Berlin. Lucas Gregorowicz fahndet als Kommissar Raczek im „Polizeiruf 110 – Muttertag“ nach einem Mörder. Das will er auch in Zukunft tun.

Es ist „ein Ort, in dem Not herrscht, wirkliche Not“, sagt Lucas Gregorowic. Der Schauspieler, der als Kommissar Adam Raczek im „Polizeiruf 110“ in Brandenburg auf Verbrecherjagd geht, muss dieses Mal tief in die Provinz reisen. In der Folge „Muttertag“ stehen erstmals nicht die Themen Grenzkriminalität oder tschetschenische Flüchtlinge im Vordergrund – es geht um die Konflikte in der kargen Lebenswelt der Dorfbewohner.

Ein ziemlich graues Umfeld, das dem Zuschauer präsentiert wird, oder?

Lucas Gregorowic: Na ja, es sieht dort aber auch genauso aus. Man will ja ein ganz bestimmtes Milieu zeigen – dann muss man es auch zeigen: Menschen, die um ihre Existenz kämpfen, die ganz nah dran sind an ihrem Existenzminimum.

Sie sind ja in Bochum aufgewachsen. Ein Kind des Ruhrgebiets also. Erinnert Sie das, was Sie in Brandenburg sehen, an Ihre alte Heimat?

