Berlin. Der „Franken-Tatort“ führt Kommissar Voss in eine Flüchtlingsunterkunft. Nicht nur der Mord, auch das Asylrecht macht ihm zu schaffen.

Im Franken-„Tatort“ ermitteln die Kommissare nach einem tödlichen Anschlag auf eine Asylbewerberunterkunft. Der Fall konfrontiert die Ermittler Ringelhahn (Dagmar Manzel), Voss (Fabian Hinrichs), Fleischer (Andreas Leopold Schadt) und Goldwasser (Eli Wasserscheid) mit Fragen des Asylrechts und Geheimnisverrat im Dienst.

Wir beleuchten, ob die Fakten des Krimis „Am Ende geht man nackt“:

Bleiben Asylanträge wirklich bis zu fünf Jahren liegen?

Im „Tatort“ taucht die Akte eines Asylbewerbers erst nach fünf Jahren wieder auf, da sie im Archiv verschollen gewesen sein soll. Solch ein Fall ist nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der Realität jedoch ausgeschlossen. Schon beim ersten Termin würden die persönlichen Daten des Antragstellers erfasst und digital abgelegt. „Da alle Verfahren in unserem System MARiS angelegt werden, kann beim Bundesamt kein Asylantrag ‘verschwinden’ oder ‘verloren gehen’“, sagt eine Sprecherin gegenüber unserer Redaktion.

Wie lange beträgt die durchschnittliche Bearbeitungszeit für einen Asylantrag?

In einer Erstaufnahmestelle in Suhl (Thüringen) warten Asylbewerber auf ihre Registrierung (Symbolfoto).
In einer Erstaufnahmestelle in Suhl (Thüringen) warten Asylbewerber auf ihre Registrierung (Symbolfoto). © dpa | arifoto UG

Wie das BAMF auf Anfrage mitteilt, beträgt die Dauer der Asylverfahren für Anträge, die in den letzten sechs Monaten des Jahres 2016 gestellt wurde 2,1 Monate. Die Produktivität konnte dabei von 600 Entscheidungen pro Tag Anfang 2015 auf etwa 3.800 pro Tag Ende 2016 gesteigert werden. Das selbst gesteckte Ziel des Bundesamtes sieht vor, dass Asylbewerber innerhalb von drei Monaten Meldung über ihren Status erhalten.

Das BAMF teilt jedoch auch mit, dass unabhängig von der Verfahrensdauer in den vergangenen Monaten die Gesamtverfahrensdauer zu betrachten sei. Diese lag 2016 bei 7,1 Monaten - und damit um fast zwei Monate höher als noch 2015. Das BAMF begründet diesen Anstieg mit zwei Faktoren:

• Das BAMF hat in den letzten Monaten viele Verfahren abgeschlossen, die schon sehr lange anhängig sind.

• Das BAMF entscheidet gegenwärtig vermehrt viele komplexe Verfahren, deren Bearbeitung aufwändiger ist, Recherchen oder auch medizinische Gutachten erforderlich macht und daher längere Zeit in Anspruch nimmt.

Müssen anerkannte Flüchtlinge beim Familiennachzug wirklich für die ganze Familie sorgen und diese privat versichern?

§29 und §36 des Aufenthaltsgesetzes regeln den Nachzug von Familien im Rahmen eines Visumsverfahrens. Demnach können Menschen mit gültigem Aufenthaltstitel ihren Ehegatten und minderjährige Kinder nach Deutschland holen, solange sie ausreichend Wohnraum für sie bereitstellen können. Von genauen finanziellen Vorgaben ist in den genannten Paragraphen nicht die Rede. Eine Anfrage unserer Redaktion an das für Visumsfragen zuständige Auswärtige Amt zu dem fiktiven Fall im „Tatort“ blieb bislang unbeantwortet.

De Maiziere - Flüchtlingszahlen in 2016 deutlich gesunken

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    Kommen Brandanschläge auf Asylbewerberheim häufig vor?

    Ein Blick auf eine Chronologie zu Gewalt gegen Flüchtlinge der Amadeu-Antonio-Stiftung zeigt, dass es im laufen Jahr acht Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben hat. Die Stiftung dokumentiert seit mehreren Jahren Gewalt gegen Ausländer.

    In den ersten drei Monaten des Jahres 2016 habe es der Stiftung zufolge wesentlich mehr Gewalttaten gegen Asylbewerberheime gegeben – darunter 59 Brandanschläge. „Der absolute Höhepunkt der Gewalt gegen Geflüchtete war etwa zwischen Oktober 2015 und April 2016“, sagt ein Stiftungssprecher unserer Redaktion. Doch bewege man sich auch heute noch auf einem hohen Niveau und etwa wieder auf dem Stand von Anfang 2015. Von Entwarnung könne keine Rede sein. Zudem fänden nicht immer alle Fälle sofort Eingang in die Chronologie der Stiftung.

    So habe es im Jahr 2017 zwei weitere Brände in Flüchtlingsunterkünften gegeben, die den Verdacht zulassen, dass es sich um fremdenfeindliche Straftaten gehandelt habe. Diese Fälle seien bisher jedoch nicht als Pressemitteilungen der Polizei an die Öffentlichkeit gelangt.

    Droht für Geheimnisverrat oder Gefährdung verdeckter Polizeiermittlungen wirklich eine Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren?

    Als die Mitarbeiterin einer Fabrik den verdeckten Ermittler Voss beinahe auffliegen lässt, droht dieser mit einer Anzeige. Die Frau habe eine Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren zu befürchten, wenn die verurteilt würde. Diese Androhung beeindruckt die junge Frau zwar, doch der Wahrheit entspricht sie nicht.

    Tatsächlich sieht das Strafgesetzbuch bei der Weitergabe privater Geheimnisse eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Verletzen Amtsträger die Vertraulichkeit des Wortes anderer Personen, drohen bis zu fünf Jahre Haft. Gleiches gilt, wenn Beamten Dienstgeheimnisse weitergeben. Selbst wenn durch den Geheimnisverrat die öffentliche Sicherheit gefährdet wird (Landesverrat), beträgt die Strafe mindestens fünf Jahre Haft. Mindestens zehn Jahre, wie es Kommissar Voss androht, sind es aber nicht.