mit klaren Worten: „Die Strafverfolgung von Drogenkonsumenten spottet jeder rationalen Strafrechtspolitik.“ Und: „Wer niemandem Schaden zugefügt hat, außer vielleicht sich selbst, kann auch nicht schuldig sein. Seine Schuld besteht allein darin, dass er sich nicht vor dem Geßler-Hut der Prohibition verneigt hat.“ Immendorff war damals der Besitz von 6,639 Gramm reinen Kokains zur Last gelegt worden.

Die Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten war für Beck immer wieder Thema – so auch 2012, als die Linksfraktion im Bundestag die Einführung von legalen Cannabis-Clubs beantragte. „Die Politik der Kriminalisierung von Konsumenten“, sagte Beck, „führt generell in die Sackgasse.“