Berlin. Smartphones sind toll, können aber auch zu einer Sucht werden. Machen sie gar dumm und krank? Dieser Frage ging „Hart aber fair“ nach.

Das Smartphone ist längst in alle Lebensbereiche vorgedrungen. Studien kommen zu dem Schluss, dass der durchschnittliche Nutzer täglich mehr als eine Stunde mit dem weitverbreiteten Stück Technik verbringt. Nach dem Aufstehen, vor dem Schlafengehen, in der Mittagspause, in der Bahn und ja, auch während der Arbeit: Es gibt keinen digitalen Begleiter, den wir intensiver nutzen würden. Diese Beliebtheit hat gute Gründe. Das Smartphone liefert schnelle Informationen und ermöglicht den einfachen Austausch – ganz gleich, wo sich die Nutzer befinden.

Das ist erstmal gut. Doch wann ist wird eine Grenze überschritten, ab der die Nutzung auch negative Folgen haben kann? Diese Frage stellte am Montagabend auch Frank Plasberg. „Immer online – machen Smartphones dumm und krank?“, fragte die Redaktion von „Hart aber fair“. Diskutiert wurde das Thema vom Gehirnforscher Manfred Spitzer, der Social-Media-Enthusiastin Duygu Gezen, dem Start-Up-Investor Frank Thelen, dem Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeshwar und der Verdi-Gewerkschafterin Leni Breymaier.

„Zu wenig Internet tötet Deutschland!“

Als großer Kritiker der Technologie trat Manfred Spitzer auf. Insbesondere der Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Smartphones und Tablets ist dem Gehirnforscher ein Graus. „Sie werden dadurch im Kopf vermüllt und krank“, sagte der Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm. Zahlreiche Studien würden belegen, dass die intensive Nutzung der Geräte nicht nur körperliche Leiden wie Kurzsichtigkeit und muskuläre Probleme, sondern auch Aufmerksamkeitsstörungen und Depressionen auslösen kann. Schlimm sei nicht nur, dass die Hersteller daran verdienten, sondern auch, dass der Umsatz auch noch von vielen Staaten gefördert wird, indem für Kindergärten und Schulen Tablets einkauft würden.

Seinen schärfsten Widersacher fand Spitzer in Frank Thelen. Immer wieder argumentierte der Unternehmer,dass gerade Heranwachsende schnell an die Technologie herangeführt werden müssten. „Programmieren ist heute die wichtigste Fremdsprache“, sagte Thelen. Bedenkenträger wie Spitzer würden verhindern, dass Europa den Anschluss an die Technologiekonzerne in den USA zurückgewinnen. „Zu wenig Internet tötet Deutschland!“, rief Thelen aus.

Die Power-Nutzerin

Duygu Gezen kam in der Runde die Rolle der Smartphone-Power-Nutzerin zu. Immer wieder überprüfte der Gastgeber an der ersten Social Media Volontärin der ARD unterschiedliche Thesen. Depressiv sei sich durch die exzessive Nutzung ihres Smartphones nicht geworden, ließ Gezen wissen. Allerdings habe sie durchaus eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne. Dies hält Gezen jedoch für nicht weiter schlimm: „Dafür erkenne ich schnell, was wirklich relevant ist. Alles andere rauscht einfach durch.“

Tendenziell positiv wurden Smartphones auch von Ranga Yogeshwar gesehen. „Sie treffen einen Nerv bei den Menschen“, sagte der Wissenschaftsjournalist. Kinder etwa könnten durch das Programmieren an Tablets lernen, dass sie etwas verändern können. Klar sei aber auch, dass die Art der Nutzung darüber entscheide, ob die Technologie förderlich ist. „Der richtige Umgang ist entscheidend, den muss man lernen.“

Der immer erreichbare Arbeitnehmer

Einen etwas anderen Blick auf das Thema brachte schließlich Leni Breymaier ein. Als Gewerkschafterin lobte sie Ansätze von Unternehmen, mit denen die negativen Folgen der Digitalisierung für Arbeitnehmer abgemildert werden soll. Dass etwa Konzerne wie BMW und Daimler die ständige Erreichbarkeit ihrer Mitarbeiter einschränkten, sei grundsätzlich gut. „Viele Arbeitnehmer können ihr Handy aber nicht ausschalten“, sagte Breymaier. Auch sei nach wie vor unklar, ob und wie beispielsweise eine am Abend zuhause verfasste Dienstmail als Arbeitszeit erfasst werden könnte.

Und auch insgesamt warnte Breymaier vor zu viel Enthusiasmus beim Thema Digitalisierung. „Wir werden Arbeitsplätze ohne Ende verlieren“, warnte die Gewerkschafterin. Zwar sei der Wandel unabwendbar, doch müsse endlich auch über die Folgen geredet werden. Für den Technologie-Freund Thelen formulierte sie dazu ein einfaches, aber klares Beispiel: „Wenn Sie nur noch mit einem selbstfahrenden Auto fahren, haben wir bald keine Busfahrer, Taxifahrer und Spediteure mehr.“

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