Essen. Im „Bozen-Krimi“ setzt ein Anschlag die Polizei unter Druck. Der Kommissar hält sich für ein potenzielles Opfer eines Mafiakillers.

Seit einigen Jahren werden viele neue ARD-Krimireihen nach dem gleichen Muster verfasst: Es gibt eine „horizontale“ Ebene, was heißt: Bestimmte Story-Elemente werden von Folge zu Folge weitererzählt, die Figuren sollen dadurch komplexer werden. Im vierten Teil des „Bozen-Krimi“ mit dem Titel „Am Abgrund“ funktioniert das allerdings ganz und gar nicht.

Das liegt vor allem daran, dass die Folgen in allzu großen Abständen voneinander ausgestrahlt werden. Wer kann sich daran erinnern, was vor einem Jahr in der letzten Episode passiert war? Trotzdem gibt es keinen „Was bisher geschah“-Vorspann oder andere Hilfen. Es fehlen ein paar erklärende Dialoge. Stattdessen ist man gleich mittendrin in der Handlung und fragt sich, wer diese Leute sind, über die gesprochen wird.

Schüsse auf den Wagen der Kommissarin

Deshalb eine kleine Übersicht zur Orientierung: Am Ende der dritten Folge kann die deutsche Kommissarin Sonja Schwarz (Chiara Schoras) aufatmen: Ihr Gatte Thomas (Xaver Hutter) wurde aus dem Gefängnis entlassen, er war nicht der Mörder eines Mädchens, das vor zehn Jahren getötet worden war. Endlich hat sie Klarheit.

Nun steht das nächste Drama an: Gleich in den ersten Minuten von Folge vier schießt ein Scharfschütze auf den Wagen der Kommissarin. Die Kugel trifft Thomas, der lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus gebracht wird. Schwarz vermutet, dass der Anschlag ihr galt. Sie ist der Überzeugung, dass ihre Erzfeinde Stefan und Charlotte Keller (Heio von Stetten, Julia Stemberger) dahinter stecken. Schon länger ermittelt sie gegen das Paar. Stefan Keller ist Hotelier, seine Frau für umtriebige Geschäfte bekannt.

Opfer eines Mafiakillers

Doch nicht nur die Kommissarin sieht sich im Mittelpunkt des Verbrechens, auch ihr Chef Matteo Zanchetti (Tobias Oertel) glaubt, dass es die Kriminellen auf ihn abgesehen haben. Er hält sich für das potenzielle Opfer eines Mafiakillers. Als wäre das alles nicht genug, wird parallel noch ein zweiter Kriminalfall erzählt: Auf einer Mountainbike-Strecke kommt der Sohn einer Landwirtin (Katja Lechthaler) ums Leben. Er war mit seinem Fahrrad in eine tödliche Nagelfalle geraten. Die ersten Spuren führen zu Umweltschützern, die sich gegen die Fahrradstrecken engagieren.

Dieser Teil der Geschichte zieht sich. Die beteiligten Figuren bleiben zu blass. Vielleicht hätten Autor Jürgen Werner und Regisseur Thorsten Näter ganz darauf verzichten und sich auf die wenn auch oberflächlich erzählte Geschichte um den Scharfschützen konzentrieren sollen.

Überfrachtet und unübersichtlich

So wirkt dieser Bozen-Krimi trotz einiger guter Ansätze und mancher spannenden Szene insgesamt überfrachtet, unübersichtlich und bisweilen uninspiriert. Immerhin sind die Drehorte in den Alpen gewohnt beeindruckend. Regisseur Näter: „Mit Team und Darstellern auf 3000 Metern im Tiefschnee zu drehen, abgeschnitten von den üblichen Tröstungen der Drehlogistik, setzt andere Energien frei und macht das Drama existenzieller, eine solche Situation spiegelt die Wucht der Gefühle unserer Darsteller.“

Fazit: Hohe Berge, flache Handlung. In der Mischung aus Krimi, Familiendrama und Heimatfilm steckt eigentlich viel Potenzial, das leider nicht ausreichend genutzt wird.

ARD, Donnerstag, 26. Januar, um 20.15 Uhr