Essen. Axel Milberg und Sibel Kekilli arbeiten zum letzten Mal zusammen im Kieler „Tatort“. Dabei gibt es viel Ärger zwischen den Ermittlern.

Ein Mann – blass, unrasiert, übernächtigt – zieht sich in eine leer stehende Wohnung in Kiel zurück. Er stopft sich Chips in den Mund. Gefrustet. Dann klopft es an der Tür. Maren. Seine Geliebte. Sie hört nicht auf, ihn zu küssen. „Ich hatte so Schiss, dass du ganz weg bist“, sagt sie. Genervt wirft er sie zu Boden. Sie weint. Maren krallt sich an seinem Hosenbein fest, kreischt hysterisch und zerrt ihn nieder. „Lass mich in Ruhe!“, schreit der Mann und versucht sich loszureißen. Sie lässt nicht von ihm ab. Er greift zum losen Tischbein und schlägt auf sie ein – bis sie aufhört zu weinen.

Es wird nicht die einzige verstörende Szene im 30. Kieler „Tatort“ bleiben. Das düstere Drehbuch von Markus Busch basiert auf einer Vorlage von Henning Mankell. Der schwedische Bestsellerautor verstarb 2015 im Alter von 67 Jahren – im selben Jahr wurde der Fall „Borowski und das Fest des Nordens“ gedreht.

„Sie hat ihn genervt, und er hat ihr das Licht ausgeknipst“, schlussfolgert Hauptkommissar Klaus Borowski (Axel Milberg), als er sich am Tatort über die Leiche beugt. „Sie wurde von vorne erschlagen, ins Gesicht“, brüllt Assistentin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) wütend. Sie hält den Täter für ein gestörtes Monster, der Streit zwischen dem Ermittlerduo ist vorprogrammiert.

„Das Fest des Nordens“ in Bildern

Die Kieler „Tatort“-Folge „Borowski und das Fest des Nordens“ ist harte Krimi-Kost. Es geht gleich um zwei brutale Mordfälle. Warum hat Roman Eggers (Mišel Matičević) seine Freundin Maren Reese (Maureen Havlena) erschlagen?
Die Kieler „Tatort“-Folge „Borowski und das Fest des Nordens“ ist harte Krimi-Kost. Es geht gleich um zwei brutale Mordfälle. Warum hat Roman Eggers (Mišel Matičević) seine Freundin Maren Reese (Maureen Havlena) erschlagen? © NDR | Christine Schroeder
Ein neuer Fall für Borowski (Axel Milberg, Mitte) und Brandt (Sibel Kekilli, re.): In einer leer stehenden Wohnung wird eine auf heimtückische Weise erschlagene, junge Frau gefunden. Vom Täter, der sich am Tatort wie in einem Versteck eingerichtet hatte, fehlt jede Spur.
Ein neuer Fall für Borowski (Axel Milberg, Mitte) und Brandt (Sibel Kekilli, re.): In einer leer stehenden Wohnung wird eine auf heimtückische Weise erschlagene, junge Frau gefunden. Vom Täter, der sich am Tatort wie in einem Versteck eingerichtet hatte, fehlt jede Spur. © NDR | Christine Schroeder
Dr. Kroll (Anja Antonowicz, li.) erzählt Borowski (Axel Milberg, re.), dass sich das Opfer vor dem Tod nicht gewehrt hat. Die beiden spielen den möglichen Tathergang nach.
Dr. Kroll (Anja Antonowicz, li.) erzählt Borowski (Axel Milberg, re.), dass sich das Opfer vor dem Tod nicht gewehrt hat. Die beiden spielen den möglichen Tathergang nach. © NDR | Christine Schroeder
Was plant der Mörder Eggers als nächstes?
Was plant der Mörder Eggers als nächstes? © NDR | Christine Schroeder
Mišel Matičević liefert als Darsteller des Täters eine starke schauspielerische Leistung.
Mišel Matičević liefert als Darsteller des Täters eine starke schauspielerische Leistung. © NDR | Christine Schroeder
Eggers trifft sich heimlich mit seiner Tochter Luisa (Lilly Barshy).
Eggers trifft sich heimlich mit seiner Tochter Luisa (Lilly Barshy). © NDR | Christine Schroeder
Was heckt Roman Eggers für einen Plan aus? Borowski und Brandt befragen den Chef des mutmaßlichen Mörders.
Was heckt Roman Eggers für einen Plan aus? Borowski und Brandt befragen den Chef des mutmaßlichen Mörders. © NDR | Christine Schroeder
Unter dem Druck der Ereignisse werden die Spannungen im Ermittler-Team immer größer. Während Sarah Brandt den Täter zur Fahndung ausschreiben will, mahnt Borowski (Axel Milberg) zur Besonnenheit.
Unter dem Druck der Ereignisse werden die Spannungen im Ermittler-Team immer größer. Während Sarah Brandt den Täter zur Fahndung ausschreiben will, mahnt Borowski (Axel Milberg) zur Besonnenheit. © NDR | Christine Schroeder
Die Kieler Woche ist in vollem Gange und dies weckt bei Borowski einen immer ungeheuerlicher werdenden Verdacht. Hat der Täter einen Anschlag geplant?
Die Kieler Woche ist in vollem Gange und dies weckt bei Borowski einen immer ungeheuerlicher werdenden Verdacht. Hat der Täter einen Anschlag geplant? © NDR | Christine Schroeder
Hat Roman Eggers eine Bombe auf einem Boot versteckt? Borowski versucht den Plan des Mörders zu durchschauen.
Hat Roman Eggers eine Bombe auf einem Boot versteckt? Borowski versucht den Plan des Mörders zu durchschauen. © NDR | Christine Schroeder
Borowski feiert betrunken mit einer Kellnerin (Thao Vu) auf der Kieler Woche.
Borowski feiert betrunken mit einer Kellnerin (Thao Vu) auf der Kieler Woche. © NDR | Christine Schroeder
Ausgelassen trägt Borowski die Kellnerin am Hafen auf seinen Schultern.
Ausgelassen trägt Borowski die Kellnerin am Hafen auf seinen Schultern. © NDR | Christine Schroeder
Die Kieler Woche hat begonnen und die Stadt steht Kopf. Und Borowski mittendrin.
Die Kieler Woche hat begonnen und die Stadt steht Kopf. Und Borowski mittendrin. © NDR | Christine Schroeder
Nach einem Brand in seiner Wohnung schleppt sich Borowski auf die Straße. Die Kollegen tippen auf einen Molotow-Cocktail, den jemand in seiner Wohnung entzündet hat.
Nach einem Brand in seiner Wohnung schleppt sich Borowski auf die Straße. Die Kollegen tippen auf einen Molotow-Cocktail, den jemand in seiner Wohnung entzündet hat. © NDR | Christine Schroeder
Borowski erleidet bei dem Brand eine Rauchvergiftung.
Borowski erleidet bei dem Brand eine Rauchvergiftung. © NDR | Christine Schroeder
Für das Ermittlerteam Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) ist es der letzte gemeinsame Fall.
Für das Ermittlerteam Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) ist es der letzte gemeinsame Fall. © NDR | Christine Schroeder
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Streit zwischen den Ermittlern eskaliert

