München. Tote Frauen und ein Playboy am Münchener „Tatort“: Das Thema Polygamie bringt die stark inszenierten Figuren völlig durcheinander.
„Normalerweise gibt’s für jeden von uns da draußen jemanden, aber irgendwie klappt’s nicht mit der Verteilung“, stöhnt Ivo Batic, altgedienter Münchener „Tatort“-Ermittler und gerade am Ende einer Affäre. Das würde sein Kompagnon Leitmayr als ewiger Single wohl unterschreiben, auch wenn ihm die Mutter von Kriminalassistent Kalli unlängst auf dem Sofa ziemlich nahe gerückt ist. „Die Liebe, ein seltsames Spiel“ – das beweist der aktuelle „Tatort“ auf höchst unterhaltsame Weise.
Apropos Verteilung: Der Lebemann und Luxus-Architekt Thomas Jacobi pflegt gleich fünf parallele Beziehungen, seift die Damen mit markigem Kerle-Charme ein und setzt in Krisenmomenten den treuen Hundeblick auf. Bei ihm funktionieren sogar Entschuldigungen mit Blumensträußen, und sein lächerliches 3-D-Porträt im Glasklotz, das Kommoden in fünf Schlafzimmern ziert, gehört zu den vielen hübschen Einfällen von Drehbuchautorin Katrin Bühlig und Regisseur Rainer Kaufmann.
Wirrungen der Liebe
Martin Feifel liefert als lebensgieriger Egoist über 90 Minuten eine Glanznummer ab, ohne diesen Jacobi zur Karikatur verkommen zu lassen. Der ist gnadenloser Verführer, aber auch Triebgetriebener, anziehend und abstoßend zugleich. Wir sind im Krimi, natürlich geht sowas auf die Dauer nicht gut, und prompt liegt eine seiner Geliebten tot auf dem Asphalt. Schwanger war sie, Nachbarn bezeugen Streit in der Wohnung, und Jacobi gibt für Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) einen vortrefflichen Hauptverdächtigen ab.
„Tatort“: Der Architekt und die Frauen
Als ihm eine zweite Gefährtin empört das Alibi für die Tatzeit aufkündigen will, nachdem die Polizei sie über sein Fünffachleben aufgeklärt hat, stirbt auch sie. Kaufmann verzichtet auf Regie-Tricksereien, verlässt sich ganz auf die Qualität dieser Geschichte in Zeiten des „Parshippens“ und gießt die Irrungen und Wirrungen der Liebe, die großen Sehnsüchte und Enttäuschungen in einen prallen Erzählfluss, der mit allen Stimmungen gefüllt ist.
Starkes Frauenensemble
Trotz fröhlicher Frivolität und ironischer Süffisanz im Ton, nimmt Autorin Katrin Bühlig ihre Figuren in diesem schlussendlich zerstörerischen Beziehungsreigen jederzeit ernst. Das gilt besonders für die Opfer, bei denen manchem Betrachter nichts Schlaueres einfallen wird, als zu fragen, wie man so naiv sein kann. Kaufmanns starkes Frauenensemble (darunter Juliane Köhler und Anna Schäfer) wischt solche Kritik indes mit glaubhaftem Einsatz beiseite.
Die Liebe... Und wie der Batic seine gefüllten Paprika nach Mamas Rezept daheim mit einem 40-Euro-Wein alleine runterspülen muss, weil die Geliebte (Viola Wedekind) nach dem Sex gleich zum Ehemann abdampft, das ist kein platter Gag, sondern hat beinahe tragische Qualität. Ein kluger, vielschichtiger Stoff, für den Verena Marisa eine kongeniale Musik komponiert hat: Mehr als einen einsamen Streicher im Hintergrund hätte man sich nicht wünschen können.
Batic und Leitmayr in Hochform: ein Vergnügen, den staunenden Ermittlern im Liebes-Chaos zuzusehen.
• Sonntag, 21. Mai, 20.15 Uhr, ARD: „Tatort: Die Liebe, ein seltsames Spiel“