Essen. So funktionieren Talkshows: „Schulz & Böhmermann“ parodieren Redesendungen auf ZDFneo. Mit dabei sind Lars Eidinger und Iris Berben.

Jan Böhmermann hat sich rargemacht in den letzten Wochen. Im Juni verriss er in einer beachtenswerten Ausgabe von „Neo Magazin Royale“ Klassiker der deutschen Literatur, seitdem haben die Sendung und ihr Moderator Sommerpause. An diesem Sonntag nun ist Böhmermann (36) mal wieder auf dem Bildschirm zu sehen – und stellt unter Beweis, warum er aktuell einer der innovativsten Fernsehmacher ist. In einer Spezialfolge seiner Show „Schulz & Böhmermann“ parodiert er zusammen mit Lieblingspartner Olli Schulz (43) die Mechanismen der üblichen Talkformate.

Schon der Titel lässt den Gästen viel Raum, die Lage der Nation zu kommentieren: „Enttäuscht von Deutschland“. Die Gesprächsrunde besteht neben den beiden namensgebenden Moderatoren aus vier Schauspielern, doch die kommen nicht als sie selbst, sondern mimen Musterexemplare eitler Künstlertypen.

Lars Eidinger als eitler Provokateur

Am besten gelingt das Lars Eidinger (41), der als fiktiver Theaterstar Finn Meinhold mit Ponyfrisur und Sonnenbrille herrlich selbstverliebt über die Kunstform Schauspielerei sinniert. Ein elitärer Provokateur, der das Fernsehen hasst und die Theaterbühne als einzig selig machenden Arbeitsplatz begreift.

Gott, schwadroniert Eidingers Meinhold, „ist für mich der Urschauspieler“. Kein Wunder, dass Böhmermann sagt, er habe eine Abneigung gegen Schauspieler, die als Privatpersonen in Talkshows auftreten. Wen er damit konkret meint, bleibt der Interpretation der Zuschauer überlassen.

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    Schauspieler, die es nach Hollywood zieht

    Allerdings liefert Böhmermann subtile Hinweise. Theaterstar Meinhold wird jedenfalls als Träger des „Hannes-Jaenicke-Preises“ eingeführt. Neben Eidinger nehmen weitere Hochkaräter an dem improvisierten Experiment teil: Iris Berben (66) verkörpert mit blonder Perücke eine Fernsehdiva namens Kathrin Ferrantes, die zwischen dem Sauerland und den USA pendelt.

    In Amerika, erklärt sie, kenne man keinen Neid, „da freut man sich über Erfolg“. In Deutschland fühle sie sich zu wenig geliebt. Auch ihre Kollegin Claudine Landmann, gespielt von Karoline Herfurth (33), will nach Hollywood.

    Entlarvend-komische Momente

    Denn hier sei alles „viel zu deutsch“ – noch eine dieser Künstlerfloskeln, von denen es in der Talkshowparodie wimmelt. Die Runde komplettiert Katharina Thalbach (63) als Brandenburger Rentnerin Marita Skwara, die AfD wählt und sich die Mauer zurückwünscht. Fans abgedrehter Parodien wird die Sendung an Olli Dittrich (60) erinnern, der mit seinem „Talkgespräch“ vor wenigen Jahren auch schon die typischen Gesprächsrunden im Fernsehen persifliert hat. Doch während der alle Rollen selbst spielte, interagieren die „Enttäuscht von Deutschland“-Diskutanten tatsächlich miteinander.

    Dem Publikum beschert das entlarvend-komische Momente. Etwa wenn Diva Ferrantes von ihrer erfolgreichsten Filmrolle als Kleinwüchsige erzählt und Finn Meinhold sie mit den Worten „Mein Vater war kleinwüchsig!“ sofort ins moralische Abseits zu stellen versucht. So zutreffend wurde die talkshowtypische Erregungsspirale selten aufs Korn genommen.

    Fazit: Geistreich und pointiert – Böhmermann und Schulz in Topform.

    ZDFneo, Sonntag, 6. August, um 23.15 Uhr