Essen. Der ZDF-Film „Lotta & der Ernst des Lebens“ erzählt mit viel Witz vom neuen Leben zweier Alleinerziehender in der Metropole Berlin.

Zu den Lebensweisheiten, die Mona (Carol Schuler) ihrer Freundin Lotta vermittelt, gehören erstens die Gelassenheit, das Unveränderbare zu akzeptieren, und zweitens der Mut zu ändern, was man ändern kann. An solchem Mut hat es den Drehbuchautoren Sebastian Orlac und Kerstin Schütze nicht gemangelt.

„Lotta & der Ernst des Lebens“ behauptet, „Motiven“ des Bestsellers „Die letzten Dinge“ von Annegret Held zu folgen. Der mit viel Humor und Einfühlungskraft entwickelte Roman sieht Lotta als Stationshelferin in einem finanziell gebeutelten Pflegeheim voller alter Menschen. Der Tod ist allgegenwärtig, die letzte Würde des Menschen und das nicht eben einfache Verhalten angesichts des Unausweichlichen gehören zu den großen Themen des Romans.

Mit viel Witz

Lotta (Josefine Preuß) und Junis (Kostja Ullmann) stehen beim Elternabend vor verschlossenen Türen. Lotta findet ihren eigenen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen.
Lotta (Josefine Preuß) und Junis (Kostja Ullmann) stehen beim Elternabend vor verschlossenen Türen. Lotta findet ihren eigenen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen. © ZDF und Britta Krehl | Britta Krehl

Doch weil Sterben im Pflegeheim zur Primetime wenig unterhaltsam ist und zu viel Sozialkritik eher stört, verschlägt es nun die junge Allgemeinmedizinerin Lotta Brinkhammer (Josefine Preuß) und ihre kleine Tochter Lilo ins multikulturelle Berlin. Und der „Ernst des Lebens“, dem das Landei dort begegnet, besteht aus wenig mehr als einer locker dem Happy End zustrebenden Folge vergleichsweise banaler Sorgen und einer Affäre mit dem ebenfalls alleinerziehenden marokkanischen Koch Junis (Kostja Ullmann).

Wenn die stets auf Kontrolle bedachte Lotta ihre Tochter auf den ersten Schultag in neuer Umgebung vorbereitet („Wird vielleicht ein bisschen schwierig, aber ist nicht schlimm“), dann ist die Richtung vorgegeben. Regisseur Florian Gärtner sendet eine Botschaft: Lockerheit in allen Lebenslagen, auch wenn’s schwerfällt. Der alleinstehenden Lotta fällt es zumindest nicht leicht. Weil ihr die Anonymität in Berlin zusetzt. Weil ihr Engagement den schnellen Patientendurchlauf in der Praxis stört. Weil sich Tochter Lilo (Matilda Jork), die aus Protest gegen den Umzug selbst in der Schule ihre Bärenmaske nicht ablegt, mit dem gemobbten Moritz anfreundet.

Land der Fantasie

Der Zuschauer mag zusammenzucken angesichts mancher realitätsferner Drehbucheinfälle. Welcher Arzt verlässt nur aus einem Bauchgefühl heraus während der Sprechstunde die Praxis für einen unangekündigten Hausbesuch? Welcher Psychotherapeut gewährt von jetzt auf gleich einen Sitzungstermin? Doch solche Abstecher ins Land der Fantasie nimmt man gelassen hin. Weil die exzellenten Darsteller die mit viel Witz entwickelte Geschichte jederzeit tragen – allen voran Josefine Preuß als charmant-freche Frau Anfang 30, deren Mut zu Veränderungen durch nichts zu brechen ist.

Lotta (Josefine Preuß, r.) kehrt mit Lilo (Matilda Jork, l.) auf Junis´ (Kostja Ullmann, M.) marokkanischem Restaurantschiff ein.
Lotta (Josefine Preuß, r.) kehrt mit Lilo (Matilda Jork, l.) auf Junis´ (Kostja Ullmann, M.) marokkanischem Restaurantschiff ein. © ZDF und Britta Krehl | Britta Krehl

Wenn die Kamera ihr Gesicht in Großaufnahme einfängt, wird deutlich, über welch großes Ausdrucksvermögen die Schauspielerin verfügt. Und da ist noch der wunderbare Jürgen Tarrach als von Panikattacken befallener Patient. Tarrach, der mit ganz wenigen Mitteln große Gefühlswelten öffnet, hätte man durchaus mehr Filmminuten gewünscht.

Fazit: Flottes, aber harmloses Großstadtmärchen, bei dem die Darsteller die Unzulänglichkeiten vergessen machen.

• Donnerstag, 4. Mai, 20.15 Uhr, ZDF: „Lotta & der Ernst des Lebens“