Düsseldorf. NRW-Innenminister Jäger hat der Kölner Polizei nach den Angriffen auf Hunderte Frauen in der Silvesternacht schwere Fehler vorgeworfen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat der Kölner Polizeiführung im Zusammenhang mit dem umstrittenen Einsatz in der Silvesternacht gravierende Fehler vorgeworfen. „Das Bild, das die Kölner Polizei in der Silvesternacht abgegeben hat, ist nicht akzeptabel“, sagte Jäger am Montag bei einer Sondersitzung im Düsseldorfer Landtag.

Der Innenausschuss des Landtags befasste sich mit den Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof an Silvester. Bis Sonntag gingen mehr als 500 Strafanzeigen ein.

Die Kölner Polizei hätte auf zusätzliche, in der Nacht verfügbare Einsatzkräfte zurückgreifen müssen, sagte Jäger. Sie habe aber die angebotene und „dringend benötigte Verstärkung für diese unerwartete Lageentwicklung“ nicht abgerufen. Jäger kritisierte zudem die Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Polizei. Die Kommunikation über das Tatgeschehen sei unvollständig und zögerlich gewesen. Zunächst war vertuscht worden, dass eine stattliche Zahl der Tatverdächtigen offenbar Flüchtlinge war. Jäger versichert: „Es gab aus meinem Haus keine Anweisung, Herkunft oder Status der Störer zu verschweigen.“ Eine selbstkritische, transparente Aufarbeitung sei Pflicht.

Jäger: Tatverdächtige von Köln fast ausschließlich Migranten

Zentrale Fragen der Aufarbeitung seien: Wer waren die Täter? Was waren ihre Motive? Wie konnte es geschehen? Jäger sagte, er wolle bei der Aufklärung keine Rücksicht auf falsch verstandene „politische Korrektheit“ nehmen. Der Innenminister berichtete im Ausschuss, Tatverdächtige der Kölner Silvesternacht seien fast ausschließlich Migranten, die aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum stammten. Auch Flüchtlinge, die 2015 nach NRW gekommen sind, seien darunter. Im Bericht des Innenministerium heißt es sogar: Offenbar handelte es sich um das Tatmodell eines aus arabischen Ländern bekannten gemeinschaftlichen sexuellen Übergriffs.

Die bisherige Bilanz der Aufarbeitung, die der Innenminister am Montag vorlegte: Bei 237 von 516 bislang bearbeiteten Anzeigen handelt es sich um Sexualstraftaten. Auch eine Polizistin in Zivil wurde dem Bericht zufolge angegriffen. Es gibt 19 Tatverdächtige, keiner hat einen deutschen Pass. Zehn sind Flüchtlinge, sieben offenbar illegal eingereist, zwei sind minderjährig. Laut Innenministerium spreche aber nichts dafür, dass die Übergriffe in Köln zentral gesteuert wurden, es gebe keine Anzeichen von organisierter Kriminalität.

Die Taten von Köln waren laut dem Innenministerium nicht das Werk von professionellen „Antänzer“-Trickdieben, sondern eher ein gemeinschaftlicher sexueller Übergriff mit dem Namen „taharrush gamea“, wie er aus arabischen Ländern als „Modus Operandi“ bekannt sei. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe werde sich mit diesem Phänomen befassen, hieß es im Ausschuss.

Opposition kritisiert Innenminister Jäger

Jäger wird selbst von der Opposition kritisiert – und will sich offenbar als eiserner Aufklärer aus der Schusslinie bringen: „Nichts wird beschönigt oder gerechtfertigt.“ Es gehe darum, eine Wiederholung der Kölner Chaos-Nacht zu verhindern und „Vertrauen in den Staat“ zurückzugewinnen. „Ich erwarte von allen beteiligten Behörden eine konsequente Strafverfolgung“, betonte der Innenminister am Montag im Ausschuss.

Auch Bernd Heinen, Polizeidirektor im NRW-Innenministerium, schob die Verantwortung am Einsatz-Debakel allein der Kölner Polizei zu – die falsche Lageeinschätzung in der Nacht, „Mängel in der behördeninternen Kommunikation“ und ein fatales „Bild der Vertuschung“ in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Präsidiums.

Empörung in der Opposition löste Jäger mit der Bemerkung aus, er sei für operative Fehler nicht verantwortlich. Schließlich sei auch der „Gesundheitsminister nicht für eine misslungene Blinddarm-OP verantwortlich“. Der NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, zeigte sich „irritiert“, dass Jäger die Kölner Polizei angegriffen habe, obwohl in NRW landesweit Polizeikräfte fehlten. Aus Sicht des CDU-Abgeordneten Theo Kruse „trägt Jäger die Verantwortung für das Desaster in Köln“. Der FDP-Abgeordnete Marc Lürbke sprach von einer schlimmen „Tradition“ im Ministerium im Hinblick auf den Umgang mit Polizeiversagen.(mit dpa)