Berlin . In „Jesus und der Islam“ auf Arte wird klar, wie eng die einzelnen Weltreligionen durch ihre Geschichte miteinander verwoben sind.

Als der Koran geschrieben wurde, war Jesus schon mehr als 600 Jahre tot. Umso erstaunlicher ist, dass sein Name etwa dreimal so häufig in der „Heiligen Schrift des Islam“ genannt wird wie der des Religionsstifters und Propheten Mohammed. Jesus’ Aussehen, sein Leben als vaterloser Sohn und auch sein Tod werden genau beschrieben. So lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass „Jesus, der Sohn Marias“, eine herausragende Figur im Koran ist – nicht als Gottes Sohn oder Gründerfigur des Christentums, wohl aber als Verkörperung des „Geistes Gottes“.

Für die meisten Christen, aber auch für viele Moslems dürfte das neu sein. Ebenso wenig dürften sie wissen, dass Jesus im Koran sogar als Verteidiger des Islam gilt: Als „gerechter Schiedsrichter“ wird er einmal über die Welt richten. Vom oft zitierten Clash der Kulturen kann also so einfach nicht die Rede sein – wenn man auf die Worte des Korans vertraut. Aber da beginnt schon die Schwierigkeit: Was meinen die betreffenden Suren genau? Welche Übersetzung, welche Interpretation ist richtig?

Was sind die Gemeinsamkeiten von Juden, Christen und Muslimen?

Diese Fragen wollen die beiden französischen Filmemacher Gérard Mordillat und Jérôme Prieur mit ihrer außergewöhnlichen Dokumentation untersuchen. Im Jahr 2003 haben sie gemeinsam schon eine viel beachtete zehnteilige Reihe zur „Geburt des Christentums“ realisiert. Nun haben sie, vier Jahre lang, zum Thema Jesus im Islam recherchiert und 26 Religionsforscher aus aller Welt befragt, darunter eine Reihe renommierter Islamwissenschaftler sowie überraschend viele Frauen.

Im Kern geht es darum, die Gemeinsamkeiten der drei monotheistischen Religionen herauszuarbeiten. Und um die Frage, wie überhaupt aus dem Juden aus Galiläa sowohl der Religionsgründer des Christentums wie auch der Prophet des Korans werden konnte, der Mohammed direkt voranging. Die Antworten beziehen sich direkt auf die Textquellen, die als einzig verlässliche Zeitzeugen angenommen werden.

Weitere Doppelfolgen am Mittwoch und Donnerstag

In den ersten drei Teilen, die Arte Dienstagabend zeigt, wird zunächst die „Kreuzigung im Koran“ (1) erörtert, in „Leute des Buches“ (2) wird der polemische Umgang des Korans mit der biblischen Überlieferung verhandelt und in „Sohn Marias“ (3) die Rolle der einzigen Frau, die im Koran vorkommt. In jeweils einer Doppelfolge steht Mittwoch (22.20 Uhr) und Donnerstag (21.45 Uhr) Mohammed im Mittelpunkt.

Dass Arte die siebenteilige Dokumentationsreihe zur Primetime ausstrahlt, ist ein ebenso ambitioniertes Vorhaben wie die Filmreihe selbst. Denn die abgeschlossenen Serienteile sind keine leicht verdauliche Fernsehunterhaltung, sondern eher ein intellektuelles Symposium, das die Suren des Korans minuziös und vielstimmig analysiert. Und das auf bewegte Bilder vollständig verzichtet: Neben den Interviewpartnern vor schwarzem Hintergrund zeigt die Dokumentation lediglich kostbare, sorgsam gestaltete Koran-Bücher als Zwischenschnitte.

Fazit: Eine sehr interessante, aber auch hoch intellektuelle Auseinandersetzung über den koranischen Jesus und seine Bedeutung für den Islam.

Auftakt am Dienstag (8. Dezember), Arte um 20.15 Uhr