Im Dresdner „Tatort: Level X“ tauchen die Kommissarinnen in die sozialen Netzwerke ein. Sie ermitteln zum Mord an einem „Prankster“.
„Kann denn nicht jemand dieses verdammte Internet wieder abschalten?“, rastet der Dresdner Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) aus. „Wir haben doch früher auch gelebt.“
Mag sein, jetzt aber stehen er und seine beiden Ermittlerinnen Henni Sieland (Alwara Höfels) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) in einem Mordfall plötzlich dem Phänomen der sozialen Netzwerke gegenüber. Sehr schnell müssen sie erkennen, dass das Recherchieren nach althergebrachter Art kaum noch möglich ist: Ihre Arbeit wird sofort auch im Internet diskutiert, weil Befragungen heimlich mitgeschnitten werden.
Eigentlich weist der Tatort „Level X“ das klassische Krimiformat auf, es gibt ein Mordopfer und nicht gerade wenige Zeitgenossen mit starken Motiven. Und doch ist dieser Film von Gregor Schnitzler (Regie) und Richard Kropf (Drehbuch) so ganz erfrischend anders.
Das Mordopfer spielte böse Streiche im Netz
Grund dafür ist das Opfer, der minderjährige Internetstar Simson mit umfangreichem Fan-Gefolge, ein sogenannter Prankster, der seinen Mitmenschen immer wieder böse Streiche spielt, um sie dann ins Netz zu stellen. Sein Tod lässt die Anhänger trauern, sie wollen im Netz Anteil nehmen an der Suche nach dem Menschen, der den Teenager mit drei Schüssen niedergestreckt hat.
Da ist der schmierige Manager des Knaben, der alle Gewinne seines Schützlings inzwischen verzockt hat. Da ist mit Dennis alias Scoopy (Wilson Gonzales Ochsenknecht) der Prankster-Rivale, der nie so richtig zum Zuge kam. Es gibt einen dealenden Klinikarzt (Ulrich Friedrich Brandhoff), der den Toten mit Schmerzmitteln versorgt hat, weil der ihn mit einem Video erpressen konnte. Und schließlich ist da auch noch die Pfarrerstochter Emilia, die von Simson vergewaltigt wurde und sich damit nun auch im Internet wiederfindet.
Thema soziale Netzwerke humorvoll-kritisch behandelt
Mit „Level X“ schiebt sich das Team aus Dresden in die vordere Riege der Tatort-Ermittler. Alwara Höfels und Karin Hanczewski schaut man gern zu, wie sie an ihre Aufgaben herangehen. Sie im Dschungel der Smartphone-Bilder und der grausigen Amerikanismen in diesem Bereich wiederzutreffen, das macht richtig Laune. Und Martin Brambach als Chef ist ohnehin eine sichere Bank, wie er hier selbst das Internet bemüht, um nach heftigem Ehekrach schon mal Ausschau nach möglichem Ersatz zu halten.
„Tatort: Level X“: Der Tod eines Pranksters
Dem Smartphone-Phänomen wird hier kritisch begegnet. Wenn junge Menschen im Netz dabei zusehen, wie ein Mädchen in ihrem Alter Selbstmord begeht, weil es dem Druck der Bilder entfliehen will, dann sagt das schon alles. Immer wieder lässt der Regisseur reihenweise Apps und Mails wie Ballons mitten in die Handlung aufsteigen. Man denkt unwillkürlich an Giftpilze.
Fazit: Aus Dresden kommt ein Tatort, bei dem die Ermittler den sicheren Boden verlassen müssen, um in die Internetwelt der Teenager einzutauchen. Da ist ein Mord dann auch nicht mehr einfach ein Mord, sondern ein Smartphone-Event. Vom Ansatz her nicht gerade revolutionär, aber stark inszeniert.
ARD, Sonntag, 11. Juni, 20.15 Uhr