Essen. In „Das Sacher. In bester Gesellschaft“ geht es um Affären und Verrat. Der ZDF-Zweiteiler ist ordentliche Fernsehkost mit viel Liebe.

Die echte Sacher-Torte ist auch nicht mehr, was sie einmal war. Selbst der Duty-Free-Shop des Wiener Flughafens hält sie feil: Unverwechselbar im Geschmack ist sie geblieben, mit der Atmosphäre hapert es. Von der aber naschen die Süßspeisenfreunde unter den Gebührenzahlern ab heute drei Stunden lang zuhauf – „Das Sacher. In bester Gesellschaft“.

Pagen und Politik, Salonschlangen und Schlagsahne, Krieg und Kuchenkrümel: Man könnte solche Melange geschmacklos nennen, aber sie ist hier nachgerade bittersüße Rezeptur. Wie schon in ihrem Drehbuch zum „Adlon“, erzählt Rodica Doehnert Geschichte(n) im Hotel. Der Page Reinhard zum Beispiel muss in den Krieg, sein Mädel Flora auf den Gutshof treuer Sacher-Gäste. So pulst Wohl und Wehe im Herzen Europas noch in der Dienstboten-Livree.

Ordentliche Fernsehkost bietet Regisseur Dornhelms

Aber noch heftiger pulst es ganz oben. Österreichs frischverheirateter Adel, preußische Flitterwöchner, vier bildschöne Menschen – da wird der Eingang zum berühmtesten Hotel unversehens das Drehkreuz ungünstigster Herzensverwirrungen. Die von Traunsteins hier, die Berliner Aderholts dort, und beide Paare machen ihren gefährlichen Schritt vom Wege ...

„Küss’ die Hand“, sagt der über die 25 erzählten Sacher-Jahre langsam grau gewordene Portier ungerührt. Contenance wahren, selbst wenn der Kronprinz ohne Unterhose durchs Séparée hüpft, auch das ist Sache der Sachers, selbst wenn der erste Weltkrieg an die ehrwürdige Pforte klopft.

Der Zweiteiler in der Regie Robert Dornhelms ist ordentliche Fernsehkost, aber von einer Delikatesse, wie das namensgebende Hotel sie zuverlässig zu servieren versteht, doch entfernt. Das hat seinen Grund nicht zuletzt im Mogel-Titel. Das Sacher ist kaum mehr als ein dramaturgischer Kokon, mit kleinen Familien-Tupfern. Die großen Geschichten von Treulosigkeit und Standesdünkel, von abgelebten k.u.k-Welten und einem demokratischen Dämmern am Horizont erzählen ganz andere Figuren.

Drehtür zur Herzensverwirrung

Das ist bedauerlich, weil man noch viel mehr von Ursula Strauss als Anna Sacher sehen möchte. Die mühelos mobilisierte Fassung, die einem das Hotelgewerbe abringt, der Kampf einer jungen Witwe um Markenrechte in einer Männerwelt der langen Bärte und schließlich jene der Selbstironie fähige, gealterte Kult-Erscheinung mit Mops und Zigarre: Strauss‘ Spiel einer cleveren Dienstleistungs-Regentin ist ein schillerendes Kaleidoskop, das manche andere Figur blass wirken lässt.

Abgesehen von einem Räuberpistolen-Strang, der Wiens ersten Bezirk wie die Gassen des Rippers ausleuchtet, sind die fast 190 Minuten gediegen erzählt, liebevoll ausgestattet und mit einem Kamerablick bedacht, der sich in Sacher-Diskretion übt.

Nervtötend üppig (und teils dreist Hans Zimmers „Holmes“-Sound abkupfernd) stampft Roman Kariolous Musik durch Hotel- und andere Hallen. Da hat der Fernseh-Gast selbst im Sacher den Kaffee irgendwann auf.

Fazit: Schöne Bilder, süße Torten, bisserl G’schichte, bisserl Tränen. Viel Liebe.

ZDF, 16. Januar, 20.15 Uhr