Das Abendblatt stellt Stormarner und ihre Berufe vor. Heute: Anja Bieberneit aus Ahrensburg, Zustellerin bei der Deutschen Post.

Ahrensburg. Der Himmel ist strahlend blau, nur wenige Wolken sind zu sehen. Perfektes Wetter für eine Postbotin, auch wenn die Temperaturen wieder um ein paar Grad gefallen sind. Doch kälteempfindlich ist Anja Bieberneit sowieso nicht, Handschuhe trägt sie selten. "Nur wenn es im Winter extrem kalt ist, ziehe ich auf dem Weg vom Amt zu meiner Tour welche über", sagt die Zustellerin. Mit dem "Amt" meint sie den Zustellstützpunkt in der Kurt-Fischer-Straße. Dort beginnt für die Ahrensburgerin der Arbeitstag.

6.45 Uhr: Im Zustellstützpunkt Post sortieren und Kleidung aussuchen

In der großen Halle herrscht rege Geschäftigkeit. Rund 120 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, die Post für 65 Zustellbezirke in Ahrensburg und Umgebung wird hier sortiert. Früh am Morgen kommt die Post aus dem Briefzentrum in Hamburg Altona hierher.

Anja Bieberneit ist bereits eine Viertelstunde vor Schichtbeginn hier. Sie sortiert die Sendungen, die sie heute im Laufe ihrer Tour an 1040 Haushalte ausliefern wird. In der Halle ist für jeden Zusteller mit Regalen ein kleiner Raum abgetrennt, in dem die Tour vorbereitet wird. Auf Kleiderbügeln hängen blau-gelbe Jacken mit Namensschildern.

Die Post, die nicht im ersten Schwung auf ihr Fahrrad passt, legt Anja Bieberneit in gelbe Kisten, die mit einem Schild versehen sind. Mit dem Auto werden Mitarbeiter diese in die Stadt bringen und in den grauen Kästen auf Anja Bieberneits Tour bereitstellen. Auf den Schildern steht, welche Kiste wo abgestellt werden soll, damit die Zustellerin die Post später abholen kann.

Mit ihrer Kollegin bespricht sich Anja Bieberneit, bevor es losgehen soll: Wie kalt ist es? Hält sich das Wetter? Wird es später regnen? Welche Kleidung soll man am besten tragen? Nach längerer Diskussion entscheidet die 38- Jährige sich für eine Fleecejacke, über die sie eine Regenjacke zieht. Die Regenhose steckt Anja Bieberneit ein.

8.45 Uhr: Das Fahrrad beladen und eine Zigarettenpause einlegen

Nach zwei Stunden Arbeit ist die Post fertig sortiert. Langsam leert sich der Zustellstützpunkt. 95 Prozent der Briefe, die Anja Bieberneit heute austrägt, wurden am Tag zuvor aufgegeben.

Mit drei gelben Kisten belädt die Zustellerin ihr Postfahrrad. "Da muss man schon mit etwa 40 Kilogramm Gewicht rechnen", sagt sie. Elektroräder fahren nur die Kollegen, die für Großhansdorf oder den Stadtteil Hagen zuständig sind. "Die haben die weitesten Wege." Aber solange das Wetter schön bleibe, sei das normale Rad für sie okay. "Gerade im Winter kann es aber auch manchmal anstrengend sein."

Bevor es tatsächlich losgeht, zündet Anja Bieberneit sich noch schnell eine Zigarette an. Eine Frühstückspause macht sie nicht. "Während meiner Tour esse ich zwischendurch ein paar Brote", erzählt die Zustellerin. "Warm gegessen wird bei uns erst abends, wenn auch mein Freund von der Arbeit nach Hause kommt."

9 Uhr: Von der Kurt-Fischer-Straße geht es los in Richtung Innenstadt

Anja Bieberneits Tour trägt die Nummer zwölf und seit zwölf Jahren ist die 38-Jährige auch für sie zuständig. "Allerdings ändert sich immer wieder mal, welche Straßen in mein Gebiet fallen", sagt die Ahrensburgerin. Nur die Adolfstraße und die Bahnhofstraße seien von Anfang dabei gewesen.

Mit dem voll beladenen Rad fährt sie los in Richtung Innenstadt, am CCA verteilt sie die ersten Sendungen. Ein Computerprogramm erstellt die Route, die Postboten ändern diese aber zum Teil ab, wenn es ihnen sinnvoller erscheint. "Der Rathausplatz war auf meiner Tour zuerst ganz am Schluss vorgesehen. Das geht einfach nicht, denn dort sitzen viele Anwälte und Notare, die ihre Post schnell brauchen", sagt Anja Bieberneit. "Solche Dinge wissen wir Zusteller einfach am besten."

