Berlin. 90 Minuten, sieben Gäste – Maybrit Illner probte den Polit-Talk im XXL-Format. Es endete im Desaster. Auch wegen eines nervigen Gastes.

Als knapp 45 Minuten herum waren, platzte Daniel Cohn-Bendit fast die Hutschnur. „Langsam verliere ich die Fassung und die Geduld“, grantelte der Ex-Revoluzzer. Nun wolle er doch mal erzählen, wie das mit dem Brexit in Großbritannien wirklich gelaufen ist.

Kurz darauf, als Gastgeberin Illner seinen Wortschwall unterbrach, raunzte Cohn-Bendit beleidigt zurück: „Sie müssen mal ein bisschen stringenter fragen.“ Illner rempelte zurück: „Sie können gleich wieder sagen, ob Ihnen die Frage gefällt, Herr Cohn-Bendit.“

Nun, es wäre unfair, Daniel Cohn-Bendit die alleinige Schuld am Scheitern von Illners eineinhalbstündiger Talkrunde am Donnerstagabend im ZDF zu geben. Aber der 71-jährige Polit-Rentner gab wirklich alles, um eine sachliche und informative Diskussion zu sabotieren.

Daniel Cohn-Bendit redete sich in Rage

Da waren nicht nur die Verbal-Scharmützel mit Maybrit Illner. Unentwegt unterbrach Cohn-Bendit die anderen Gäste, redete sich selbst in Rage und schaffte es, den Brexit, Mesut Özil und Donald Trump gleichsam in einem Halbsatz unterzubringen. Zudem hatte er sich offenbar vorgenommen, nahezu alles mit der Nazizeit zu vergleichen. Etwa das Phänomen Donald Trump: „Hitler war auch nicht langweilig.“ So, so.

Den „Cicero“-Chefredakteur Christoph Schwennicke, den Cohn-Bendit als „Herr Schwenninger“ anredete, wollte er in die Nähe der AfD rücken. Der Journalist ließ sich das nicht gefallen und blaffte zurück, Cohn-Bendit spiele sich als „politischer Platzanweiser“ auf.

Illner wollte zuviel mit Maxi-Runde

Aber worum ging es eigentlich bei Illner? „Wie wird aus zu viel Wut Politik“, lautete das Thema. Brexit, AfD, Trump, Flüchtlingspolitik – alles wurde miteinander verrührt. Jeder der sieben Gäste redete über das, was ihm am besten passte: Labour-Politikerin Gisela Stuart über die Schotten, CDU-Parteivize Julia Köckner über „das Volk“, das es so nicht gebe, und Politologe Torben Lütjen befand: „Wut ist der Beginn von allem.“ Alles war schon einmal gesagt worden – aber eben noch nicht von jedem. Zum Gähnen.

Ein (zu) breit gefächertes Thema, gestreckt auf 90 Minuten, dazu sieben Gäste – Maybrit Illner wollte zu viel mit ihrer Maxi-Runde. Es wurde schnell langatmig, zumal die Gastgeberin selbst am Donnerstagabend nicht eben in bester Form war. Hastig eilte Illner von Tisch zu Tisch. Eben befragte sie noch die Britin Stuart zum Brexit, da redete sie schon mit Ex-CDU-Politiker und Neu-AfD-Mitglied Malte Kaufmann über dessen Motive für den Wechsel. Ein einziger Kuddelmuddel. XXL-Experiment gescheitert.

Moderatorin flüchtete sich in Phrasen

Von Illners eigentlicher Stärke, ihre Gäste mit präzisen Fragen zu piesacken, war an diesem langen Talkabend wenig zu spüren. Stattdessen flüchtete sie sich in Phrasen wie: „Ist jeder Populist automatisch ein Rassist?“ Oder: „Bekämpft man Rechtspopulismus mit Linkspopulismus?“ Sie hätte auch fragen können: „Ist es nachts kälter als draußen.“

Gegen Ende hatte dann natürlich noch einmal Daniel Cohn-Bendit das Wort – mit einer überraschenden Erkenntnis: „Vielleicht ticke ich ja nicht richtig.“

Zur Ausgabe von „Maybrit Illner“ geht es hier.