Die Direktkandidaten des Wahlkreises Segeberg-West nehmen Stellung zu den wichtigsten Politikfeldern für die kommende Landtagswahl.

Zu den wichtigen Politikfeldern in Schleswig-Holstein nehmen die sechs Direktkandidaten für die Landtagswahl Stellung. Es geht um Koalitionen, um den demografischen Wandel, die Erweiterung von Dodenhof, das Für und Wider von Biogasanlagen und die Zukunft der Schulen im Lande. Die Kandidaten hatten eine enge Vorgabe von der Redaktion bekommen - kurze Antworten auf wichtige Fragen.

+++CDU und SPD liegen Kopf an Kopf+++

+++Hamburgs Nachbarn entscheiden die Landtagswahl+++

Die Kandidaten im Wahlkreis 26: Segeberg-West

CDU: Volker Dornquast, 60, war fast 21 Jahre Bürgermeister in Henstedt-Ulzburg, ehe der ehemalige Verwaltungsjurist 2009 zum Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Innenministerium ernannt wurde. Der Henstedt-Ulzburger versucht erstmals, in den Landtag einzuziehen.

SPD: Stefan Weber, 49, arbeitet seit 25 Jahren als Angestellter im öffentlichen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg beim Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung. Dort leitet er die Jugendhilfeabteilung West. Seit 2008 ist Weber ehrenamtlicher Bürgermeister in Sievershütten.

FDP: Katharina Loedige, 50, aus Kaltenkirchen ist seit 2009 Landtagsabgeordnete. Sie ist parlamentarische Geschäftsführerin und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Vor dem Einzug in den Landtag war sie Bürovorsteherin in einer Anwaltskanzlei. Loedige ist Kreisvorsitzende der FDP.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Peter Strübing, 60, war vor 26 Jahren Gründungsmitglied des Ortsverbandes Bündnis 90/Die Grünen in Bad Bramstedt und ist seit acht Jahren Stadtverordneter seiner Partei in Bad Bramstedt. Als Diplom-Sozialpädagoge setzt er seine Schwerpunkte in der Sozial- und Bildungspolitik.

DIE LINKE: Heinz-Michael Kittler, 66, aus Kattendorf trat 1983 in die Alternative Liste in Hamburg ein, wurde zum Abgeordneten der Bezirksversammlung Wandsbek gewählt und war dort Vorsitzender der GAL-Fraktion. Der Rentner war Arbeitsvermittler bei der Agentur für Arbeit in Kaltenkirchen.

PIRATENPARTEI: Kevin Hasenkamp, 40, aus Henstedt-Ulzburg ist Ende vergangenen Jahres in die Piratenpartei eingetreten und dort gleich aktiv geworden. Er hat Betriebswirtschaft studiert und arbeitet zur Zeit als Account-Manager im IT-Bereich. Politische Ämter hat er bisher noch nicht bekleidet.

Die Fragen an die Kandidaten:

Wie stehen Sie zur Dodenhof-Erweiterung?

CDU: Dodenhof ist ein etabliertes, sehr gutes Möbel- und Modeeinkaufszentrum mit einem reichhaltigen Angebot. Der Antrag der Inhaber auf erneute Erweiterung der Verkaufsfläche und der Sortimente ist legitim. Das Land hat die Aufgabe, diesen Antrag auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Innenminister Klaus Schlie hat bei seinem durch mich veranlassten Besuch ein solches ordnungsgemäßes Verfahren zugesagt.

SPD: Die Firma Dodenhof ist aus Kaltenkirchen nicht mehr wegzudenken und hat gezeigt, dass sie als Unternehmen sich weiter in unser Region einbringen will. Ich sage ganz klar ja zu einer Erweiterung des Familienunternehmens. Eine Erweiterung stärkt die Wirtschaftskraft. Dodenhof zieht Käufer, die sonst in Hamburg, Lübeck oder Kiel einkaufen würden. Davon profitiert die gesamte Region.

