Lohbrügge. VfL-Talente setzen sich im Duell der beiden jüngsten Landesliga-Mannschaften gegen den SC Vier- und Marschlande durch. Die Ursachen.

Wie eng die Bande zwischen Trainer Elvis Nikolic und seinen Landesliga-Fußballern vom VfL Lohbrügge ist, zeigte sich unmittelbar nach dem Derby gegen den SC Vier- und Marschlande. Der 47-Jährige gab gerade bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf dem Kunstrasenplatz am Binnenfeldredder sein Statement zum 5:2-Heimspiel-Erfolg ab, da kam sein Mittelfeldakteur Fabian Müller-Blech angelaufen und legte ihm eine Winterjacke über die Schultern. „Braver Junge“, sagte der Coach mit einem Lächeln im Gesicht und lobte den 19-Jährigen sogleich für eine „ganz, ganz tolle Leistung“.

Nikolic hatte den talentierten Müller-Blech bereits trainiert, als dieser noch ein Steppke war. Nach einem Intermezzo beim FC St. Pauli kehrte der Mittelfeldspieler vor einem Jahr an den „Binner“ und zu seinem alten Lehrmeister zurück. Er hatte großen Anteil am Aufstieg der U19 in die Regionalliga und zählt seit dieser Saison nun zum Landesliga-Team des VfL Lohbrügge.

Der „Kindergarten“ des VfL Lohbrügge ist erwachsen geworden

Mit diesem Werdegang ist der Wuschelkopf keine Ausnahme. Im vergangenen Sommer hatte Nikolic viele seiner früheren „Schäfchen“ in den Schoß der VfL-Familie zurückgeholt und eine blutjunge Mannschaft zusammengestellt, die anfangs von der Konkurrenz belächelt wurde. „Wenn wir irgendwo ankamen, hieß es: ‚Ach, die süßen Lohbrügger – Elvis‘ kleine Jugendspieler‘. Wir haben uns schon ein paar Sprüche anhören müssen“, erzählt der Coach.

Leon Kahl und David Toth (SCVM, v.l.) bedrängen den erst 18-jährigen Lohbrügger Max Ebmeyer.
Leon Kahl und David Toth (SCVM, v.l.) bedrängen den erst 18-jährigen Lohbrügger Max Ebmeyer. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Inzwischen dürfte kein Ligarivale mehr über den in Windeseile erwachsen gewordenen VfL-„Kindergarten“ lachen. Nach dem schwachen Saisonstart mit fünf sieglosen Partien in Serie steigerten sich die Nikolic-Schützlinge zuletzt kontinuierlich und beenden die Hinrunde nun auf einem bemerkenswerten siebten Tabellenplatz. „Das ist nach dem brutalen Umbruch und mit dieser jungen Mannschaft schon respektabel. Aber wir haben Hunger und wollen mehr“, versichert Nikolic.

Vergebene Chancen des SC Vier- und Marschlande rächen sich schnell

Von dieser Gier war zu Beginn des Duells mit dem SCVM allerdings wenig zu sehen. Die Vier- und Marschländer setzen ja ebenfalls ganz auf die eigene Jugend und besitzen eine nicht minder spannende Mannschaft. Im Duell der beiden jüngsten Landesliga-Teams waren sie zunächst die griffigere, emotionalere und handlungsschnellere Mannschaft. „Wir sind wach, Männer. Das sieht gut aus“, rief SCVM-Keeper Jona Schlag nach einigen Minuten übers Feld.

Kurz darauf hatte Sandro Schraub aus wenigen Metern die Riesenchance zur 1:0-Führung für den Aufsteiger, vergab jedoch (6.). „Der Ball ist aufgesetzt und war daher schwer zu nehmen“, erklärte der eigentlich so treffsichere SCVM-Angreifer. Dann kam Benjamin Sander in guter Position zum Abschluss, vergab jedoch ebenfalls (10.).