Nach sieben „Tatort“-Jahren und 14 gemeinsamen Fällen entwickelt sich die Zusammenarbeit von Borowski und Brandt zu einem erbitterten Geschlechterkampf. Männer und Frauen passen nicht zusammen ist die Botschaft, die im Krimi immer wieder bekräftigt wird. Es wird der letzte Auftritt der Figur Sarah Brandt sein, sie steigt nach diesem Fall aus. Ihr Ausscheiden aber wird in keiner Form thematisiert. Wer künftig an Borowskis Seite ermitteln wird, ist noch nicht bekannt.

Dem Zuschauer ist von Anfang an klar, wer der Täter (Mišel Matičević) ist. Er ist 41 Jahre alt, geschieden, verschuldet und arbeitslos. Seine Ex-Frau verbietet ihm den Umgang mit seinen Kindern – für ihn Anlass genug zum Morden. Die Handkamera folgt dem Mann auf Schritt und Tritt durch die Gassen von Kiel. Matičević spielt die Rolle des gescheiterten Mannes überragend – auch wenn es ohne Zweifel schon spannendere Episoden des Kieler „Tatorts“ gab.

Die Jagd nach dem Mörder wird immer intensiver. Brandt entscheidet sich gegen den Willen von Borowski zur öffentlichen Fahndung. Der Streit zwischen den beiden Ermittlern eskaliert. „Nur weil er ein Mann ist und weinende Frauen erschlägt, hören Sie auf, logisch zu denken“, wirft Borowski seiner Kollegin vor. Brandt kontert: „Ihr blödes Machogehabe nervt langsam.“

Borowski wirkt labil. Wie eigentlich jede Figur in diesem „Tatort“. Er trinkt, raucht und beginnt, sich mit dem Täter zu identifizieren. Am Ende besteht der Krimi nur aus gespaltenen Persönlichkeiten. Leicht ist es nicht, die Hintergründe jedes tragischen Schicksals zu verstehen.

Fazit: Gute Darsteller, aber ein Film mit Längen und Schwächen.

• Sonntag, 18. Juni, 20.15 Uhr, ARD: „Tatort: Borowski und das Fest des Nordens“