FDP: Ich befürworte die Erweiterung! Die Chancen, die sich durch die Erweiterung des Einrichtungshauses Dodenhof ergeben, sind im Hinblick auf Arbeitsplätze und Wertschöpfung beträchtlich. Ein größeres Warenangebot sorgt auch für mehr Nachfrage. Dabei kommen nicht nur "Einheimische", sondern auch Menschen aus Hamburg und Niedersachen zu Dodenhof, um dort einzukaufen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hierzu habe ich keine klare Meinung, da ich mich mit dem Thema bisher nicht ausreichend beschäftigt habe. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Vorgaben der Landesplanung, die ich für sinnvoll halte, berücksichtigt werden sollten. Die Kommunen sollen nicht in einen unsinnigen Wettlauf um BewohnerInnen und Gewerbe eintreten, sondern sich koordinieren.

DIE LINKE: Eher kritisch, wie auch zum City Center Ulzburg und zum Outlet-Center Neumünster. Wer glaubt, dass jeder Investor dort sein Geld verbrennen dürfen muss, wo er es möchte, darf nicht öffentliche Vorleistungen und Auswirkungen auf den bestehende Handel vergessen. Wo ist denn die Kaufkraft? Zum Vergleich: Umsatz der Metro Gruppe 2011, minus 20 Prozent.

PIRATENPARTEI: Persönlich unterstütze ich eine angemessene Dodenhof-Erweiterung unter Berücksichtigung der in der Region vorhandenen Einzelhandelsstruktur. Grundsätzlich setzen sich die Piraten für fairen Wettbewerb, für die Förderung von Innovationen sowie gegen privatwirtschaftliche Monopole und übermäßige staatliche Regulierung der Unternehmen ein.

Welche Koalition könnten Sie sich nach der Landtagswahl vorstellen?

CDU: Meiner Meinung nach muss jede demokratische Partei mit jeder anderen demokratischen Partei koalieren können. Linke und Nazis scheiden somit selbstverständlich aus.

SPD: Unser Ziel ist ganz klar. Wir wollen stärkste Fraktion werden, um dann gemeinsam mit den Grünen die neue Landesregierung zu stellen. Es gibt zwischen den Grünen und uns die meisten Gemeinsamkeiten, und wir haben beide ein Ziel, wir wollen den Politikwechsel in Schleswig Holstein. Sollte dies nicht reichen, ist der SSW für mich ein weiterer verlässlicher Partner für diese Koalition.

FDP: Um die Haushaltskonsolidierung und die Infrastrukturpolitik erfolgreich für Schleswig-Holstein fortzuführen, wäre eine bürgerliche Koalition aus FDP und CDU meine Wunsch-Koalition.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Wir treten als eigenständiges grünes Projekt an, das Schleswig-Holstein gestalten und in vielen Politikbereichen auch verändern will. Koalitionen sind mit der SPD, mit der es mehr Gemeinsamkeiten gibt als mit der CDU, aber auch mit der CDU vorstellbar. Nach der Wahl gilt es, in Koalitionsverhandlungen auszuhandeln, mit welchem Partner grüne Inhalte besser verwirklicht werden können.

DIE LINKE: Befürchten wäre richtiger. Nämlich, dass die schwarz-rote Koalition da weitermacht, wo sie vor erst zweieinhalb Jahren gescheitert war. Hoffentlich kann eine starke Opposition das Schlimmste verhindern oder sogar die Mehrheit erringen.

PIRATENPARTEI: Die Piraten sind im Bedarfsfall zu Gesprächen mit allen demokratischen Parteien über die Bildung einer Landesregierung bereit. Wir wären vermutlich kein beliebter Koalitionspartner. Erstens würden wir nach dem Geschmack der anderen Parteien wohl viel zu viel öffentlich machen, zweitens mögen wir keinen Fraktionszwang.

Ist die Piratenpartei nur ein Auffangbecken für Protestwähler?

