Berlin. Wie gefährlich sind deutsche Krankenhäuser? Bei „Hart aber fair“ berichtete eine Krankenschwester aus ihrem bedrückenden Arbeitsalltag.

Krankenhäuser haben nicht den besten Ruf. Mangelnde Hygiene, schlechte Pflege, unnötige Operationen – die Liste der Vorwürfe ist lang. Die Probleme sind teilweise hausgemacht. In Zeiten, in denen viele Kliniken privatisiert worden sind, wird häufig als erstes am Personal und damit an der Qualität gespart.

Das Thema schafft es auch immer mal wieder in die Talkshows. So am Montagabend auch bei „Hart aber fair“: Wie gefährlich sind Krankenhäuser?, fragte Moderator Frank Plaßberg seine Gäste.

Arbeiten am Rande des Zusammenbruchs

Die Krankenschwester Jana Langer.
Die Krankenschwester Jana Langer. © imago/Klaus W. Schmidt | Klaus W. Schmidt

In der Diskussion bildeten sich schnell zwei Lager, die diese Frage unterschiedlich beantworteten. Auf der einen Seite war allen voran die Krankenschwester Jana Langer, die eindrücklich aus ihrem bedrückenden Arbeitsalltag berichtete. „Der Patient ist wie eine Ware, er muss Geld einbringen“, sagte Langer. Dies sei auf die Einführung der Fallpauschalen zurückzuführen, die Krankenhäuser zu Fabriken mache, die möglichst viele Patienten durchschleusen müssten.

Aus diesem System folgt laut Langer, dass die Stationen immer größer geworden sind – ohne dass mehr Personal eingestellt worden wäre. „Das System erzeugt einen unheimlichen Personalwechsel und eine enorme Belastung für das Pflegepersonal“, sagte die Krankenschwester. Damit könne man nur dank guter Kollegen umgehen. Zugleich würden sich daraus auch viele Folgeprobleme wie etwa mangelnde Hygiene in den Krankenhäusern ergeben. „Wenn das nicht geändert wird, kann ich diesen Beruf nicht mehr empfehlen“, sagte Langer.

Ein früherer Chefarzt berichtet

Unterstützt wurde die Krankenschwester in der Diskussion von Ulrich Hildebrandt. Der frühere Chefarzt führte viele der Probleme in der deutschen Gesundheitsvorsorgung auf die Privatisierung der Kliniken zurück. „Im ersten Jahr nach einer Privatisierung passiert erst mal nichts“, berichtete Hildebrandt aus eigener Erfahrung. Dann aber würden die neuen Besitzer die Krankenhäuser zusammensparen, um wieder Gewinne zu erwirtschaften.

Der frühere Chefarzt Ulrich Hildebrandt.
Der frühere Chefarzt Ulrich Hildebrandt. © imago/Klaus W. Schmidt | Klaus W. Schmidt

Wie schnell sich das auf die Qualität der Gesundheitsversorgung auswirkt, machte Hildebrandt an zwei Beispielen deutlich. Erstens leide die Hygiene, weil Reinigungskräfte ausgelagert würden und plötzlich Räume unter größtem Zeitdruck gesäubert werden müssten. Zweitens gehe der Kontakt zwischen den Ärzten und den Patienten verloren, wenn Details wie die Essensausgabe nicht mehr durch die Schwestern erfolgen würden.

Wer ist verantwortlich?

Diese Kritik wurde von der Gegenseite aufgenommen, aber zugleich auch kleingeredet. „Es ist nicht alles gut: Der Druck auf die Mitarbeiter ist schlecht. Er hat deutlich zugenommen in den vergangenen Jahren“, räumte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Thomas Reumann, ein.

Die Ursache sah er allerdings nicht bei den Kliniken, sondern bei den Bundesländern und den Krankenkassen, die die Infrastruktur und die Behandlungen chronisch unterfinanzieren würden. Dass die vier größten privaten Klinikbetreiber zuletzt trotzdem gemeinsam einen Gewinn von 820 Millionen Euro erwirtschafteten, brachte diese Argumentation allerdings ins Wanken.

CDU-Politiker Hermann Gröhe versuchte, die Kritik unter Verweis auf eigene Leistungen zu relativieren. So sei etwa die Hygiene massiv durch neue Vorschriften verbesserten worden, argumentierte der Gesundheitsminister. Zudem habe man auch die Festlegung von Mindestschlüsseln für das Pflegepersonal auf den Weg gebracht, sodass auch hier bald Besserung eintreten werde.

Das Fazit

Unterm Strich ließ diese Ausgabe von „Hart aber fair“ den Zuschauer mit der Frage zurück, ob Gesundheitsversorgung wirklich nur so funktionieren kann. Muss es immer um Geld und Effizienz gehen? Oder sind nicht gerade die Krankenhäuser ein Ort, an dem eine Gesellschaft höhere Kosten zugunsten von besserer Qualität akzeptieren sollte?

Die überwiegend erhellende Diskussion machte jedenfalls deutlich, dass das Problem tiefliegend ist. Solange die Gesundheitsversorgung von allen Beteiligten – von Krankenhäusern, Politikern und Krankenkassen – als eine Geldangelegenheit angesehen wird, kann sie kaum patientenorientiert funktionieren.

„Ein Krankenhaus kann kein ‚Profit-Center‘ sein, das geht an der gesellschaftlichen Aufgabe völlig vorbei“, fasste der Moderator Reinhold Beckmann das Problem treffend zusammen. Beckmanns Bruder war vor rund acht Jahren an einem Krankenhauskeim gestorben.

Die Ausgabe von „Hart aber fair“ finden Sie in der ARD-Mediathek.