Das Kunsthaus Stade zeigt das Frühwerk von Horst Janssen bis zum 8. Mai

Stade. Für die, die ihn mochten, war er ein begnadet scharfer Beobachter, ein Mann, der ein recht gutes Verhältnis zu privaten Kunstsammlern pflegte. Seine Feinde nannten ihn einen Trunkenbold oder schimpften ihn einen alten Rüpel, einen Mann mit einem kuriosen Verhältnis zu Frauen - immerhin waren 13 Frauen zeitweise mit ihm liiert und drei von ihnen mit ihm verheiratet. An der Person Horst Janssen haben sich die Geister geschieden. An seinem künstlerischem Beitrag besteht aber kein Zweifel. Der 1995 verstorbene Maler zählte schon Zeit seines Lebens zu den bedeutenden Künstlern des 20. Jahrhunderts. Von Dienstag, 25. Januar, an, zeigt das Kunsthaus Stade 130 Werke aus der frühen Schaffensphase des norddeutschen Künstlers. Etwa 20 von ihnen werden erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt.

Horst Janssen wuchs in Oldenburg als nichtehelicher Sohn von Martha Janssen bei seinem Großvater auf. Seinen Vater hat Janssen nie kennengelernt. Als der Großvater 1939 starb, wurde Janssen Halbwaise und 1942 als Schüler in einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt im Emsland untergebracht. Dort wurde seine künstlerische Begabung vom Zeichenlehrer Hans Wienhausen erkannt und gefördert. Im Januar 1943 starb Janssens Mutter, der Junge wurde dann von seiner Tante Anna Janssen adoptiert.

1945 zog Horst Janssen nach Hamburg zu seiner Tante, die er später in seinem Werk verewigte. Sie finanzierte sein Studium an der Landeskunstschule, das er 1946 mit nur 16 Jahren begann. Der Meisterschüler Alfred Mahlau förderte ihn, schon bald wurden die ersten Aufträge für den noch jungen Maler und Grafiker erteilt. Die Kunstschule verließ er 1952 ohne Abschluss - er brauchte ihn nicht, denn nun folgte ein steiler Aufstieg. Er erhielt 1964 den Kunstpreis der Stadt Darmstadt und 1965 gemeinsam mit Paul Wunderlich den Edwin-Scharff-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg. Als weitere Auszeichnungen folgten 1968 der Große Preis der Biennale Venedig, der ihm zu internationalem Ruhm verhalf. Weitere Preise und internationale Ausstellungen folgten. Den Schiller-Preis der Stadt Mannheim erhielt er 1975, die Biermann-Ratjen-Medaille der Stadt Hamburg 1978. 1992 verlieh die Stadt Oldenburg dem Künstler die Ehrenbürgerwürde. Eine ihm angebotene Professur lehnte er aber kategorisch ab.

Das Kunsthaus Stade hat für die aktuelle Ausstellung den Fokus auf das Frühwerk Janssens gelegt, die Zeit von 1945 bis etwa 1960. "In dieser Zeit war Janssen noch mit viel Humor bei der Arbeit, er experimentierte viel", sagt Regina Wetjen vom Kunsthaus. Seine ersten Eindrücke in Hamburg, der Hafen, Hagenbecks Tierpark, der Wiederaufbau der zerstörten Stadt, dies alles inspirierte ihn und wurde in Drucken, Grafiken und Aquarellen verewigt. Dabei hatte er auch immer die Augen offen für die Ideen anderer Künstler. Er sog die Kunstgeschichte begierlich auf und so verwundert es auch nicht, dass Janssens Frühwerk gewisse Anlehnungen an Picasso, Degas, Breugel oder Otto Dix aufzeigt. Doch Janssen kopiert die Stile nicht, er adaptiert sie und erforscht, wie weit er für sich mit der Adaption und Mischung von Kunststilen gehen darf.

Dass auch viele bisher nicht öffentlich gezeigte Bilder in Stade gezeigt werden, ist durchaus ein Zufall. Der Stader Archäologe und Kunstkenner Andreas Schäfer hatte vor etwa einem Jahr die Idee, eine Janssen-Foto-Ausstellung zu organisieren. Als er mit Dierk Lemke vom Altonaer Verlag St. Gertrude zusammenkam, um das Projekt zu besprechen, fielen seine Blicke auf einige Frühwerke Janssens. "Da war ich begeistert und wollte lieber das Frühwerk weiter verfolgen, auch weil es noch wenig beleuchtet wurde", sagt Schäfer. Lemke stimmte zu und eröffnete Kontakte zu privaten Sammlern, die dann ihre Schatzkammern öffneten. Auch die Stadt Stade, der Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden sowie die Wohnstätte Stade waren sofort bereit, diese Ausstellung mit zu unterstützen.

"Janssen war vor allem ein Mensch mit unglaublich wacher, kritischer Intelligenz. Leider kursierte in der Öffentlichkeit das Bild des versoffenen Genies", sagte einst Uwe Schneede von der Hamburger Kunsthalle über den brillanten Zeichner. Vielleicht hilft die Stader Ausstellung, die bis zum 8. Mai besichtigt werden kann, dieses einseitige Bild etwas geradezurücken.

Zur Ausstellung ist der Katalog "Die Suche. Horst Janssen - Das Frühwerk" vom St. Gertrude Verlag erschienen. Der Katalog mit 144 Seiten ist für 24 Euro im Kunsthaus Stade, Wasser West 7, erhältlich.