Justizminister Maas warnt vor voreiligen Schuldzuweisungen. Doch er sagt: „Täter müssen für ihre widerwärtigen Taten bestraft werden.“

Nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen in Köln und anderen deutschen Städten ist eine Diskussion über den Polizeieinsatz in der Silvesternacht entbrannt. Während Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Polizei scharf kritisiert, warnt Justizminister Heiko Maas (SPD) im Interview mit unserer Redaktion vor voreiligen Schuldzuweisungen.

Herr Minister, Sie haben die Ereignisse in der Silvesternacht als „neue Dimension organisierter Kriminalität“ bezeichnet. Wie kommen Sie darauf?

Heiko Maas: Wenn tausend Menschen sich zu einer enthemmten Horde zusammenfinden und das offenbar so geplant war, dann ist das nicht weniger als ein zeitweiliger Zivilisationsbruch. Unsere Botschaft an diese Leute ist ganz klar: Wer glaubt, in unseren Städten rechtsfreie Räume schaffen zu können, dem wird sich der Rechtsstaat mit aller Macht entgegenstellen. Es muss alles getan werden, um die Täter zu ermitteln und dann konsequent zur Rechenschaft zu ziehen. Und: Nie wieder dürfen Menschen solchen zügellosen Massen schutzlos ausgeliefert sein.

Teilen Sie die Kritik von Innenminister de Maizière am Vorgehen der Polizei?

Maas: Die Polizei muss sich die Frage stellen lassen, ob sie die Vorfälle wirklich schon in der Silvesternacht ernst genug genommen hat. Es sollte jetzt aber auch keine vorschnellen Schuldzuweisungen geben. Wichtig ist, dass sich so etwas nicht wiederholen darf.

Haben die – nach Augenzeugenberichten – ausländischen Täter ihr Aufenthaltsrecht verwirkt?

Maas: Wer glaubt, sich bei uns über Recht und Gesetz stellen zu können, der muss bestraft werden – völlig egal woher er kommt. Im Übrigen ist die neue, gerade verschärfte Rechtslage eindeutig: Asylsuchende können auch während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen werden. Über die Höhe der Strafen werden die zuständigen Gerichte zu entscheiden haben. Aber: Ein solches Strafmaß ist grundsätzlich bei Sexualdelikten absolut möglich. Ausweisungen wären insofern durchaus denkbar.

Reichen die Instrumente des Rechtsstaats aus, um Übergriffen wie in Köln zu begegnen?

Maas: Wir sollten jetzt mit aller Entschlossenheit, aber auch besonnen auf die Gewaltexzesse reagieren. Dazu gehört auch, zunächst den Sachverhalt und die Täter genauestens zu ermitteln. Dann müssen die Täter für ihre widerwärtigen Taten bestraft werden. Das ist es, was wir vor allem den Opfern jetzt schuldig sind. Dafür hält unser Rechtsstaat alle erforderlichen Mittel bereit.