Berlin. Ernährungsminister Schmidt fordert: Mindestens 20 Prozent der Mahlzeiten in Kantinen und von Caterern sollen aus Bio-Zutaten bestehen.

Zwölf Uhr mittags in Deutschland: Millionen Kinder essen in der Kita oder in der Schulmensa, zahllose Erwachsene brechen zum Mittagessen in die Kantine auf, Zehntausende Bewohner von Seniorenheimen sind auf dem Weg in den Speiseraum. Viele werden dort von Caterern beliefert – die oft mit wenig Geld gutes Essen liefern sollen. Weil das aber nur selten gelingt, sucht die Politik seit Jahren nach Lösungen, wie die Mahlzeiten in öffentlichen Einrichtungen frischer, gesünder und leckerer werden können. Ernährungsminister Christian Schmidt hat nun neue Standards für Caterer angekündigt. Zentrales Ziel: Mindestens 20 Prozent der Mahlzeiten sollen aus Bioprodukten bestehen.

„Die Qualität muss besser werden“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. Ein Baustein dafür sei es, die Ausschreibungsbedingungen für die Caterer zu überarbeiten. „Das hilft Kitas oder Schulen, aber auch sozialen Einrichtungen wie Seniorenheimen.“ Die neuen Standards sollen in Kürze vorgestellt werden, ein Schwerpunkt steht bereits fest: „Wir wollen den Bioanteil beim Essen in Gemeinschaftsverpflegungen anheben.“

Angebot an Bioessen ist nicht sehr groß

Bio-Produkte sind in vielen Kantinen noch unterrepräsentiert.
Bio-Produkte sind in vielen Kantinen noch unterrepräsentiert. © dpa | Fredrik von Erichsen

Schmidt sieht sich hier durch eine repräsentative Umfrage zum aktuellen Ökobarometer bestätigt: Das Angebot an Bioessen in deutschen Mensen und Kantinen ist demnach nicht sehr groß. Doch viele wünschen sich Bio-Produkte und wären sogar bereit, einen Aufpreis dafür zu bezahlen. „Mein Ziel ist, dass in Zukunft

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so Schmidt. Er könne das zwar nicht per Gesetz vorschreiben, „doch wir können die Standards setzen“. In den Kantinen des Landwirtschaftsministeriums sollen sogar 30 Prozent erreicht werden.

Von Schmidts Plänen würden mehrere Millionen Menschen profitieren: Mehr als zwei Millionen Kinder im Vorschulalter essen mittags in der Kita, hinzu kommt die wachsende Zahl der Schüler in Ganztagsschulen, die ihr Mittagessen in der Schulmensa bekommen. Bei den Erwachsenen in Beruf, Ausbildung oder Studium isst immerhin etwa jeder Vierte in Kantinen oder Mensen, wie das Ökobarometer 2017 zeigt, das von Schmidts Ministerium erstellt wurde und unserer Redaktion exklusiv vorliegt.

Viele würden für Bioessen auch mehr bezahlen

Biomahlzeiten gibt es in Mensen und Kantinen bislang selten: Nur 18 Prozent der befragten Kantinengänger können täglich mindestens ein Biogericht aus dem Speisenangebot auswählen. Die Nachfrage aber ist deutlich größer. Rund 30 Prozent würden bewusst Gerichte bevorzugen, die ganz oder teilweise mit Biolebensmitteln hergestellt werden. Weitere 20 Prozent würden Bio bei Gerichten mit bestimmten Lebensmitteln bevorzugen.

Knapp ebenso viele würden die Entscheidung für ein Gericht, das ganz oder teilweise mit Biolebensmitteln hergestellt wurde, vom Preis abhängig machen. Nur 30 Prozent geben an, Biogerichte nicht bewusst zu bevorzugen. Nahezu alle Befragten (96 Prozent), die gegenüber Biogerichten aufgeschlossen sind, würden auch mindestens 50 Cent Aufpreis für ein solches Gericht zahlen. Zwei Drittel würden einen Aufpreis von mindestens einem Euro akzeptieren. 14 Prozent würden für ein Biogericht im Vergleich zu einem konventionellen Gericht sogar mehr als zwei Euro bezahlen.

DGE fordert 15 Prozent Bioanteil beim Schulessen

Um die höheren Kosten für seine Bio-Offensive zu finanzieren,

„Gute Qualität gibt es nicht zum Nulltarif. Deshalb sollten wir darüber reden, dass Essen in Schul- und Kitakantinen zukünftig von der Mehrwertsteuer befreit wird“, so Schmidt. Sollte die Union nach der Bundestagswahl wieder an einer Regierungsbildung beteiligt sein, werde er sich in den Koalitionsverhandlungen dafür einsetzen.

Eine Regel der DGE lautet: Fünfmal täglich Obst und Gemüse essen.
Eine Regel der DGE lautet: Fünfmal täglich Obst und Gemüse essen. © dpa | Jens Büttner

Doch es geht nicht nur um mehr Bioprodukte. In vielen Einrichtungen geht es überhaupt erst einmal um die Einführung von Qualitätsstandards: Laut Schmidt gibt es in den meisten Bundesländern bislang keine verbindlichen Regeln für die Zusammensetzung der Mahlzeiten in Gemeinschaftsverpflegungen. Berlin gehört zu den Ausnahmen: Hier gelten die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), zusätzlich ist geregelt, dass der Bioanteil beim Schulessen mindestens bei 15 Prozent liegen muss.

Nur jede dritte Kita hält sich an DGE-Standards

In vielen anderen Bundesländern bieten die DGE-Standards zwar eine Orientierung, doch viele Träger von Kitas, Schulen oder Altenheimen wenden sie nicht konsequent an. In einer Untersuchung der DGE-Experten kam 2016 heraus: Nur jede dritte Kita hält sich an die Standards. Jede zweite Kita verfügte zum Zeitpunkt der Erhebung über gar kein Verpflegungskonzept.

In Kitas, die den DGE-Qualitätsstandard als Basis für ihre Verpflegung eingeführt hatten, sei der Speisenplan dagegen deutlich abwechslungsreicher geworden: Es kämen mehr frische Lebensmittel, mehr Bio-Produkte und mehr regionale Erzeugnisse zum Einsatz. Gemüse, Salate, Obst, fettarme Milchprodukte und Fisch stünden häufiger auf dem Tisch, Fleischwaren und süße Speisen hingegen seltener.

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