„Polizeiruf 110“: Blutiger „Muttertag“

„Muttertag“ im „Polizeiruf“ aus Brandenburg: Kommissarin Olga Lenski (Maria Simon) wurde aus Potsdam ins deutsch-polnische Kommissariat nach Swiecko abberufen. Dort lebt sie nun allein mit ihrer Tochter.
„Muttertag“ im „Polizeiruf“ aus Brandenburg: Kommissarin Olga Lenski (Maria Simon) wurde aus Potsdam ins deutsch-polnische Kommissariat nach Swiecko abberufen. Dort lebt sie nun allein mit ihrer Tochter. © rbb | Nik Konietzny
Heikle Szene gleich zu Beginn: Dienststellenleiter Karol Pawlak (Robert Gonera) will von Lenski wissen, ob sie weiterhin im deutsch-polnischen Kommissariat arbeiten will. Dafür müsse sie nämlich einen Antrag auf Verlängerung stellen. Lenski bekommt das in den falschen Hals und denkt, man wolle sie loswerden.
Heikle Szene gleich zu Beginn: Dienststellenleiter Karol Pawlak (Robert Gonera) will von Lenski wissen, ob sie weiterhin im deutsch-polnischen Kommissariat arbeiten will. Dafür müsse sie nämlich einen Antrag auf Verlängerung stellen. Lenski bekommt das in den falschen Hals und denkt, man wolle sie loswerden. © rbb | Nik Konietzky
Nicht ganz unberechtigt: Gegen sie liegt nämlich eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor. Sie vermutet, dass die etwas mit ihrem chaotischen Privatleben zu tun hat. Lenski ist alleinerziehend, und nicht immer findet sie eine Babysitterin für ihre Tochter. Besonders ein Kollege scheint dafür überhaupt kein Verständnis zu haben, ...
Nicht ganz unberechtigt: Gegen sie liegt nämlich eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor. Sie vermutet, dass die etwas mit ihrem chaotischen Privatleben zu tun hat. Lenski ist alleinerziehend, und nicht immer findet sie eine Babysitterin für ihre Tochter. Besonders ein Kollege scheint dafür überhaupt kein Verständnis zu haben, ... © rbb | rbb
... und mit dem arbeitet Lenski eng zusammen: Ihr Kollege Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) ist eher der Typ traditioneller Familienvater. Seine Frau ist zu Hause mit den beiden Kindern, Beruf und Familie trennt Raczek streng.
... und mit dem arbeitet Lenski eng zusammen: Ihr Kollege Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) ist eher der Typ traditioneller Familienvater. Seine Frau ist zu Hause mit den beiden Kindern, Beruf und Familie trennt Raczek streng. © rbb | Nik Konietzny
Lenski wiederum ist ganz alleine nach Swiecko gezogen, Familie und Freunde leben in Potsdam, so kommt die Tochter eben mit, wenn Lenski nachts wegen eines Leichenfundes ins Kommissariat gerufen wird.
Lenski wiederum ist ganz alleine nach Swiecko gezogen, Familie und Freunde leben in Potsdam, so kommt die Tochter eben mit, wenn Lenski nachts wegen eines Leichenfundes ins Kommissariat gerufen wird. © rbb | Nik Konietzky
Das Opfer ist ein polnischer Tischler namens Janusz Kubiak. Hier befragen die Kommissare seine Witwe (Justyna Pawlicka-Hamade).
Das Opfer ist ein polnischer Tischler namens Janusz Kubiak. Hier befragen die Kommissare seine Witwe (Justyna Pawlicka-Hamade). © rbb | Oliver Feist
Raczek spricht sogar ein Gebet mit der trauernden Frau. Dass ihr Mann eine Affäre mit einer jungen Deutschen hatte, wusste sie seit etwa zwei Monaten. Verdächtig ist sie den Kommissaren aber nicht.
Raczek spricht sogar ein Gebet mit der trauernden Frau. Dass ihr Mann eine Affäre mit einer jungen Deutschen hatte, wusste sie seit etwa zwei Monaten. Verdächtig ist sie den Kommissaren aber nicht. © rbb | Oliver Feist
Der Fundort der Leiche ist ein kleines Wäldchen in Polen. Dort wachsen seltsam krumm geformte Bäume. O-Ton Lenski „Was sind denn das für Bäume?“ Raczek: „Das weiß keiner so genau.“ Jedenfalls erfreut sich der Wald großer Beliebtheit unter Liebenden.
Der Fundort der Leiche ist ein kleines Wäldchen in Polen. Dort wachsen seltsam krumm geformte Bäume. O-Ton Lenski „Was sind denn das für Bäume?“ Raczek: „Das weiß keiner so genau.“ Jedenfalls erfreut sich der Wald großer Beliebtheit unter Liebenden. © rbb | Oliver Feist
Noch tappen die Kommissare im Dunkeln und versuchen sich an einer Rekonstruktion des Tathergangs. Die Geliebte des Opfers, Sabrina Uhl, ist derweil verschwunden und wird von der Mutter als vermisst gemeldet.
Noch tappen die Kommissare im Dunkeln und versuchen sich an einer Rekonstruktion des Tathergangs. Die Geliebte des Opfers, Sabrina Uhl, ist derweil verschwunden und wird von der Mutter als vermisst gemeldet. © rbb | Oliver Feist
Im Nachbarhaus der Vermissten wohnt Enrico Schoppe (Anton Spieker) mit seiner Mutter. Enrico verhält sich so, als hätte er etwas zu verheimlichen. Lenski fühlt ihm auf den Zahn.
Im Nachbarhaus der Vermissten wohnt Enrico Schoppe (Anton Spieker) mit seiner Mutter. Enrico verhält sich so, als hätte er etwas zu verheimlichen. Lenski fühlt ihm auf den Zahn. © rbb | Oliver Feist
Als Raczek Enrico fragt, in welcher Beziehung dieser zu der vermissten Sabrina stand, fühlt sich Enrico in die Enge getrieben. Seine Mutter Heidi (Ulrike Krumbiegel) besteht darauf, dass ihr Sohn zum Bus müsse, er habe ein Bewerbungsgespräch. Zuvor gibt sie ihrem Sohn noch ein Alibi für den Abend des Mordes, dabei weiß sie überhaupt nicht, was ihr Sohn zu diesem Zeitpunkt gemacht hat.
Als Raczek Enrico fragt, in welcher Beziehung dieser zu der vermissten Sabrina stand, fühlt sich Enrico in die Enge getrieben. Seine Mutter Heidi (Ulrike Krumbiegel) besteht darauf, dass ihr Sohn zum Bus müsse, er habe ein Bewerbungsgespräch. Zuvor gibt sie ihrem Sohn noch ein Alibi für den Abend des Mordes, dabei weiß sie überhaupt nicht, was ihr Sohn zu diesem Zeitpunkt gemacht hat. © rbb | Oliver Feist
Der Dorfpolizist wird gleich handgreiflich, als Enrico eilig davonläuft. Raczek pfeift ihn zurück.
Der Dorfpolizist wird gleich handgreiflich, als Enrico eilig davonläuft. Raczek pfeift ihn zurück. © rbb | Oliver Feist
Als Enricos Mutter die Leiche der vermissten Sabrina im Schuppen findet, gerät der ernsthaft in Erklärungsnot. Gegenüber seiner Mutter beichtet er, dass er versucht habe, Sabrina zu retten, als diese von Kubiak erst vergewaltigt und dann erwürgt worden sei. Dass Kubiak nun auch tot ist, sei ein Unfall gewesen. Enrico sagt seiner Mutter, niemand würde ihm diese Geschichte glauben. Heidi verspricht, ihrem Sohn zu helfen.
Als Enricos Mutter die Leiche der vermissten Sabrina im Schuppen findet, gerät der ernsthaft in Erklärungsnot. Gegenüber seiner Mutter beichtet er, dass er versucht habe, Sabrina zu retten, als diese von Kubiak erst vergewaltigt und dann erwürgt worden sei. Dass Kubiak nun auch tot ist, sei ein Unfall gewesen. Enrico sagt seiner Mutter, niemand würde ihm diese Geschichte glauben. Heidi verspricht, ihrem Sohn zu helfen. © rbb | Christoph Assmann
Die Kommissare wissen zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, wo Sabrina ist, finden aber auf einem Feld nahe des Wäldchens ihren Mantel.
Die Kommissare wissen zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, wo Sabrina ist, finden aber auf einem Feld nahe des Wäldchens ihren Mantel. © rbb | Oliver Feist
Sabrinas Freundin Melanie Opitz (Anjorka Strechel) wusste von der Affäre mit Kubiak und berichtet, dass die Beziehung ein einziges Drama gewesen sei, weil Kubiak seine Frau nicht verlassen wollte. Zuletzt hätte sich Sabrina von ihm getrennt. Sie stützt damit zunächst die Erzählung Enricos, wonach Kubiak Sabrina ermordet hat.
Sabrinas Freundin Melanie Opitz (Anjorka Strechel) wusste von der Affäre mit Kubiak und berichtet, dass die Beziehung ein einziges Drama gewesen sei, weil Kubiak seine Frau nicht verlassen wollte. Zuletzt hätte sich Sabrina von ihm getrennt. Sie stützt damit zunächst die Erzählung Enricos, wonach Kubiak Sabrina ermordet hat. © rbb | rbb
Lenski und Raczek wissen mittlerweile, dass eine dritte Person in den Mordfall verwickelt gewesen sein muss. Nur wer? Enrico vielleicht? O-Ton Lenski: „Es ist so einfach, Enrico zu verdächtigen. Viel zu einfach.“
Lenski und Raczek wissen mittlerweile, dass eine dritte Person in den Mordfall verwickelt gewesen sein muss. Nur wer? Enrico vielleicht? O-Ton Lenski: „Es ist so einfach, Enrico zu verdächtigen. Viel zu einfach.“ © rbb | Oliver Feist
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Gregorowic: Ja – abgesehen davon, dass es ländlich ist. Aber wenn man nach Gladbeck fährt oder Wattenscheid – auch da herrscht hohe Arbeitslosigkeit und existenzielle Not.

