Berlin. „Hart aber fair“ begann als das übliche Geplänkel. Dann ergriff der CDU-Mann Laschet das Wort – und legte sich mächtig ins Zeug.

Warum Sachsen? Weshalb finden die Rechtspopulisten von AfD und Pegida ausgerechnet im Osten der Republik fruchtbaren Boden für ihre Parolen? Die Proteste und Pöbeleien am Tag der Einheit in Dresden, als sich Bundeskanzlerin und Bundespräsident als Volksverräter bezeichnen und unflätig beschimpfen lassen mussten, haben neue Schockwellen durchs Land getrieben. „Was ist da los, Brüder und Schwestern?“, fragte Frank Plasberg bei „Hart aber fair“ seine Gäste. Es wurde eine muntere Runde.

• Der Wutredner

Armin Laschet, CDU-Bundes-Vize und Parteichef in NRW, neigt selten zu Gefühlsausbrüchen. Bei Plasberg, die Sendung lief bereits knapp 45 Minuten, war es soweit. Für Laschet ist das kommunistische Erbe Schuld an den Ereignissen in Dresden, Bautzen oder Freital. Die DDR habe „die Köpfe der Menschen zerstört“, so Laschet. „Ganze Landstriche haben nicht gelernt, Respekt vor anderen Menschen zu haben.“ Das habe der Kommunismus den Menschen „nicht beigebracht“.

Anders sei es nicht zu erklären, dass sogar Flüchtlingskinder gewalttätig angegriffen würden. „Da ist vierzig, fünfzig Jahre etwas total falsch gelaufen“, so Laschet weiter. Es sei kein Zufall, dass auch in anderen Ländern des früheren Ostblocks rechte Parteien erstarkten, etwa in Tschechien oder Ungarn.

Damit nicht genug: Im Westen, polterte Laschet weiter, betrachte man die Entwicklung wie in Dresden „mit großem Unverständnis“. Hätten doch etwa die Städte im Ruhrgebiet, die selbst mit großen Problemen zu kämpfen haben, den wirtschaftlichen Wiederaufbau im Osten nach der Wende mitfinanziert. Man sehe wie „die Frauenkirche erblüht, die Autobahnen“, eine Infrastruktur, von der man im Westen „nur träumen kann“, so Laschet. Und dann diese Pöbeleien und der Hass. „Da fragen sich die Menschen in Dortmund und Gelsenkirchen schon: Was ist da los?“

• Der Ost-Versteher

Das konnte Matthias Platzeck („Ich fühle mich als Ostdeutscher“), Ex-SPD-Chef und Ex-Ministerpräsident von Brandenburg, natürlich nicht so stehen lassen. „Wenn das so wäre, wie Sie sagen“, konterte er Laschets These, „dann müssten wir ja nicht fürchten, dass Marine Le Pen die nächste Präsidentin von Frankreich wird.“ Will sagen: In unserem Nachbarland hat der Kommunismus nicht regiert, trotzdem greifen dort die rechten Hetzer nach der Macht.

Nein, mit dem DDR-Erbe mache Laschet es sich „zu einfach“. Vielmehr gebe es eine „tiefgreifende Demokratie-Verdrossenheit“ in weiten Teilen Ostdeutschlands, befand Platzeck. Bei vielen Menschen habe sich das Gefühl eingestellt, „plötzlich hat der Staat manches nicht mehr im Griff“. Diese Stimmung werde von Pegida und AfD „schamlos ausgenutzt“. Platzeck: „Wir sind dabei, Menschen zu verlieren, die eigentlich stolz sein müssten.“ Ähnlich sah das übrigens die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD): „Man kann 26 Jahre nach der Einheit nicht alles auf die Folgewirkung der DDR schieben.“

• Der dritte Mann

Während Platzeck und Laschet sich stritten, konnte sich zwischen ihnen André Poggenburg gelassen zurücklehnen. Die AfD, deren Landeschef Poggenburg in Sachsen-Anhalt ist, stand bei „Hart aber fair“ vergleichsweise kurz in der Kritik. Poggenburg, der die verbalen Auswüchse vom Einheitstag in Dresden eher als „Empörung“ denn als Pöbelei verstanden hat, stellte sich an die Seite des Ost-Verteidigers Platzecks, gegen Laschet.

Es habe in der DDR auch „kubanische Stunden und vietnamesische Arbeiter in den Betrieben gegeben“. Was wohl heißen sollte: Auch unterm Kommunismus hätten die Ostdeutschen gelernt, Respekt gegenüber Zuwanderern zu haben.

• Der Spruch des Abends

Er kam von Michael Jürgs, Ex-„Stern“-Chefredakteur und Buchautor. Er fand für seine Mahnung an die Ostdeutschen eine blumige Sprache: „Auch im Osten muss man lernen, dass die Freiheit eine Geliebte ist, die man täglich umgarnen muss.“ In Dresden ist diese Erkenntnis noch nicht angekommen.

Die ganze Sendung sehen Sie in der WDR-Mediathek.