Stadt will Gewächshäuser im Jenischpark in Othmarschen abbrechen. Jährliche Betriebskosten seien zu hoch. Anwohner empört.

Hamburg. Die Orchideen und Kamelien haben ausgeblüht, noch bevor der Frühling überhaupt begonnen hat: Denn die beliebten Gewächshäuser im Nordteil des Jenischparks sollen abgerissen werden.

Zwar ist noch nicht geklärt, wann genau die Bagger anrücken sollen, doch den Sommer werden die Pflanzen nicht mehr erleben. Jedenfalls definitiv nicht an diesem Ort. "Die Stadt muss sich bedauerlicherweise aus Kostengründen von den Gewächshäusern trennen", hat ein Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) dem Abendblatt bestätigt. Auf 25.000 Euro belaufen sich die jährlichen Betriebskosten für die Gewächshäuser. "Der Abriss ist politisch gewollt und vor Ort kommuniziert und abgestimmt." Einen Teil der Pflanzen übernehme der Botanische Garten in der Nähe. Was aus den übrigen werde, sei noch nicht geklärt.

"Das ist skandalös", schimpft Reinhard Crusius, Herausgeber des Buchs "Der Jenischpark". "Zuerst wollte ich gar nicht glauben, dass die Stadt einen solchen Frevel begehen will." Koautor Paul Ziegler, Mitstreiter im Verein "Freunde des Jenischparks", sagt: "Die Gewächshäuser sind ein Kleinod in dieser Parkanlage und ein Magnet für Familien." Man sei dabei, "ein grünes Stück Tradition" zu zerstören.

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Die Empörung vor Ort steigert sich noch durch eine skurrile Tatsache: Vor wenigen Jahren erst hatten die Bürger insgesamt 50 000 Euro für den Erhalt der Gewächshäuser gespendet. Initiator der Aktion: das Gartenbauamt. Das Geld werde nun vernichtet, sagen die Spender von einst. Dabei hatte es in einem Interessenbekundungsverfahren der Umweltbehörde noch 2009 geheißen: "Damit würde ein Stück Tradition verschwinden und der Jenischpark um eine Attraktion ärmer werden."

Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Der Umweltbehörde soll der Beschluss jedoch alles andere als leicht gefallen sein. "Die Geschichte mit den Gewächshäusern ist ein Drama", heißt es intern. Allerdings seien die laufenden Kosten, ein Großteil davon für die Wärmeversorgung, ob der angespannten Haushaltslage nicht mehr tragbar. Die Betriebskosten für die beiden zusammen 520 Quadratmeter großen Gewächshäuser belaufen sich auf 25 000 Euro jährlich - zuzüglich Personal. Einst waren vier Gärtner engagiert, derzeit sind eineinhalb Stellen bewilligt.

Hinzu kämen mehrere Hunderttausend Euro für die Sanierung der Gebäude. "Es müssten die gesamte Technik sowie Heizungsanlage, Belüftung, Verglasung und Bewässerung entsprechend heutiger energetischer Anforderungen erneuert werden", sagt Kerstin Godenschwege, Sprecherin des Bezirksamts Altona.

Die Betroffenheit vor Ort ist groß. "Es ist ein Jammer", sagt Sabine Benesch. Orangenbäumchen wachsen dort, Bananen, Papaya, seltene Kakteen - und die in der Fachwelt berühmte, vor Ort gezogene Orchidee Stanhopea Jenischiana . "Mir blutet das Herz", sagt die pensionierte Lehrerin Hilke Caumanns. "Die Gewächshäuser sind ein grüner Traum und eine Oase der Ruhe." Gemeinsam mit ihrem Ehemann sowie Enkel Louis ist sie Stammbesucherin. "Schade, dass jetzt voreilig abgerissen wird", meint Hanna Winkler aus der Nachbarschaft. "Warum wird nicht nach einem Konzept gesucht?" Vorbildliches Beispiel könnte Berlin mit der Königlichen Gartenakademie sein. Schließlich seien die Glasgebäude Teil der Parkgeschichte.

In der Tat wurde zwischen Baron-Voght-Straße und Hochrad bereits 1836 ein Palmenhaus errichtet. Buchautor Paul Ziegler präsentiert Postkarten und andere Erinnerungsstücke, auf denen das Palmenhaus in voller Pracht zu sehen ist - mit einer Kuppel und feinen Eisen- und Holzrippen. Nebenan lockten eine Rosenlaube sowie ein Laubengang zur Muße inmitten der Großstadt. Banausen aus der Verwaltung ließen das Palmenhaus zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953 abreißen und durch die heutigen Gewächshäuser ersetzen. Nun werden auch diese niedergewalzt.

Sicher ist immerhin die Nutzung der Häuser nebenan. Eine Stiftung wird dort bis Mitte kommenden Jahres insgesamt 2,5 Millionen Euro investieren und das Eduard-Bargheer-Museum in den Gebäuden des 2008 aufgelösten Gartenbauamts etablieren. Die Bauanträge sind eingereicht, die Vorverträge unterzeichnet. Den Plänen zufolge soll der Eingangsbereich der Gewächshäuser erhalten bleiben.

Parkkenner Reinhard Crusius hat noch einen Hauch Hoffnung: "Vielleicht gibt es im Rathaus einen klugen Kopf, der diese Schande im letzten Moment verhindert." Widerstandslos werde man den Abriss nicht hinnehmen.