Berlin. Die Doku „Der Rhein – Strom der Geschichte“ zeigt das Gewässer aus einer neuen Perspektive und erzählt die Geschichte des Flusses.

Der Rhein trennt. Zugleich verbindet er. Das zeigt die neue Doku „Strom der Geschichte“ von Florian Breier und Christian Stiefenhofer. Einerseits war der Fluss als „Schicksalsstrom“ Zankapfel mit Nachbar Frankreich. Andererseits knüpft er ein rund 1230 km langes kulturelles Band von der Schweiz bis zur Nordsee, prägt die Lebenswelt von 50 Millionen Menschen im Einzugsgebiet.

Die filmische Reise führt vor Augen, was ein Fluss eigentlich alles darstellt: geografisches Phänomen, wirtschaftliches Kraftfeld, politische Leitlinie, ästhetisches Symbol. Wie auf einer Flussfahrt reihen sich die Themen, eingefangen in Stimmungsbildern, kommentiert von Forschern, illustriert mit Spielszenen über das Leben der Rheinländer vergangener Zeiten. Am Anfang steht Geologie. Spektakuläre Vorgänge werden in digitaler Animation sichtbar. Die Erhebung der Alpen schafft das nötige Gefälle. Eiszeitliche Gletscher führen zum heutigen Lauf. Waffenfunde veranschaulichen, wie Steinzeitmenschen am Ufer jagten.

Vom Leben und Lieben der Steinzeitmenschen am Rhein

Dr. Ralf W. Schmitz vom Rheinischen Landesmuseum Bonn erläutert ihre Lebensweise: „Die haben gelebt, die haben geliebt, die haben Gefühle gehabt wie wir auch.“ Und sie waren tierlieb: Sie hielten schon Hunde, die sie sogar mit ins Grab nahmen. Jahrtausende später kommen die Römer und mit ihnen die antike Zivilisation. Nun können die germanischen „Barbaren“ Waren ins Imperium verkaufen. Damit bricht die große, bis heute andauernde Zeit des Rheins als Handelsweg an. Städte wie Köln entstehen. Holz und später Kohle werden verschifft.

Die Themenvielfalt führt zu Sprüngen – von den Romantikern („Loreley“) bis zum holländischen Deichbau reicht der Bogen. Die Doku wirkt teils wie eine Reihung von Kurzbeiträgen, durch den dramatisierenden Soundtrack im Hollywoodstil zusammengehalten. Doch viele Einzelaspekte sind spannend erzählt – etwa die epochale Rheinbegradigung, mit der Wasserbaupionier J. G. Tulla ab 1817 Ordnung in das Chaos der Nebenarme brachte, Voraussetzung der Schiffbarmachung bis hinauf nach Basel. Prof. Franz Nestmann, der wie einst Tulla in Karlsruhe lehrt, erklärt: „Der Rhein hatte einfach zu viel Platz eingenommen.“

Er steht mit einem historischen Gemälde vor der Stadt Istein und zeigt, wie der neue Lauf Siedlungsgebiete erschloss. Auch für den Handel ein Segen – für die Umwelt weniger. Das verstärkte Hochwasserrisiko der Wasserstraße wird heute wiederum durch Renaturierung bekämpft. Ein kaum zu überschätzender Aspekt: Für die deutsch-französische Aussöhnung und damit die EU ist der völkerverbindende Rhein ein zentrales Leitbild. Dinge, an die zu erinnern in Zeiten der Europakrise lohnt.

Fazit: Eine anregende Würdigung für Deutschlands wichtigsten Fluss – auch wenn auf manche verdoppelnde Stimmungs- und Spielszene hätte verzichtet werden können.

Arte, 11. Juni, 20.15 Uhr