Berlin. Die Koalition schien sich beim Asylpaket II endlich geeinigt zu haben. Doch SPD-Chef Gabriel entfacht den Streit darüber nun erneut.

Es ist gerade mal eine gute Woche her: Union und SPD verhandelten das Asylpaket II, und als ein Kompromiss zu den Verschärfungen der Flüchtlingsgesetze gefunden war, durfte ein für seine Verhältnisse gut gelaunter Sigmar Gabriel die Einigung verkünden.

Das war am Donnerstag vergangener Woche, am Mittwoch dieser Woche verabschiedete dann das Kabinett das Gesetzespaket. Die große Koalition wollte so auch beweisen, dass es vorangeht in der Flüchtlingsfrage.

Gabriel entfacht Streit erneut

Doch mit der guten Laune ist es jetzt vorbei. Es gibt Verwirrung um die Verabredungen. Es geht um ein Detail im Familiennachzug. SPD-Chef und Vizekanzler Gabriel sagte der ARD, die Aussetzung des Familiennachzugs für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sei nicht mit ihm verabredet gewesen.

Die SPD hatte sich in den vergangenen Monaten dafür eingesetzt, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auch zukünftig ihre Eltern nachholen können. Im konkreten Fall geht es um die Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre bei sogenannten „subsidiär Geschützen“. Dies ist nur eine kleine Gruppe unter den Flüchtlingen, die keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention haben und sich auch nicht auf ein Grundrecht auf Asyl berufen können – aber wegen Gefahr für Leib und Leben zunächst in Deutschland bleiben dürfen.

Union reagiert überrascht

Die Union ist erstaunt über Gabriel. „Zuverlässigkeit sieht anders aus“, sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Der SPD-Vorsitzende stelle nun schon zum zweiten Mal den gleichen Kompromiss infrage. Unionsfraktionsvize Thomas Strobl nennt die Regelungen zum Familiennachzug eine zentrale Frage der Verhandlungen zum Asylpaket II. „Vor diesem Hintergrund ist es schon irritierend, dass der SPD-Vorsitzende plötzlich behauptet, nicht im Bilde gewesen zu sein“, sagte der CDU-Politiker.

Zu den Angriffen aus der Union heißt es in der SPD: Das ist Polemik, wir klären jetzt erst einmal den Sachverhalt. Am Sonnabend verhandelten nach Angaben aus Regierungskreisen Gabriel und de Maizière über die Regelung. Gabriel muss jetzt die Kuh vom Eis holen, hieß es. Möglicherweise ist alles nur ein Missverständnis. Man kann sich jedenfalls nur schwer vorstellen, dass das Innenministerium absichtlich etwas in das Gesetz hineingeschrieben hat, das nicht verabredet gewesen ist.

Für die Opposition sind diese Verwirrungen ein kleines Fest. Grünen-Chefin Simone Peter fasst es so zusammen: „Nichts Genaues weiß man nicht bei der SPD.“