Eine Karawane mit Beduinen und Dromedaren durch die Sahara - einzigartiges Abenteuer in der Weite und Ruhe abseits jeglicher Zivilisation

Wer die Wüste nicht kennt", so sagt ein arabisches Sprichwort "und ihren Atem nie gespürt hat, wird ein Leben lang erfüllt sein von Sehnsucht."

"Chrrr, Chrrr, Chrrr", der kehlige Laut ist der Befehl zum Hinlegen. Gehorsam knickt Lazrag "das Küchendromedar" in den Knien ein und lässt sich in den Sand fallen. Zied belädt es mit Vorratstaschen, verschnürt Wasserkanister, Töpfe und Geschirr. "Baraka" ist noch nicht in Arbeitsstimmung. Als Ali das Zelt auf seinen Rücken laden will, reißt der Hengst wütend sein Maul auf und schlägt mit dem Kopf hin und her. Nachdem er seinem Unmut Luft gemacht hat, gestattet er Ali schließlich doch, die Ladung festzuzurren. Meckern so scheint, gehört zum Handwerk. Dann geht es los: "Nimschu!" lautet das Kommando zum Aufbruch.

Bis zum Horizont erstreckt sich "das Meer ohne Wasser", wie die Nomaden ihre Wüste nennen. Und wie seit Jahrhunderten durchqueren sie dieses sandige Meer mit ihren "Wüstenschiffen". Im Süden Tunesiens, etwa 30 Kilometer entfernt von Douz, liegt die kleine Oase Sabria am Rande der Sahara. Von hier aus startet die Tour durch den Grand Erg Oriental. Sieben Gäste, vier Beduinen und zwölf Dromedare zählt die stolze Karawane, die an diesem Morgen zur Wüstenreise aufbricht. Mit festem Schritt führen Ali, Zied, Bahari und Abdullah ihre aneinandergebundenen Dromedare an der Leine hinter sich her. Auch die Gäste machen sich erst einmal zu Fuß auf den Weg und stapfen neben den Beduinen her. Mit Händen und Füßen überwindet man die Sprachbarriere. Jeder erzählt von seinem Leben. "Hamdoualah" - Gott sei dank - ist die Familie gesund, gibt es genug zu Essen. Die Beduinen sind bescheiden.

Obwohl sich ihr Leben im Zuge der Technisierung verändert hat, zieht es das Nomadenvolk noch immer in die Wüste. Viele Wochen im Jahr verbringen im "Meer ohne Wasser". Um das Vieh in den wenigen fruchtbaren Wüstentälern weiden zu lassen, Holz zu sammeln und weil die Wüste eben ihre Heimat ist.

"Nur hier in der Wüste bin ich frei", erzählt Abdullah. Er läuft auf eine Düne, holt mit den Armen Schwung - und macht einen Purzelbaum. Die gute Laune steckt an: Unvermittelt springt Zied auf ein Dromedar und dreht auf dem schaukelnden Tier eine Runde um die Gruppe. Applaus!

Auch Catharina Aanderud klatscht. Die Hamburgerin begleitet die Gruppe als Dolmetscherin und Veranstalterin. 2007 zog sie zum ersten Mal durch die Wüste und fand, was ihr fehlte: Weite und Ruhe abseits der Zivilisation. Fasziniert vom Leben der Beduinen kehrte sie zurück nach Hamburg. Sie begeisterte Freunde und Bekannte für die Sahara- Abenteuer organisiert mittlerweile kleine Reisegruppen. Seit 2009 bietet sie mit einem tunesischen Partner vor Ort Wüstenreisen an.

Immer tiefer marschiert die Karawane in die Einsamkeit. Der Sand schluckt jegliche Geräusche, beinahe lautlos schaukeln die Dromedare mit majestätisch wiegendem Gang durchs Sandmeer, und bei jedem Schritt versinkt der Fuß bis zum Knöchel. Zied, Bahar, Abdullah und Ali stapfen unermüdlich weiter. Die Wanderer aus Europa hingegen bekommen in der Mittagssonne schwere Füße. Jetzt wird es Zeit, die Dromedare zu besteigen.

"Chrrr, Chrrr, Chrrr" - Dromedar "Kaspar" legt sich in den heißen Sand. Das Erklimmen erfordert Klettergeschick, der aufgepolsterte Reitsitz ist nicht einfach zu besteigen. Noch schwieriger ist es, die Balance zu halten, während sich das Dromedar erhebt. Zuerst stellt es seine Hinterbeine auf, sodass man fast über den Hals fliegt. Dann stützt sich das große Tier auf die Vorderbeine und steht mit einem Ruck auf allen Vieren. Gut gegangen!

Stundenlang schwanken die Wüstenschiffe durch den goldgelben Sand. Der Wiegeschritt versetzt in eine Art Trance. Entfernung und Zeit verlieren an Bedeutung, bis abrupt Zieds warnender Ruf erklingt: "Tenir bien!" - gut festhalten. Haushohe Dünen türmen sich auf. Kein Problem für die Dromedare, aber doch für die Reiter. Vor allem, als es bergab geht. Die Beduinen stürzen sich mit den Dromedaren den steilen Hang herunter in die Tiefe. Achterbahn im Wüstensand.

Am späten Nachmittag schweifen die Blicke der Beduinen suchend in die Ferne. Es wird Zeit, einen Platz für die Nacht zu suchen, denn vor dem plötzlichen Einbruch der Dunkelheit muss das Zelt stehen. Endlich ist eine geeignete Stelle gefunden. Die Beduinen errichten das Lager. Und bald schon lockt der Schein lodernder Flammen ans Feuer. In einem riesigen Topf brodelt Couscous. Rund um das Feuer haben die Beduinen Vorratssäcke, Decken und Dromedarsättel als "Sitzecke" aufgebaut. Der Duft des nordafrikanischen Nationalgerichtes vermischt sich mit dem Rauch zum Geruch von Abenteuer und Freiheit. Manchmal knirscht es ein wenig beim Essen - ein paar Sandkörner verirren sich immer zwischen Kichererbsen und Lammfleisch. Niemand kümmert es. Ali, Bahari, Zied und Abdullah trinken "extrastarken Männertee" und erzählen lachend Geschichten. So müssen sie entstanden sein die Märchen zu 1001 Nacht. Später greift Ali zur Trommel. Gemeinsam singen die Beduinen jene Lieder, die schon ihre Vorfahren in der Wüste anstimmten.

Die Füße haben sich erholt, aber die Augenlider werden schwer. Zeit zur Nachtruhe. Das Zelt dient nur noch zum Umziehen. Wie die Beduinen suchen sich auch die Gäste ihren Platz zum Schlafen unter freiem Himmel, denn keiner möchte auf den Anblick des Sternenhimmels verzichten. Dann gibt es nur noch Stille und schwarzen Himmel, an dem 1001 Sterne strahlen.

Wandern, reiten, rasten - fernab vom Rest der Welt folgen so die Tage dem Rhythmus der Nomaden. Bis die Dromedare zum letzten Mal beladen werden. Die Erinnerung an die Tage mit den Beduinen bleibt. "Hamdoualah!"

Quelle: www.individuelle-wue s tenreisen.de