Im neuen „Tatort“ aus Frankfurt geht es diesmal um ein heikles Thema. Im Mittelpunkt des Krimis stehen Flüchtlinge und Rechtsradikale.
Wer kann denn ernsthaft etwas gegen Friseursalons haben? Eine verpfuschte Frisur rechtfertigt keinen Brandanschlag. Nun, dieser Beweggrund steht im Frankfurter „Tatort“ auch nie zur Debatte. Aber der Salon wird trotzdem abgefackelt, es gibt eine Tote. Eine Auszubildende verbrennt im Feuer; ein Mädchen aus guten Verhältnissen.
Um die guten Verhältnisse und die nicht so guten geht es in dem Krimi mit dem Titel „Land in dieser Zeit“. Der erste Verdächtige für die Brandstiftung ist ein afrikanischer Dealer – und mit dessen Festnahme sind die Ermittler Brix (Wolfram Koch) und Janneke (Margarita Broich) mittendrin in der drängenden, komplizierten und, wie zu beweisen wäre, mörderischen deutschen Gegenwart.
Im Zentrum steht ein Chor
Denn mit dem Dealer hatten die Friseurinnen Krach, wie die Chefin berichtet. „Was gegen Ausländer“ haben sie natürlich nicht, aber auf deren Treiben im Quartier legen sie auch keinen gesteigerten Wert. Da es Vera Rüttger (wieder einmal überzeugend: Jasna Fritzi Bauer), die zweite Auszubildende, mit der Wahrheit nicht sehr genau nimmt, müssen die Kommissare in alle Richtungen ermitteln. Waren es andere Täter, die dem Afrikaner etwas in die Schuhe schieben?
Der Frankfurter „Tatort“ in Bildern
Ins Blickfeld gerät ein Chor, in dem Vera Solistin ist. Wie einen düsteren Kommentar zum Zeitgeschehen inszeniert Regisseur Markus Imboden bereits die erste Szene des Films: Die Bilder des ausgebrannten Ladens werden mit dem Chor gegengeschnitten: Er singt „Kein schöner Land in dieser Zeit“, ein Volkslied, das einst weite Verbreitung durch das „Preußische Soldatenliederbuch“ fand.
Wasserschaden in Flüchtlingsunterkunft
Es ballt sich alles ganz trefflich in dieser „Tatort“-Folge. In die Wohngemeinschaft von Kommissar Brix sind wegen eines Wasserschadens in der Sammelunterkunft einige Migranten eingezogen. Brix ist sein Bett los. Alltagsprobleme tauchen auf, wenn sich die neuen Mitbewohner zum Beispiel beim Duschen vordrängeln.
Der Kommissariatsleiter hofft, dass sich der Totschlagsverdacht gegen den kriminellen Einwanderer nicht erhärtet. Für Nervosität gibt es allen Grund, wo doch auch die intellektuelle Rechte längst mobil macht. In diesem „Tatort“ ist es eine an die aus Frankreich stammende und auch in Deutschland aktive „Identitäre Bewegung“ erinnernde rassistische Gruppe, die die Fäden zieht. Deutschtum wird großgeschrieben – was einem für das Chorwesen etwas leidtut. Das Musikmotiv durchzieht diesen clever, aber auch überdeutlich montierten Krimi.
Den besten Auftritt in dieser hoffnungslosen Parabel über Erfolg und Misserfolg von Willkommenskultur und Integration hat ein Mann mit dem Namen Fosco Carridi, der die Rolle als Vorgesetzter neu einnimmt. Der Schweizer Bruno Cathomas gibt Carridi als bizarren Lyrik-Fan, der gern Ernst Jandl rezitiert. Sein Antrittsgeschenk: ein Gedichtband. „Manche meinen/ lechts und rinks/ kann man nicht/ velwechsern/ werch ein illtum!“, sagt Corridi, niemand scheint so gut wie Jandl die Tücken der Ermittlungsarbeit zu kennen.
Fazit: Sensible Annäherung an ein schwieriges Thema. Allerdings bisweilen zu klischeelastig.
ARD, 8. Januar, 20.15 Uhr