Niklas Pietruschka und Kim Fiebig treffen für zielstrebige Lohbrügger Elf

Und der VfL? Von ihm kam bis dahin nichts. Dann aber setzte sich Niklas Pietruschka energisch im Zweikampf gegen Jan Kohlepp durch, lief diesem davon und überwand SCVM-Keeper Schlag zur VfL-Führung. „Das war der Dosenöffner“, freute sich Nikolic. Tatsächlich agierten die Hausherren fortan viel selbstbewusster und zielstrebiger. Bestes Beispiel war das Zustandekommen des 2:0, als Linksverteidiger Kadere Sitou in Linksaußen-Position den Ball behauptete und auf Kim Fieberg flankte, der erstaunlich unbehelligt abschloss (19.).

„Das ist nur Begleitschutz“, rügte SCVM-Coach Denis Schlufter seine Abwehr. Recht hatte er. Nach gutem Beginn hatten die Gäste den Zugriff verloren, standen nun plötzlich mit dem Rücken zur Wand. Doch sie haben ja noch Mittelstürmer Sandro Schraub. „Wie aus dem Nichts“, wie der Stürmer zugab, verkürzte er 1:2 (27.). Das war durchaus verdient, denn die Vier- und Marschländer zeigten wahrlich keine schlechte Leistung, waren in puncto Aufbauspiel sogar das etwas bessere Team. „Aber wir kriegen die Bälle oft nicht in den 16-Meter-Raum. Das war in den letzten Wochen auch schon so“, bemängelte Schraub.

Lohbrügges Sprinter einfach zu schnell für die SCVM-Abwehr

Als der SCVM im zweiten Abschnitt das Risiko erhöhte, wurde er „eiskalt ausgekontert“, wie Schraub analysierte. Pietruschka (52.) und Müller-Blech (64.) erhöhten auf 4:1 für die Hausherren, die anschließend in den Verwaltungsmodus schalteten. Das hätte durchaus schiefgehen können. Denn die Vier- und Marschländer waren keineswegs demoralisiert, glaubten weiter an ihre Chance und kamen durch Finn Ole Busch zum Anschlusstreffer (78.).

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Die Arbeit gegen den Ball blieb jedoch das große Manko des Aufsteigers. Die Lohbrügger liefen ihnen einfach weg, denn der VfL hat den einen oder anderen Fußballer in seinen Reihen, der wohl auch bei den Hamburger Meisterschaften im 100-Meter-Sprint eine gute Figur machen würde. Dazu zählt auch Kim Fieberg, der mit seinem Tor zum 5:2 für die Entscheidung sorgt (86.).

Warum dieser Sieg für den VfL Lohbrügge ein ganz besonderer Triumph ist

„Keiner hat an uns geglaubt – keiner! Sie sind alle weggegangen. Und jetzt sind wir Siebter nach der Hinrunde!“, sagte Nikolic mit Blick auf den großen Umbruch im Sommer, der nötig geworden war, nachdem fast alle Akteure aus dem Team der Vorsaison den Verein verlassen hatten.

Zufrieden sein kann aber eigentlich auch der SCVM mit den bisher erreichten 20 Punkten. „Wir stehen damit über unseren Erwartungen“, erklärte Schraub, um dann aber ganz schnell zu relativieren: „Aber das heißt ja nicht, dass wir jetzt jedes Spiel verlieren müssen, bis wir wieder bei unseren ursprünglichen Erwartungen angekommen sind.“

VfL Lohbrügge: Huß – Hoffmann (75. Nkrumah), Metzler, Adam, Sitou – Weber, Ebmeyer (75. Mohabatzadeh), Müller-Blech (65. Pangalos), Fieberg, Pietruschka (82. Ildir) – Manu (65. Karakas).
SC Vier- und Marschlande: Schlag – Wagner, Kohlepp (65. Czech), Vollrath, Grimling – Kahl, Marquardt (65. Busch), Sander (74. Polster), Toth, Schraub – Göde (74. Johannsen).