Dortmund. BVB-Trainer Tuchel hätte nach dem Anschlag gerne mehr Zeit bis zum Nachholspiel gehabt. Er überließ den Profis, ob sie spielen wollten.

Nach dem Schlusspfiff beim 2:3 gegen AS Monaco waren alle Dämme gebrochen, die eine Mannschaft zur Abschottung um sich baut. Endlich wollten die Spieler von Borussia Dortmund darüber reden, was ihnen am Tag zuvor widerfahren war. Die Aufregung nach dem Bombenattentat auf den Mannschaftsbus. Die Notoperation ihres Kollegen Marc Bartra. Der Empfang beim Spiel im Signal Iduna Park, einen Tag später als geplant, das 2:3 gegen AS Monaco in der Champions League.

„Es war natürlich schwierig für uns“, sagte Mittelfeldspieler Julian Weigl hinterher, „Die meisten Jungs haben wie ich auch nur wenig geschlafen.“ Es gebe nicht den „goldenen Weg, wie man damit umgehen kann“, fügte er hinzu. Er ging so damit um: „Ich habe versucht, die Zeit mit meiner Familie zu verbringen und ein bisschen runterzubringen.“

BVB-Anschlag: So ist der aktuelle Stand am Tag danach

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    Schwäche zu zeigen ist nicht schwach

    Auch Nuri Sahin wusste, „dass es nicht einfach wird, sich auf Fußball zu konzentrieren“. „Wir sind alle Menschen. Was passiert ist, das wünsche ich niemandem. Erst als ich gestern nach Hause kam und meine Frau und mein Sohn vor der Türe standen, da habe ich erst realisiert, wie viel Glück wir hatten“, sagte der Mittelfeldspieler. „Das war nicht schön heute.“

    Trainer Thomas Tuchel weiß um seine besondere Rolle für die Mannschaft. Er hatte seinen Spielern mit auf den Weg gegeben, dass es keine Schwäche ist, seine Schwäche nach dem Attentat zu zeigen. Der Verein habe jedem Spieler versprochen, für psychologische Hilfe zu sorgen, falls jemand diese Hilfe benötigt, so BVB-Kommunikationschef Sascha Fligge.

    „Es ist noch nicht verarbeitet“

    Tuchel sagte nach dem Auftritt beim 2:3: „Es hat viel Mut und Courage erfordert. Das haben wir gezeigt. Es ist nicht vergessen und nicht verarbeitet. Wir hätten uns gewünscht, mehr Zeit zu haben. Es geht hier einerseits um Verarbeitung, aber auch um unseren Champions-League-Traum. Wir werden uns nochmal schütteln.“

