Glinde. Immer weniger Ärzte vor Ort, weite Wege bis zur nächsten Praxis, lange Wartezeiten und keine freie Arztwahl - Mediziner sehen die Gesundheitsversorgung im Raum Glinde, Oststeinbek, Barsbüttel, Reinbek und Neuschönningstedt in Gefahr.

"Schon jetzt fehlt es uns an Nachwuchs. Praxen können nicht neu besetzt werden", sagt Dr. Wolfgang Seebach. Schuld daran sei die Gesundheitsreform, so der Frauenarzt in Glinde. Er ist Mitglied im Praxisring Südstormarn, einer Vereinigung aus 53 Ärzten und Psychotherapeuten.

Seit seiner Approbation vor 35 Jahren habe er schon viele Reformen im Gesundheitswesen mitgemacht, doch die derzeitige sei besonders bedrohlich, ist der 64-Jährige überzeugt. "Da werden dramatische Sparmaßnahmen angeordnet, ohne die Qualität zu verbessern." Angehende Mediziner schrecke dieser Trend ab. Mehr und mehr junge Menschen wechselten nach dem Studium in die Pharmaindustrie oder wanderten ins Ausland ab, weil eine eigene Praxis in Deutschland derzeit kaum bezahlbar sei. Dadurch konzentriere sich die medizinische Versorgung in bestimmten Zentren zunehmend. Hier allerdings würden Ärzte ihre Patienten kaum noch beim Namen kennen. "Dabei ist der persönliche Kontakt und das Wissen, dass ich mich auf meinen Arzt verlassen kann, für Menschen in einer Gesellschaft, die immer älter wird, sehr wichtig." Sich Zeit zu nehmen für die Diagnose, darauf hat Dr. Wolfgang Seebach immer Wert gelegt. Im Leistungskatalog der Krankenkassen aber komme ein Beratungsgespräch nicht mehr vor. Doch nicht die finanzielle Not bereitet ihm und seinen Kollegen Kopfschmerzen, sondern die geringe Wertschätzung ihrer Arbeit und die Vorwürfe der Patienten, dass sie sich keine Zeit für sie nehmen. "Das geht vielen an die Substanz", weiß Dr. Seebach. Er selbst sitzt zwölf bis 14 Stunden in seiner Praxis.

Über diesen negativen Trend will die Ärzteschaft nicht länger Stillschweigen bewahren. Auf einer Forumsveranstaltung am kommenden Donnerstag, 25. Juni, ab 19.30 Uhr will sie die informieren, die am meisten von den Auswirkungen der Gesundheitsreform betroffen sind - die Patienten. Zur Einführung wird der stellvertretende Vorsitzende der Schleswig-Holsteinischen Ärztegenossenschaft, Dr. Svante Gehring, auf die Probleme der Gesundheitsreform in einem Vortrag eingehen. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, mit Politikern, Ärzten und Vertretern von Krankenkassen zu diskutieren. Bisher haben nur Politiker einer Partei, ihre Gesprächsbereitschaft zugesagt. "Als Ärzte ist es unsere Pflicht, den Patienten deutlich zu machen: Die Lage ernst ist. Gemeinsam aber können wir für den Erhalt einer ambulanten Versorgung kämpfen", sagt Dr. Seebach.