Aber wenn es um den Mord geht, schwenkt die Kamera auf eine andere Szenerie – die Leiche wird auf dem Grundstück einer doch recht ansehnlichen Villa entdeckt.

Gregorowic: In der Region in der Uckermark stehen durchaus viele ansehnlich restaurierte Anwesen leer. Die wurden von Leuten saniert, die das Geld dafür haben – aber die sind kaum da.

„An einer Grenze gibt es Konflikte“

Bisher ging es immer Grenzkriminalität. Dieses Mal steht die Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn auf dem Programm, also etwas zutiefst Menschliches, das überall spielen könnte und nicht nur in Brandenburg. Warum?

Gregorowic: An einer Grenze gibt es Reibungen, und es gibt Konflikte. Aber mir persönlich war das mit der Grenze nie so wichtig. Mir ist es wichtig, eine gute Geschichte zu erzählen, die Figuren so authentisch wie möglich zu halten und das spannend und nachvollziehbar zu machen.

Als passionierter Biker sind Sie wie Ihr Vorgänger Dorfpolizist Horst Krause im Einsatz mit dem Motorrad unterwegs. Dieses Mal aber nicht.

Gregorowic: Das lag einfach an dem Setting: Wir haben im Herbst gedreht, und es wäre nicht plausibel gewesen, wenn der Kommissar bei schlechtem Wetter nachts 130 Kilometer durch die Gegend fährt. Aber ich habe das Motorrad vermisst!

Dies ist Ihr dritter Polizeiruf in Brandenburg, Sie wollten eigentlich nur vier Folgen drehen. Was sind Ihre Pläne?

Gregorowic: Ich habe schon für vier weitere Folgen unterschrieben und dann werde ich weitersehen. Wenn sich die Geschichten weiterentwickeln, wie sie es bisher tun, und es keine Stagnation gibt, kann es von mir aus noch eine Weile weitergehen.