Kwame Nkrumah-Acheampong ist Ghanas erster olympischer Wintersportler, ist in Kanada bekannt und fährt erst seit sechs Jahren Ski.

Vancouver. Magdalena Neuner hat bei den Olympischen Spielen zwei Gold- und eine Silbermedaille gewonnen. Die deutsche Biathletin ist eine der erfolgreichsten Sportlerin der Spiele. In Vancouver aber weiß mit ihrem Namen kaum jemand etwas anzufangen. Das geht Kwame Nkrumah-Acheampong ähnlich. Kwame, wer? Den Schnee-Leoparden jedoch kennt in Kanada fast jeder. Kwame Nkrumah-Acheampong ist der Schnee-Leopard. Bitte sagt Kwame zu mir, sagt Kwame Nkrumah-Acheampong, wenn er auf der Straße angesprochen wird. Und das tun inzwischen viele.

Zur langen Geschichte von Olympia und seinen Exoten hat Kwame ein neues Kapitel beigesteuert. Der 35 Jahre alte Familienvater ist der erste Sportler Ghanas, der an Olympischen Winterspielen teilnimmt. "Wir können mehr als Fußball", sagt Kwame. Am Dienstag wollte er in Whistler zum Riesenslalom antreten, seine Mannschaftsleitung, auch die gibt es, vergaß ihn rechtzeitig zu melden. Das muss gelernt sein, klagt Kwame, "aber er könne sich schließlich nicht mehr um alles kümmern". Es klang ernst. Nun bleibt ihm eine letzte Chance: am Sonnabend der Spezialslalom. Alles wird gut: Sein Name steht bereits im Computer.

Ein Gewinner ist er schon jetzt. Die braunen Flecken auf seinem weißen Trainingsanzug, die, die ihn zum Schnee-Leoparden machten, hat er zur Finanzierung seines Sports einst für umgerechnet sechs Euro pro Stück verkauft. Später legte er eine Kollektion auf, mit Hemden, Hüten und Hosen. Auch sie wurde ein Renner. Als er in Whistler zur Pressekonferenz bat, erschienen zehn TV-Stationen und mehr als 30 Journalisten aus aller Welt. Im kanadischen Fernsehen ist er täglich zu Gast. Kwame ist längst ein Star, ein Manager koordiniert Medienanfragen. Die ersten 1500 Stück seiner Autogrammkarten und Pins vom "ghanaischen Ski-Team" sind vergriffen, In Vancouver ließ er neue produzieren. Der gleichaltrige kanadische Geigen-Rockstar Ashley MacIsaac hat mit Kwame inzwischen einen Song aufgenommen. Er heißt "Dreams", Träume. Ezeadi Onukwulu und seine Band planen ein Konzert für ihn. Der Erlös soll ins Projekt "Gold für Ghana" fließen.

Kwame wurde im schottischen Glasgow geboren, als sein Vater dort studierte. Später kehrte die Familie in ihre Heimat Ghana zurück. Kwame kam wieder. In England wollte er sein Tourismus-Studium abschließen. In einer Skihalle in Milton Keynes verdiente er sich als Rezeptionist Geld zum Stipendium. Irgendwann schnallte er sich die Bretter unter die Füße. Seine Karriere begann auf einer 170 Meter langen Abfahrt. Das war 2004. Der Ehrgeiz packte ihn schnell. Kwame, der zuvor leidenschaftlich Tennis spielte, wollte zu Olympia.

Das war nicht leicht. Er hatte keinen Sponsor, keinen Trainer. Kwame nahm jeden Job an, den er kriegen konnte, um seinen Traum zu finanzieren. Er fuhr zu kleinen Rennen unterhalb des Weltcups, bei denen er mühsam Punkte für die Weltrangliste sammelte. 2006 verpasste er die Winterspiele in Turin, weil er am entscheidenden Qualifikationswettbewerb im Iran nicht starten konnte. Der Flug nach Teheran war wegen schlechten Wetters gestrichen worden. Mit den Besten der Welt maß er sich zum ersten Mal bei der WM 2007 im schwedischen Are im Riesenslalom. Er wurde Letzter der Qualifikation. Bei der WM 2009 ließ Kwame im französischen Val d'Isere dann zwei Läufer hinter sich. "Die kamen aus Ländern, in denen es Schnee gibt. Darauf war ich stolz." Der drittletzte Platz sicherte ihm das Ticket nach Vancouver.

Als Schnee-Leopard hat Kwame Nkrumah-Acheampong heute sein Auskommen. Ein Sponsor ermöglichte ihm im Januar ein zehntägiges Trainingslager in Kanada. Doch Kwame hat ein Problem. Er will nicht länger der Exot sein, "der Affe im Skizirkus", wie er sagt, er will ernst genommen werden. "Ich bin kein Eddie the Eagle", sagt Kwame. Der stark kurzsichtige Brite Michael Edwards hatte 1988 bei den Spielen in Calgary mit extrem kurzen Skisprüngen für Heiterkeit gesorgt. "Ich bin kein perfekter Skifahrer", sagt Kwame, "vielleicht werde ich das auch nie. Aber ich bin konkurrenzfähig, das war Eddie the Eagle nicht." Kwame Nkrumah-Acheampong hat sich für den Slalom am Sonnabend viel vorgenommen, der Schnee-Leopard will nicht Letzter werden. Und alle, die ihn beim Training in Whistler sahen, sind sich sicher: Kwame wird es schaffen. Der Raum für die Pressekonferenz ist bereits gemietet.