Berlin. Wer kümmert sich um uns, wenn wir alt und gebrechlich sind? Bei „Hart aber fair“ diskutierten das ein Heimbetreiber und ein Pfleger.

Die Pflege ist regelmäßig ein Aufregerthema. Vereinsamte, vernachlässigte Menschen, die regelmäßig übergangen und in ihrer Würde verletzt werden: Die Pflege hat in Deutschland einen schlechten Ruf. Als eine Ursache gilt die schlechte Bezahlung, die dazu führt, dass es zu wenig Personal gibt – und zu wenig Qualität.

Parallel dazu wird die deutsche Gesellschaft aber immer älter, das Problem somit größer. Was also tun? Diese Frage beschäftigt die Politik seit Jahren. Auf Debatten folgten Reformen, so richtig viel gebracht hat das bisher aber nicht. Am Montagabend versuchte sich auch „Hart aber fair“ an dem Thema: „Wer kümmert sich um uns, wenn wir alt sind?“, fragte Frank Plasberg seine Gäste.

Der Pfleger

Die verlegten sich in erster Linie darauf, die aus ihrer Sicht Verantwortlichen zu benennen. Da war auf der einen Seite der gelernte Altenpfleger Ante Caljkusic, der die Probleme in seinem Berufszweig – etwa auch körperliche Gewalt durch Pflegekräfte – dem falschen System zuschrieb. „Es gibt teilweise Heime, in denen eine würdelose Wirklichkeit herrscht“, sagte Caljkusic.

Die Ursache dafür ist laut dem Ausbilder von Pflegekräften aber nicht auf das Personal, sondern das Gewinnstreben der Betreiber. Daher müsse der ganze Komplex wieder kommunalisiert werden. „Es ist Zeit, dass mit der Pflege in Deutschland kein Geld mehr verdient wird“, forderte Caljkusic.

Der Betreiber

Das sah Bernd Meurer ganz anders. Der oberste Vertreter der privaten Betreiber räumte zwar ein, dass hier und da schlechte Dinge in den Heimen passieren. So könne es schon mal vorkommen, dass „Frau Müller mit sanfter Gewalt Richtung Dusche bugsiert wird“. Die Regel sei das aber nicht.

Als Schlüssel zu einer Verbesserung der Qualität identifizierte Meurer erwartungsgemäß nicht höhere Löhne. Vielmehr sei die Qualität der Mitarbeiter entscheidend. „Es gibt Häuser, die haben das gut im Griff: Weil sie Top-Leute haben, auch eine Top-Führung“, sagte Meurer. Es sei allerdings schwer, an jedem Standort gutes Personal zu finden. Eine richtige Feststellung: Deutschlandweit sind 14.500 Stellen in der Pflege offen. Doch würden höhere Löhne nicht automatisch dazu führen, dass sich mehr qualifizierte Menschen für den Beruf interessieren?

Der Politiker

In genau diese Kerbe schlug Karl Lauterbach. „Wir werden bald einen starken Anstieg der Pflegebedürftigen haben, sodass wir 200.000 bis 300.000 zusätzliche Pfleger brauchen“, prognostizierte der SPD-Gesundheitspolitiker. Dem könne man nur mit deutlich gesteigerten Ausgaben und somit mit erhöhten Pflegebeiträgen begegnen. „Ohne bessere Bezahlung werden wir diese zusätzlichen Kräfte nicht bekommen.“

Zugleich betonte Lauterbach, dass die Politik zuletzt aktiv geworden sei. So seien etwa 25.000 zusätzliche Betreuerstellen geschaffen worden. Auch könne der Entwicklung durch mehr Vorsorge Einhalt geboten werden. Wer etwa Körper und Geist trainiere, vermeide es, dement zu werden, sagte Lauterbach.

Die Betroffene

Am Schluss der trotz solcher Binsenweisheiten durchaus erhellenden Ausgabe von „Hart aber fair“ kam schließlich noch Susanne Hallermann zu Wort. Eindrücklich berichtete die ausgebildete Krankenschwester, wie sie jahrelang ihre Oma gepflegt und ihren Vater pflegend begleitet hatte – und deswegen in Armut gelandet war, weil sie ihren Job gekündigt hatte. „Ich bin schnell durch das soziale Netz gefallen, das war schlimm“, sagte Hallermann, die heute für die Interessen der pflegenden Angehörigen streitet.

„Wer zuhause pflegt, landet in der Armutsfalle“, sagte Hallermann an die Politik gewandt. Das müsse sich endlich ändern. So könne es etwa nicht sein, dass man kaum Rentenansprüche bei der Pflege von Angehörigen erwerbe und nebenbei im Falle von Hartz IV auch noch von den Jobcentern getriezt würde. Am Ende, so Hallermann, handle es sich doch um eine Leistung für die Einzelperson und für die Gesellschaft.

Ob sie selbst einmal von ihren Kindern gepflegt werden wird? „Das erwarte ich nicht. Das darf man auch nicht, weil es eine freiwillige Leistung ist.“

Die Ausgabe von „Hart aber fair“ finden Sie in der ARD-Mediathek.