Michael Uhrmann gewann die Qualifikation und hofft nun auf eine olympische Medaille. „Einige werden schauen, wie das der Uhrmann macht!“

Whistler/Vancouver. In der Qualifikation stand Michael Uhrmann am Freitag schon ganz oben, die Zeit ist reif für seinen ganz großen olympischen Moment. Vor vier Jahren fehlten dem besten deutschen Skispringer auf der Normalschanze winzige 25 Zentimeter zu Bronze, am Samstag (19.45 Uhr MEZ/live in der ARD) will er in der ersten Olympia-Entscheidung von Vancouver am liebsten als Überraschungsgast auf dem Podest landen.

„Das mit der Einzel-Medaille wird schwer, aber ist nicht unmöglich, wenn bei mir so richtig der Knopf aufgeht. Ich bin total relaxt“, sagt Uhrmann. In der Qualifikation staunten die Experten nicht schlecht, als der 31-Jährige mit 106 Metern souverän auf Platz eins flog. Von den vorqualifizierten Springern flog mit allerdings verkürztem Anlauf nur Gregor Schlierenzauer (Österreich) einen Meter weiter.

„Einige der Überflieger werden noch schauen, wie das der Uhrmann macht“, sagte Uhrmann mit einem Grinsen. Und auch Bundestrainer Werner Schuster hält ihn genau wie Martin Schmitt für „einen, der für eine richtige Überraschung sorgen kann: Er schwimmt auf einer Welle.“

Uhrmann hat keinen Druck. Er muss nicht unbedingt aufs Podest, denn das olympische Team-Gold von 2002 kann ihm niemand mehr nehmen. Aber Uhrmann möchte gern, schließlich hat er sich einen großen Einzelerfolg längst verdient. Da ist zum einen der unglückliche vierte Platz von Turin, „den ich nie vergessen werde“, zum anderen sein Unglück bei der WM 2007 in Sapporo.

Damals war er als Goldanwärter angereist, doch bei einem schweren Trainings-Sturz brach er sich den Mittelfuß. Psychologen sollten ihn schon auf das Ende seiner Karriere vorbereiten, doch Uhrmann kam wieder zurück und ist jetzt pünktlich zu Olympia so gut in Form wie lange nicht mehr: „Ich habe es ja hier leicht. Ich habe Olympia-Gold im Team schon und muss nicht unbedingt danach gieren. Aber eine Medaille möchte ich schon, damit ich mein letztes Olympia mit einem guten Gefühl verlassen kann.“

Wohl jeder im Skisprung-Zirkus würde ihm diesen Erfolg gönnen, denn Uhrmann ist einer, der seinen Sport ernst, aber nicht zu ernst nimmt. Der verheiratete Vater der kleinen Töchter Leni und Emily liebt seine Familie mindestens genauso wie das Fliegen. „Meine Kleine ist erst gute drei Monate alt, deshalb fliegt keiner von der Familie rüber, um mich zu unterstützen. Deshalb wird es umso schöner sein, wenn ich dann nach so langer Zeit zu meinen Frauen zurückkomme.“

Wegen seiner Liebsten will Uhrmann erst nach der Saison entscheiden, ob er noch einen Winter als Skispringer dranhängt. „Das Springen muss mir noch Spaß machen“, sagt er: „Und momentan macht es sehr viel Spaß.“