Berlin. Die ARD ändert mal wieder ihr Konzept: Xavier Naidoo soll als deutscher Vertreter zum Eurovision Song Contest. Ohne Wettbewerb.

Der deutsche Teilnehmer des nächsten Eurovision Song Contest (ESC) in Stockholm steht offenbar schon fest. Der Sänger Xavier Naidoo soll bei dem internationalen Liederwettbewerb für Deutschland antreten, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet. Demnach dürfen die Fernseh-Zuschauer bei der Show „Unser Song für Xavier“ im nächsten Februar nur noch über den Song abstimmen, mit dem der Künstler ins Rennen gehen soll.

Der Unterhaltungskoordinator der ARD, Thomas Schreiber, nannte Naidoo in der Zeitung einen „Ausnahmekünstler“, der seit zwanzig Jahren seinen Platz im deutschen Musikleben habe. Deshalb sei er direkt nominiert worden. Naidoo selbst sagte der Zeitung, er trete selbstverständlich an, um „das Ding nach Hause zu holen“. „Dieser völkerverbindende Wettbewerb“ sei für ihn etwas ganz Besonderes.

Xavier Naidoos „Reichsbürger“-Auftritt irritierte viele

Die ARD ändert damit wieder mal ihr Konzept. Zuletzt gab es einen Wettbewerb, aus dem der deutsche ESC-Kandidat hervorging. Vergangenes Mal hatte Sieger Andreas Kümmert die Wahl allerdings nicht angenommen, so dass die zweitplatzierte Ann-Sophie in Österreich antrat. Sie landete mit null Punkten auf dem letzten Platz.

Das nächste Finale findet im Mai 2016 in Stockholm statt, nachdem der Schwede Måns Zelmerlöw dieses Jahr mit seinem Song „Heroes“ gewonnen hatte.

Von der ESC-Teilnahme Naidoos sind auch einige Musiker-Kollegen nicht begeistert. Schlagersänger Guildo Horn hat kritisiert, dass der deutsche Teilnehmer nicht durch einen Wettbewerb bestimmt wird. „Nicht das Wichtigste in diesen Zeiten, aber mich nervt’s trotzdem“, schrieb Horn, der 1998 beim ESC mit „Guildo hat euch lieb“ den siebten Platz belegte, auf Facebook. Für ihn sei der Song Contest „immer ein freier, demokratischer Wettbewerb“ und „offen für jeden“ gewesen.

Xavier Naidoo (44) ist nicht unumstritten. Anfang Oktober 2014 war der Sänger in Berlin als Redner bei einer Kundgebung der so genannten „Reichsbürger“ aufgetreten, einer vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremistischen Organisation. Diese Gruppierung, die allerlei Verschwörungstheorien vertritt, erkennt Deutschland nicht als Staat an.

Bei der Veranstaltung hatte Naidoo erklärt, Deutschland sei kein freies Land, sondern sei immer noch von den USA besetzt. Er hatte dies auch bei anderen Gelegenheiten erklärt. So sagte er in der ARD: „Wir sind nicht frei. Wir sind immer noch ein besetztes Land.“ Ein anderes Mal erklärte er, bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 nicht alles so abgelaufen, wie es in den Medien dargestellt werde.

Mit dem „Goldenen Aluhut“ ausgezeichnet

Nach dem „Reichsbürger“-Auftritt gab es viel Kritik an dem Künstler – etwa in seiner Heimatstadt Mannheim. „Wir distanzieren uns von den fragwürdigen und irritierenden politischen Äußerungen und dem Auftritt Xavier Naidoos“, erklärt beispielsweise die Popakademie, deren Mitinitiator der Sänger ist. Naidoo selbst hatte seinen Auftritt verteidigt: „Ich möchte auf Menschen zugehen. Auch auf die ,Reichsbürger’. Auch auf die NPD. Das ist mir alles Wurst.“

Erst kürzlich wurde dem Sänger der „Goldene Aluhut“ verliehen – eine nicht ganz ernst gemeinte Auszeichnung für die skurrilsten Verschwörungstheorien und Pseudo-Wissenschaften. (mit dpa)