Christine Neubauer soll in einer neuen Tragikomödie die Weißwurst in Argentinien popularisieren. Der Verkaufscharme geht ihr dabei ab.

49 Minuten dauert es, bis Christine Neubauer in „Maria, Argentinien und die Sache mit den Weißwürsten“ erstmals lächelt. Denn ihre Figur, die urbayrische Metzgermeisterin Maria, hat konsequent schlechte Laune. Ein verbitterter Besen, engstirnig und gefühlskalt, und richtig, richtig gemein. Kostproben? Als ihr sensibler Teenager-Neffe Caspar (Valentino Fortuzzi) sich mit einem Fußballer vergleicht, schmettert sie ihn nieder: „Du bist doch kein Fußballmensch, so rachitisch wie du aussiehst.“

Und als ein kleines Mädchen von einer Misswahl träumt, höhnt sie: „Ach geh, du bist viel zu wampert für eine Schönheitskönigin“, und schiebt hinterher: „Die Realität hat mit Träumen nichts zu tun.“ Spätestens da wird klar, irgendwann ist irgendetwas zerbrochen in dieser Maria. Die Fleischfachfrau vergeigt eigentlich alles. Nur in einer Sache ist sie gut: Weißwürste machen. Ihre Rezeptur ist preisgekrönt. Mit ihrem Bruder Kristian (Max Schmidt) führt sie den Familienbetrieb weiter.

Unter Strickjacke und Knoten versteckt

Der schickt sie nach Argentinien. Dort soll ihre Weißwurst, so sein Plan, zum Verkaufsschlager werden. Und weil sein Sohn Caspar in der bayrischen Provinz in Weltschmerz versinkt, setzt Kristian ihn mit ins Flugzeug nach Buenos Aires. Doch diese Argentinier! Sie begreifen nicht, dass man eine Weißwurst zuzeln, also aussaugen, muss und panschen sie mit Soßen. Der Trip wird zur Qual. Für Christine Neubauer bedeutet die Tragikomödie ein kleines Comeback, sie ist ihr erster großer Film seit zweieinhalb Jahren. Jahrelang hatte sie jedes Angebot angenommen, das ihr ins Haus flatterte, oft trivialste Komödien.

Mit Scheidung und neuer Liebe beherrschte sie den Boulevard. „Von Überpräsenz kann keine Rede mehr sein“, sagt Neubauer nun. Tatsächlich ist ihre Entscheidung für die Rolle der kantigen Maria vergleichsweise mutig. Die Kamera leuchtet auf ihrem kaum geschminkten Gesicht Falten und Spuren aus. Das „Vollweib“, wie Neubauer sich selbst gern bezeichnete, versteckt sich unter Strickjacke und Knoten.

Neubauer verlieht ihrer Figur grausame Komik

Es gelingt der 54-Jährigen, ihrer Figur grausame Komik zu verleihen. Manchmal blitzen die Augen dieser sich sperrig bewegenden Maria, als wollte sie aus sich heraus, aber sei gefangen in ihrem Panzerschrank. Natürlich taut sie auf, aber ihre Metamorphose gestaltet sich behutsam und glaubwürdig – Maria wird nicht plötzlich mit einem Latin Lover Tango auf den Straßen tanzen.

Auch spart Regisseur Markus Herling an sonniger Postkartenpracht von Buenos Aires. Er präsentiert die Stadt eher als brüchige Schönheit, deren Charme sich erst in Details zeigt. Gedreht wurde im kühlen Winter. Kulturschock-Klischees – südländische Lebensfreude versus deutsche Verbissenheit – werden zumindest nicht überstrapaziert. Schließlich überrascht der Film noch mit einem Ende, das nicht dem Schema einer Komödie folgt und fast schon als feministisches Statement zu begreifen ist.

Fazit: Noch keine Arthaus-Charakterstudie, aber überraschendes Mini-Comeback für Christine Neubauer.

„Maria, Argentinien und die Sache mit den Weißwürsten“, ARD 20.15 Uhr, 2. Dezember