Die Maschine wird bis Ende Juni zusammengesetzt und beginnt dann mit den Arbeiten für den Röntgen-Laser

Schenefeld. Der Bohrer ist da, das Riesenpuzzle auf der Baustelle für den European XFEL-Röntgen-Laser kann beginnen. Mit zwei nächtlichen Transporten wurden die sechs Einzelteile der riesigen Tunnelfräse mit Tiefladern auf die Baustelle des künftigen internationalen Forschungszentrums gebracht. Jetzt sollen dort bis Ende Juni die Teile zusammengebaut werden.

Die Fahrten vom Hamburger Hafen zur Holzkoppel nach Schenefeld gingen mühelos und ohne größere Hindernisse über die Bühne. Vor allem, als das 320 Tonnen schwere Schneidrad transportiert wurde, bewies der Fahrer des Spezialtransporters fast schon Rennfahrer-Qualitäten. "Schon nach 50 Minuten war das Gerät am Ziel", sagt XFEL-Sprecherin Petra Folkerts beim Besichtigungstermin der Teile auf der weitläufigen Baustelle.

Rund 800 Meter vom Eingang Holzkoppel entfernt befindet sich der Startschacht in einer 17 Meter tiefen offenen Baugrube, die mit Stahlbeton ausgekleidet wurde, damit kein Grundwasser eindringen kann. Hier soll in den nächsten Wochen das kreisrunde Schneidrad-Gebiss direkt vor dem Eingangssegment per Kran abgesenkt und mit einigen schon vorhandenen Modulen des Tunnelbohrers zusammengefügt werden.

Noch hängt der Trumm mit dem Durchmesser von 6,17 Metern am Haken. Auf der Sohle liegen schon der Schneidschuss und der Schildschwanz. Dazwischen kommt demnächst der ebenfalls schon angelieferte Mittelschuss. Desy-Ingenieur StephanWißler, der für die Bauüberwachung auf der XFEL-Baustelle zuständig ist, hat diesen Fachjargon des Tunnelbohrer-Fabrikanten Herrenknecht für die einzelnen Elemente längst übernommen. Vereinfacht gesagt, schließt sich nach der Montage dem Schneidrad ein Antriebsmodul an, das wiederum die so genannten Nachläufer hinter sich her zieht. Betrieben wird der Tunnelbohrer elektrisch. "Verbrennungsmotoren wären schlecht. Schon wegen der Abgase", sagt Wißler.

Über die Nachläufer werden auch die einzelnen Tunnelsegmente, sogenannte Tübbings, in die ausgebohrte Röhre gesetzt. Die Stücke passen wasserdicht zusammen und werden mit einem konischen Endstück verkeilt. Wasserdicht deshalb, weil der Tunnel größtenteils durch Grundwasser verläuft. Ein Ausdehnungsgerät drückt anschließend die Tunnelstücke auseinander, bis alles passt und sitzt. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Erst einmal wird das Schneidrad wieder sanft abgesetzt, bis in ein paar Tagen die Montage beginnt.

Die Schildvortriebsmaschine gleicht in der Funktion jenem gefräßigen "Maulwurf", der unter der Bezeichnung Trude (Tief runter unter die Elbe) in Hamburg die vierte Elbtunnelröhre buddelte. Trudes kleine Schenefelder Schwester entspricht im Format den auch für den Bau der Hafen-City-U-Bahn verwendeten Schildvortriebsmaschinen, die ebenfalls von der Firma Herrenknecht gefertigt wurden.

Anfang Juli geht der Bohrwurm auf Tour. Erst fräst die Maschine die beiden Verflechtungstunnel nacheinander durch das Erdreich. Am Ende der ersten Röhre muss der Bohrer wieder ausgebuddelt und zum Startschacht für die zweite Verflechtungsröhre transportiert werden.

Ein Zurück gibt es nicht, weil dort dann ja bereits die fertigen, etwas engeren Tunnelwände gesetzt sind. Nach Fertigstellung der beiden Verflechtungstunnel wird der Haupttunnel in Richtung Desy-Zentrale in Hamburg Bahrenfeld gebohrt.

Im September kommt ein zweiter kleiner Bohrwurm nach Schenefeld. Der wird die fünf Fächertunnel herstellen. Dabei handelt es sich um Abzweigungen, die in das künftige unterirdische Forschungszentrum einmünden werden. Insgesamt ist das Tunnelsystem mit allen Abschnitten 5,8 Kilometer lang.

Im Sommer 2014 soll die Experimentieranlage für superschnelle Röntgenblitze und Forschung im Nanogrammbereich (Milliardstel Gramm) so weit sein, dass das System hochgefahren werden kann. Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten werden allerdings voraussichtlich erst 2015 beginnen. Die Kosten für das multinationale Projekt belaufen sich auf ein Milliarde Euro.