Die Tour geht weiter durch die Klaus-Groth-Straße, Anja Bieberneit verteilt Briefe, Postkarten, Warensendungen. Bekommt ein Kunde ein Einschreiben, klingelt sie an der Haustür, lässt sich eine Unterschrift geben.

Dass bei der Arbeit stets das Briefgeheimnis gewahrt werden muss, versteht sich von selbst. "Ich habe schon zu Beginn meiner Ausbildung ein entsprechendes Dokument unterschrieben", sagt die 38-Jährige, die seit 20 Jahren bei der Post arbeitet. "Mein Vater war 40 Jahre lang als Zusteller tätig, so kam ich auf die Idee", sagt sie.

Sobald Anja Bieberneit in die Adolfstraße einbiegt, wird es ruhiger. "Ich stelle gern in solchen Nebenstraßen zu, das ist angenehm" sagt sie. Die Arbeit am Rathausplatz gefalle ihr dagegen zurzeit weniger. "Ich muss immer mit dem Rad um die Baustelle herumfahren. Außerdem ist es auch stressig, wenn Wochenmarkt ist."

10.10 Uhr: Die vorausgeschickte Post aus dem Ablagekasten holen

An der Ecke Klaus-Groth-Straße/ Wulfsdorfer Weg holt Anja Bieberneit Nachschub. In einem grauen Kasten wartet eine der Kisten, die sie am Morgen mit dem Auto auf den Weg geschickt hat. Fünfmal wird sie an diesem Tag ihr Fahrrad mit Post auffüllen. "Kunden denken oft, ich hätte bald Feierabend, wenn sie mich sehen und ich nur noch wenig Post dabei habe", erzählt sie. "Meistens bin ich aber gerade auf dem Weg zum nächsten Ablagekasten." Diesen öffnet die Zustellerin mit einem der Schlüssel, die sie an einem großen Bund bei sich trägt. Für einige Häuser, in denen mehrere Parteien leben, hat sie einen Schlüssel. So kommt sie an die Briefkästen im Flur ohne klingeln zu müssen.

Weiter geht es zurück in Richtung Innenstadt. In die Geschäfte rund um den Rathausplatz geht sie hinein und gibt die Post persönlich ab. "Oft werde ich auf einen Kaffee eingeladen, aber ich finde es schwer, wieder hochzukommen, wenn ich einmal sitze", sagt sie. Deshalb lehnt sie meist dankend ab. Während meiner Tour bin ich mein eigener Chef, das gefällt mir an meinem Beruf", erzählt die 38-Jährige.

11.15 Uhr: Post in der Bahnhofstraße zustellen und Hund füttern

In der Bahnhofstraße stehen viele Häuser mit mehreren Parteien. Bis zu 20 Briefkästen hängen nebeneinander, auf die Namensschilder muss Anja Bieberneit nicht gucken, sie weiß aus dem Kopf, welche Post wohin gehört.

Auf dem Weg zur Richard-Dehmel-Straße und zum Mittelweg, den letzten Stationen ihrer Tour, fährt die Zustellerin noch die andere Hälfte der Adolfstraße ab. Eine Frau kommt ihr mit ihrem Hund entgegen, um die Post abzunehmen. Der Hund freut sich, die Zustellerin zu sehen und wartet geduldig, bis Anja Bieberneit aus der Kiste auf ihrem Gepäckträger Leckerlis geholt hat. "Auf meiner Tour gibt es fast nur liebe Hunde, da habe ich keine Probleme. Wenn die Kunden wissen, dass ihre Hunde aggressiv werden könnten, halten sie sie normalerweise sowieso im Haus." Das funktioniert allerdings nicht immer: Erst vor wenigen Monaten wurde die Postbotin gebissen. Da Zusteller immer wieder Probleme mit Hunden haben, gehört es mittlerweile teilweise zur Ausbildung, den richtigen Umgang mit den Tieren zu erlernen.

14 Uhr: Tour beenden und Nachbereitung im Zustellstützpunkt

Um 14 Uhr ist die Post verteilt. "Heute bin ich gut in der Zeit", sagt Anja Bieberneit. Zurück im Amt hat sie noch die Büroarbeit vor sich: Nachsendeanträge müssen bearbeitet und Einschreiben gescannt werden. "Ich dokumentiere, ob die Einschreiben zugestellt wurden oder ob ich den Empfänger benachrichtigt habe", erläutert sie.

Um 15.15 Uhr hat die Zustellerin heute Feierabend. Nach Hause zu ihrem Freund und ihrer Tochter fährt Anja Bieberneit mit dem Auto, denn: "Privat besitze ich gar kein Fahrrad."

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