Berlin. Der Wiener „Tatort“ warf einen satirischen Blick hinter die Kulissen der Gesangswettbewerbe im Fernsehen. Wie realistisch war das?

Neben den üblichen Balzereien zwischen den Kommissaren Eisner und Fellner kreiste der Wiener „Tatort“ um ein Milieu, das sich im Sinkflug befindet. Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder sein österreichisches Äquivalent „Helden von morgen“ haben schon länger mit Quotenproblemen zu kämpfen – und ihr Versprechen, neue Stars zu entdecken und Karrieren zu ermöglichen, hat sich oft genug als haltlos erwiesen.

Namentlich in Erinnerung ist vielleicht Alexander Klaws geblieben, der 2003 die erste Staffel gewann. Doch schon an seinem Beispiel zeigt sich, dass das Musikgeschäft vor Dieter Bohlens Thron den Knicks verweigert. Klaws verdient heute sein Geld mit Auftritten in Musicals, darunter etwa „Joseph an the Amazing Technicolor Dreamcoat“ an der Freilichtbühne Tecklenburg. Wie sein damaliger Mitstreiter Daniel Küblböck war er danach noch im RTL-Tanzwettbewerb „Let’s Dance“ zu sehen.

Der neue Wiener Tatort „Sternschnuppe“

Egal, wie gut oder schlecht ein Liedtext ist, er gehört auf keinen Fall in die Luftröhre eines Musikproduzenten. An so einem Stück Papier ist in „Sternschnuppe“ der vielfach gehasste und gefürchtete Udo Hausberger (Peter Karolyi) erstickt. Als Anhänger der Sado-Maso-Szene hängt er gefesselt und nackt im Wellnessraum seiner Wiener Villa.
Egal, wie gut oder schlecht ein Liedtext ist, er gehört auf keinen Fall in die Luftröhre eines Musikproduzenten. An so einem Stück Papier ist in „Sternschnuppe“ der vielfach gehasste und gefürchtete Udo Hausberger (Peter Karolyi) erstickt. Als Anhänger der Sado-Maso-Szene hängt er gefesselt und nackt im Wellnessraum seiner Wiener Villa. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Das Ermittlerteam Bibi Fellner (Adele Neuhauser, 2. v. li.) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer, 2. v. re.) konfrontieren die Frau des Managers Angelika Hausberger (Aglaia Szyszkowitz, li.) mit den Geschehnissen, ...
Das Ermittlerteam Bibi Fellner (Adele Neuhauser, 2. v. li.) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer, 2. v. re.) konfrontieren die Frau des Managers Angelika Hausberger (Aglaia Szyszkowitz, li.) mit den Geschehnissen, ... © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
... die den Tod allerdings recht gefasst aufnimmt. Sie hatte ihren Mann immer wieder vor den Gefahren seiner Vorlieben gewarnt. Ebenfalls wieder mit dabei ist Thomas Stipsits (M.) als lernbegieriger Kriminalassistent Manfred Schimpf.
... die den Tod allerdings recht gefasst aufnimmt. Sie hatte ihren Mann immer wieder vor den Gefahren seiner Vorlieben gewarnt. Ebenfalls wieder mit dabei ist Thomas Stipsits (M.) als lernbegieriger Kriminalassistent Manfred Schimpf. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Die Ermittlungen führen zu Benny Raggl (Michael Steinocher, li.), dem jüngeren Geliebten von Angelika Hausberger. Die Kommissare sind von der sexuellen Freizügigkeit des Ehepaares irritiert.
Die Ermittlungen führen zu Benny Raggl (Michael Steinocher, li.), dem jüngeren Geliebten von Angelika Hausberger. Die Kommissare sind von der sexuellen Freizügigkeit des Ehepaares irritiert. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Das Opfer war obendrein Jury-Mitglied einer Castingshow im Privat-TV. Laut Drehbuch (Uli Brée) ermittelt das Team damit in der strukturell perfiden Welt der falschen Gefühle und des Pseudo-Glanzes.
Das Opfer war obendrein Jury-Mitglied einer Castingshow im Privat-TV. Laut Drehbuch (Uli Brée) ermittelt das Team damit in der strukturell perfiden Welt der falschen Gefühle und des Pseudo-Glanzes. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
So geht es also in „Sternschnuppe“ nicht allein um die Mördersuche, sondern titelgemäß ums Verglühen. Ums Verglühen von Hoffnungen und Leidenschaften, um kometenhaften Aufstieg und die ewig gültige Frage: „Was ist, wenn die Show vorbei ist?“ Hat Vanessa Gross (Claudia Kottal, li.) etwas mit dem Fall zu tun?
So geht es also in „Sternschnuppe“ nicht allein um die Mördersuche, sondern titelgemäß ums Verglühen. Ums Verglühen von Hoffnungen und Leidenschaften, um kometenhaften Aufstieg und die ewig gültige Frage: „Was ist, wenn die Show vorbei ist?“ Hat Vanessa Gross (Claudia Kottal, li.) etwas mit dem Fall zu tun? © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Von der großen Karriere als Sänger träumt der junge Aris Graf – und singt dabei in der Castingshow „Sing your Song“ just den Text, der in Papierform den Exitus des Produzenten verursacht hat. Doch es ist gar nicht sein Song.
Von der großen Karriere als Sänger träumt der junge Aris Graf – und singt dabei in der Castingshow „Sing your Song“ just den Text, der in Papierform den Exitus des Produzenten verursacht hat. Doch es ist gar nicht sein Song. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Vielmehr wurde er von Vera Sailer (Sabrina Rupp) geschrieben. Sie war einst sogar eine Gewinnerin der Show, fiel danach aber bei ihrem Produzenten Hausberger in Ungnade.
Vielmehr wurde er von Vera Sailer (Sabrina Rupp) geschrieben. Sie war einst sogar eine Gewinnerin der Show, fiel danach aber bei ihrem Produzenten Hausberger in Ungnade. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Jetzt ist Vera ein selbstmordgefährdeter Fall für den Psychiater. Was Künstlerin und Produzenten noch so alles miteinander verbunden hat, enthüllt die versteckte Kamera im Wellnessbereich – dem Tatort.
Jetzt ist Vera ein selbstmordgefährdeter Fall für den Psychiater. Was Künstlerin und Produzenten noch so alles miteinander verbunden hat, enthüllt die versteckte Kamera im Wellnessbereich – dem Tatort. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
Und statt akribischer kriminalistischer Puzzle-Arbeit führt ein genauso zuverlässiger intuitiver Geistesblitz Majorin Fellner zum Motiv.
Und statt akribischer kriminalistischer Puzzle-Arbeit führt ein genauso zuverlässiger intuitiver Geistesblitz Majorin Fellner zum Motiv. © ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg | Petro Domenigg
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Der Ruhm der Casting-Sternchen verpufft schnell

