Regierung in Rom lockt Afrikaner mit Bargeld, das Land zu verlassen. Der Rat: Sie sollen nach Deutschland gehen

Hamburg. Die aus Italien nach Hamburg gekommenen Flüchtlinge aus Libyen sind von den Behörden in Rom offenbar gezielt zur Weiterreise nach Deutschland animiert und dabei auch finanziell unterstützt worden. In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums an die Ausländerreferenten der Bundesländer ist von 500 Euro die Rede, die in Italien unter der Voraussetzung gezahlt wurden, dass die Flüchtlinge freiwillig die dortigen Einrichtungen verlassen. Mehrere Tausend Menschen haben davon Gebrauch gemacht. In Hamburg werden bereits Hunderte Flüchtlinge vermutet, die jetzt in der Hansestadt ohne jede staatliche Unterstützung leben.

In "temporären Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen" waren die Menschen, die über das Mittelmeer aus Afrika kamen, in Italien aufgenommen worden. Die dafür bereitgestellten EU-Mittel liefen aus. Italien wollte die Flüchtlinge schnell loswerden.

"Drittstaatsangehörige hätten nach eigenen Angaben 500 Euro von italienischen Behörden erhalten, wenn sie italienische Aufnahmeeinrichtungen, die geschlossen werden, freiwillig verlassen", heißt es in dem zweiseitigen Schreiben, das das Innenministerium verschickte und das dem Abendblatt vorliegt. "Den Flüchtlingen wurde das Geld mit dem Hinweis in die Hand gedrückt, dass sie nach Deutschland reisen sollten", heißt es dazu aus der Hamburger Innenbehörde. Möglich wurde die Einreise nach Deutschland auch durch die Ausstellung von Fremdenpässen und Aufenthaltstiteln durch die italienischen Behörden, die für das gesamte Schengengebiet gelten. Zu diesem gehören die europäischen Staaten, die keine Kontrollen mehr an den Binnengrenzen haben.

Maximal drei Monate können sich die Flüchtlinge laut Gesetz in Schengenländern außerhalb Italiens aufhalten. Viele der Flüchtlinge haben jedoch nicht vor, sich an diese Regel zu halten, so die Erkenntnisse der Behörden. Bei Kontrollen wurden Flüchtlinge aus Libyen angetroffen, die, so schreibt es das Innenministerium, "nach eigenen Angaben einen Daueraufenthalt und/oder die Aufnahme von Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen".

Rund 300 dieser Flüchtlinge sind nach Erkenntnissen von Hilfseinrichtungen bereits bis zu sechs Wochen in Hamburg. Dabei handle es sich oft gar nicht um Libyer, sondern um Wanderarbeiter aus Nigeria, Togo oder Ghana, die nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Libyen nach Europa flohen. Sie leben in Hamburg unter schwierigsten Bedingungen. Unter anderem hinter dem Bismarckdenkmal hausen zahlreiche der Flüchtlinge unter Bäumen oder auf Bänken. Ihnen stehen keine Sozialleistungen zur Verfügung. Bei Temperaturen unter zehn Grad und Dauerregen würden immer mehr Männer "ernsthaft krank", heißt es auf der Internetseite einer Hilfsorganisation.