    Anschlag auf BVB-Teambus in Dortmund

    Schock in Dortmund: Am 11. April 2017 detonierten auf der Fahrt zum Stadion neben dem Mannschaftsbus des BVB drei Sprengsätze. Das Champions-League-Spiel gegen AS Monaco am Abend wurde daraufhin abgesagt.
    Schock in Dortmund: Am 11. April 2017 detonierten auf der Fahrt zum Stadion neben dem Mannschaftsbus des BVB drei Sprengsätze. Das Champions-League-Spiel gegen AS Monaco am Abend wurde daraufhin abgesagt. © dpa | Marcel Kusch
    BVB-Profi Marc Bartra wurde bei dem Vorfall schwer verletzt, der Fußballer wurde noch am Abend operiert. Außerdem wurde ein Polizist verletzt.
    BVB-Profi Marc Bartra wurde bei dem Vorfall schwer verletzt, der Fußballer wurde noch am Abend operiert. Außerdem wurde ein Polizist verletzt. © dpa | Ina Fassbender
    Bei der Attacke durchschlug ein Teil des Sprengsatzes eine Scheibe des Mannschaftsbusses.
    Bei der Attacke durchschlug ein Teil des Sprengsatzes eine Scheibe des Mannschaftsbusses. © dpa | Bernd Thissen
    Die Polizei gab an, „mit starken Kräften vor Ort“ zu sein.
    Die Polizei gab an, „mit starken Kräften vor Ort“ zu sein. © REUTERS | Kai Pfaffenbach
    Die Mannschaft sollte zunächst mit einem anderen Bus zum Stadion gebracht werden. Mehrere Spieler hielten sich vor der Unterkunft auf.
    Die Mannschaft sollte zunächst mit einem anderen Bus zum Stadion gebracht werden. Mehrere Spieler hielten sich vor der Unterkunft auf. © dpa | Carsten Linhoff
    Der BVB informierte die Fans im Stadion über den Vorfall.
    Der BVB informierte die Fans im Stadion über den Vorfall. © REUTERS | Ralph Orlowski
    Die hielten sich zusätzlich über ihre Smartphones auf dem Laufenden.
    Die hielten sich zusätzlich über ihre Smartphones auf dem Laufenden. © dpa | Federico Gambarini
    Die Fans verließen das Stadion nach der Absage des Spiels ohne Zwischenfälle.
    Die Fans verließen das Stadion nach der Absage des Spiels ohne Zwischenfälle. © dpa | Federico Gambarini
    Fans des AS Monaco hatten zuvor ihre Anteilnahme mit „Dortmund! Dortmund!“-Sprechchören gezeigt.
    Fans des AS Monaco hatten zuvor ihre Anteilnahme mit „Dortmund! Dortmund!“-Sprechchören gezeigt. © Getty Images | Lukas Schulze
    Das Spiel wurde einen Tag nach dem Vorfall nachgeholt, der BVB verlor 2:3 gegen den AS Monaco.
    Das Spiel wurde einen Tag nach dem Vorfall nachgeholt, der BVB verlor 2:3 gegen den AS Monaco. © dpa | Carsten Linhoff
    Zunächst gab es keine heiße Spur zu den Tätern. Die Ermittler konzentrierten sich auf das, was an handfesten Spuren am Tatort gefunden wurde: Reste des bei dem Anschlag verwendeten Sprengstoffs und der Zünder, dazu die drei am Tatort gefundenen gleichlautenden Bekennerschreiben.
    Zunächst gab es keine heiße Spur zu den Tätern. Die Ermittler konzentrierten sich auf das, was an handfesten Spuren am Tatort gefunden wurde: Reste des bei dem Anschlag verwendeten Sprengstoffs und der Zünder, dazu die drei am Tatort gefundenen gleichlautenden Bekennerschreiben. © dpa | Ina Fassbender
    Fans hatten den Schriftzug „Keine Bombe kriegt uns klein! BVB wird ewig sein“ an einem Zaun geschrieben.
    Fans hatten den Schriftzug „Keine Bombe kriegt uns klein! BVB wird ewig sein“ an einem Zaun geschrieben. © dpa | Friso Gentsch
    Bei dem Anschlag hätte es weit schlimmere Verletzungen geben können: Die Bildkombo zeigt durch umherfliegende Metallstifte beschädigte Autos, einen Splitter, der sich in einen Zaun gebohrt hat und einen Splitter des Sprengsatzes am Boden.
    Bei dem Anschlag hätte es weit schlimmere Verletzungen geben können: Die Bildkombo zeigt durch umherfliegende Metallstifte beschädigte Autos, einen Splitter, der sich in einen Zaun gebohrt hat und einen Splitter des Sprengsatzes am Boden. © dpa | David Young
    Erst zuletzt kamen die Ermittler dem Deutschrussen Sergej W. auf die Spur.
    Erst zuletzt kamen die Ermittler dem Deutschrussen Sergej W. auf die Spur. © REUTERS | Kai Pfaffenbach
    Zehn Tage nach dem Anschlag war das der Durchbruch:
    Zehn Tage nach dem Anschlag war das der Durchbruch: © dpa | Ina Fassbender
    Am Morgen des 21. April nahm die Polizei den 28-jährigen Sergej W. als Tatverdächtigen nahe Tübingen fest.
    Am Morgen des 21. April nahm die Polizei den 28-jährigen Sergej W. als Tatverdächtigen nahe Tübingen fest. © dpa | Christoph Schmidt
    Im Prozess hat der Angeklagte die Tat gestanden, aber jede Tötungsabsicht bestritten. „Ich bedauere mein Verhalten zutiefst“, sagte der 28-jährige am 8. Januar 2018 vor dem Dortmunder Schwurgericht.
    Im Prozess hat der Angeklagte die Tat gestanden, aber jede Tötungsabsicht bestritten. „Ich bedauere mein Verhalten zutiefst“, sagte der 28-jährige am 8. Januar 2018 vor dem Dortmunder Schwurgericht. © picture alliance / Revierfoto/Re | dpa Picture-Alliance / Revierfoto
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    Um ins Halbfinale der Champions League einzuziehen, muss Borussia Dortmund nächste Woche beim AS Monaco gewinnen. Entweder mit zwei Toren Unterschied oder mit mindestens vier Auswärtstoren bei einem Sieg. Eine schwere Aufgabe beim Tabellenführer der französischen Liga. Trotzdem sagt Tuchel: „Mal schauen, wir werden auf jeden Fall dran glauben.“

    Einen Einblick in die Seelenlage gab Tuchel in der Pressekonferenz. Dabei kam heraus: Seinen Spielern wurde es sogar freigestellt, ob sie überhaupt gegen AS Monaco auflaufen wollen. (mit sid)

    Dieser Text ist zuerst auf www.waz.de erschienen.