CDU: Nein - zum Teil ist dieses sicherlich der Fall. Aber es gibt eine neue Entwicklung - ein neues Politikverständnis insbesondere in Teilen der jüngeren Bevölkerung, welche von den bisherigen Parteien nicht aufgegriffen worden ist. Wie nachhaltig die Piraten dieses erfüllen können, hängt davon ab, ob sie einen umfassenden programmatischen Inhalt erarbeiten.

SPD: Das glaube ich nicht. Die Piratenpartei hat sicherlich gute Ideen und sie hat es geschafft, für alle politischen Strömungen offen zu sein. Aus diesem Grund zieht sie zurzeit viele Wähler an sich. Die politische Realität wird auch die Piratenpartei einholen. Ich denke, wir sollten uns mal genau ansehen, warum sich gerade jetzt viele zu dieser Partei hingezogen fühlen.

FDP: Umfragen zufolge trifft dies für 72 Prozent der Piratenwähler zu. Es bleibt abzuwarten, ob die Piraten mit einem inhaltlich derart dünnen Programm auf Dauer bestehen können. Dies kann man bezweifeln, denn es scheint, dass die derzeitige Welle, auf der die Piraten schwimmen, nur durch deren inhaltliche Unbestimmtheit ermöglicht wird.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Zunächst einmal Sympathie für deren politisches Engagement und die Mobilisierung der Nichtwähler. In Bezug auf basisdemokratische Entscheidungen gibt es Ähnlichkeit zu den Grünen. Die Piraten sind aber im Wesentlichen eine Protestpartei, die inhaltlich sehr reduziert auftritt und zu vielen wichtigen Themen keine Meinung hat.

DIE LINKE: Wieso nur? Es ist immer gut, wenn Menschen sich engagieren, gerade wenn sie es vorher nicht getan haben. Eine neue Partei ist immer ein Sammelbecken, und zwar für alles Mögliche. Das wird sich aber sortieren. Dann wird man weitersehen.

PIRATENPARTEI: Wir Piraten sehen uns nicht als Auffangbecken, sondern viel mehr als ein neues politisches Betriebssystem, in dem sich die Menschen mit einbringen können, die demokratisch in unserem Land etwas bewegen möchten. Die Gespräche am Informationsstand zeigen dies auch.

Wie muss Schleswig-Holstein auf den demografischen Wandel reagieren?

CDU: Die Auswirkungen werden unser Land unterschiedlich betreffen. Die steigende Zahl älterer Menschen erfordert insgesamt Reaktionen u.a. auf dem Wohnungsmarkt, in der Barrierefreiheit, im Gesundheitswesen. Die sinkende Zahl junger Menschen ist das eigentliche Problem mit Auswirkungen auf die Sozialkassen, auf den Arbeitsmarkt und viele andere Bereiche.

SPD: Schleswig Holstein muss wieder attraktiv werden, damit die Menschen sich hier niederlassen. Wir müssen die Stärken unsers Landes weiter ausbauen und präsentieren. Zum Beispiel unbegrenzte Windenergie. Warum sollen wir den damit erzeugten Strom fort transportieren? Mit den Betrieben kommen auch die Menschen, die dort arbeiten.

FDP: Um unseren Wohlstand zu sichern, muss Schleswig-Holstein seine Wettbewerbsfähigkeit steigern und konsequent auf wirtschaftliches Wachstum setzen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss vorangetrieben, die Bildungsqualität verbessert sowie die Gesundheitsversorgung ausgebaut werden. Nur so bleibt unser Land attraktiv und lebenswert.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN:

1. Bessere Bedingungen für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen.

2. Investitionen in Bildung haben höchste Priorität.

3.Pflegenotstand beenden.

