Ein Vater hat dem 58-jährigen Liebhaber seiner minderjährigen Tochter die Hoden abgeschnitten. Dieser verlangt nun Schmerzensgeld.

Bielefeld. In Bielefeld wird ein außergewöhnlicher Fall vor Gericht geklärt: Der Vater einer minderjährigen Tochter hat ihrem 58 Jahre alten Liebhaber aus Zorn die Hoden abgeschnitten. Zu Beginn des Prozesses hat dies der 48-jährige Vater gestanden. Gleichzeitig hat er dem Opfer aber vorgeworfen, die 17-Jährige sexuell genötigt zu haben. Seine Tochter erhob ebenfalls in einem Brief an die Staatsanwaltschaft Vorwürfe gegen ihren Ex-Geliebten. Der Vorwurf: Er habe sie sexuell genötigt und vergewaltigt. Dagegen weist der Entmannte die Vorwürfe zurück und verlangt Schmerzensgeld.

Bereits am 2. November 2010 hat der Angeklagte zusammen mit Komplizen den Liebhaber seiner Tochter in dessen Wohnung mit Handschellen und Klebeband gefesselt. Aus Wut habe er dann dem neunfachen Großvaters mit einem Messer oder Skalpell anschließend beide Hoden abgeschnitten. Der Vater ruft daraufhin seine Ehefrau an, die den Notarzt alarmieren soll. Das stark blutende, schwer verletzte Opfer überlebt.

Der Vater verrät nicht, wer seine Begleiter waren. Durch einen anonymen Anruf, so der Angeklagte, habe er von der Beziehung der Tochter erfahren. Die Tochter soll bereits seit Monaten mit dem Großvater einer Schulfreundin Sex haben. Der Mann ging zur Polizei, habe dort aber die Auskunft bekommen, die Beziehung sei nicht strafbar. Der Angeklagte sagte vor Gericht: "Ich fühlte mich im Stich gelassen. Ich war verzweifelt.“ Er habe Alkohol getrunken und Tabletten genommen. Dann sei er zu dem 58-Jährigen gefahren.

Dieser bestritt, jemals Gewalt gegen die 17-Jährige angewendet zu haben. "Zwischen uns, das war die große Liebe“, versicherte er vor Gericht. Er habe seine Frau, mit der er fünf Kinder hat, nach 36 Jahren Ehe verlassen. Seine Familie habe ihn verstoßen, ebenso wie seine mennonitische Gemeinde.

"Die Liebe war zu stark!“, beteuerte er. Es sei zum Sex gekommen. Die 17-Jährige sei nicht mehr Jungfrau gewesen, sagte der 58-jährige neunfache Großvater. Nach einem gescheiterten Versuch habe er sich die Potenzpille Viagra verschreiben lassen. Kurz vor der Tat, als der Vater von der Beziehung erfahren habe, habe seine junge Geliebte plötzlich Schluss gemacht.

Die Tochter selbst will in dem Prozess nicht aussagen. Die Staatsanwaltschaft hatte zeitweilige Ermittlungen gegen den 58-Jährigen wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung eingestellt. Nun traf am 22. März der Brief mit den Anschuldigungen bei der Staatsanwaltschaft ein. Eine Sozialarbeiterin aus der Schule der Tochter sagte aus, die Jugendliche habe nie über Zwang berichtet. Sie sei hin und her gerissen gewesen zwischen ihrem Geliebten und der Familie.

Das Strafgesetzbuch sieht eine Strafe von mindestens drei Jahren vor, wenn das Opfer die Zeugungsfähigkeit einbüßt und dies vom Täter auch so beabsichtigt war. Das Opfer sagte, er habe große Qualen erlitten. Er sei zeugungsunfähig und in therapeutischer Behandlung. Zudem müsse er bis an sein Lebensende künstliches Testosteron einnehmen. Als Nebenkläger verlangt er ein Schmerzensgeld von 150 000 Euro. Verteidigung und Nebenklage wollen nun über einen Täter-Opfer-Ausgleich verhandeln. Nebenklage-Anwalt Harald Schlüter sieht dafür Chancen: Der Täter habe die Tat gestanden, sich entschuldigt und nun einen Ausgleich angeboten. An diesem Freitag geht der Prozess weiter. (abendblatt.de/dpa)