Ein gutes Beispiel dafür, wie schnell der vom Fernsehen generierte Ruhm verpuffen kann, ist auch die gebürtige Polin Aneta Sablik, die 2014 die elfte Staffel als Siegerin verließ. Ihr Siegertitel „The One“ schaffte es zwar an die Spitze der deutschen, österreichischen und schweizerischen Charts, aber danach wurde es schnell still um sie. „Von August bis September 2014“, vermerkt die Online-Enzyklopädie Wikipedia, „wurden zunächst acht, dann 18 der insgesamt 20 angesetzten Konzerte ihrer Tournee in Deutschland abgesagt.“ Die Gründe blieben unklar, aber Aneta Sablik verschwand in der Versenkung. Zuletzt konnte man von ihr auf YouTube ein Musikvideo namens „Popcorn Party“ abrufen.

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Ähnliche Muster kann man anhand von Severino Seeger erkennen, der im vergangenen Jahr die 12. Staffel gewann – selbst aber am raschen Untergang seines Sterns erheblichen Anteil trug. Sein Siegersong „Hero of my Heart“ erreichte nur Platz 10 der Singlecharts – schlechter als alle bisherigen und damit auch ein Sinnbild für den Niedergang des Formats. Als Seeger dann auch noch vom Landgericht Frankfurt am Main der Prozess gemacht wurde, weil er zuvor als Teil einer Bande mehrere Seniorinnen um insgesamt 100.000 Euro betrogen haben soll, war es um seine Karriere komplett geschehen. Geschichten wie diese hätten es sicher auch verdient, einmal im „Tatort“ gewürdigt zu werden.