4. Neue Wohnformen für Senioren.

5. Neue Konzepte für Mobilität im Alter entwickeln.

DIE LINKE: Ursache dafür ist eine verfehlte und unsoziale Familienpolitik, die bis heute anhält. Z.B.: Beitragsfreies Kita-Jahr gestrichen, Schülerbeförderungskosten eingeführt, nur drei Rentenjahre je Kind für Mütter und Lehrerstellen schneller abbauen, als die Zahl der Kinder wirklich sinkt. Bevor das nicht korrigiert ist, nutzt kein Palaver über mehr Altenheime.

PIRATENPARTEI: Unsere Sozialsysteme müssen sich an die in Folge des demografischen Wandels veränderte Gesellschaft anpassen. Innovative neue Modelle sind für die Zukunft unerlässlich. Hieran arbeiteten die Piraten und werden in- und außerhalb der Parlamente Vorschläge einbringen.

Biogasanlagen - Fluch oder Segen?

CDU: Die Wahrheit liegt in der Mitte. Die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen für die Energiegewinnung ist richtig und gut. Die große Zahl von Biogasanlagen und der dafür erforderliche Flächenverbrauch sowie die entstehende großflächige Monokultur haben negative Auswirkungen. In der nächsten Wahlperiode muss es eine ausgewogene rechtliche Lösung geben.

SPD: Weder das eine noch das andere. Biogasanlagen sind aus meiner Sicht dann eine gute Ergänzung zur Energiegewinnung, wenn sie mit landwirtschaftlichen Abfällen betrieben werden. Die Anlagen, die fast ausschließlich mit Mais betrieben werden, sind für mich nicht geeignet. Dann können wir nicht mehr von Biogas sprechen.

FDP: Biogas wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung in Deutschland spielen, weil es derzeit die einzige erneuerbare Energie ist, deren Einsatz kalkulierbar ist. Jedoch darf der Einsatz von Biogas nicht zu einem Anstieg des Maisanbaus führen, daher sprechen wir uns für einen verstärkten Einsatz von Reststoffen aus.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Biogasanlagen sind ein wichtiger Baustein für die Energiewende. Um einer Vermaisung der Landschaft entgegenzuwirken, muss der Maisanteil bei der Biogaserzeugung drastisch reduziert werden. Das Potenzial für Gülle- und Reststoffverwertung ist noch lange nicht ausgeschöpft. Das muss Vorrang vor der Nutzung von angebauten Energiepflanzen haben.

DIE LINKE: Überschüsse, Reste und Biomüll sind zur Verstromung über Biogas gut geeignet, idealerweise durch öffentlich-rechtliche Unternehmen, die der demokratischen Selbstverwaltung unterliegen. Spezieller Anbau z. B. von Industrie-Mais-Monokulturen ruiniert die Kulturlandschaft und das Agrarpachtengefüge. Das darf erst recht nicht subventioniert werden.

PIRATENPARTEI: Auf für den Anbau von Nahrungsmitteln geeigneten Böden sollen diese auch bevorzugt angebaut werden. Der Anbau von sogenannten Energiepflanzen für Biogasanlagen auf solchen Flächen soll vermieden werden. Windenergie oder Wasserkraft ist eine ökologisch sinnvollere Alternative.

Wie geht es weiter mit der Schulpolitik in Schleswig-Holstein?

CDU: Die CDU will die jetzige Schulstruktur langfristig erhalten, damit endlich Schulfrieden herrscht und Lehrer, Schüler und Eltern sich mit aller Kraft auf die Bildungsinhalte konzentrieren können. Die überflüssige Strukturdebatte der SPD schafft starke Unruhe an unseren Schulen. Die CDU wird die Aus- und Fortbildung der Lehrer verbessern und das langjährige Problem des Stundenausfalls bekämpfen.

SPD: Die Schulkonzepte der SPD sind richtig. Es ist auch wichtig, dass die Schulen jetzt arbeiten können und Zeit, aber auch Mittel haben, diese Konzepte umzusetzen. Sie benötigen regelhaft mehr Lehrkräfte, um die Konzepte umsetzen zu können. Deshalb wollen wir 50 Prozent der durch die sinkenden Schülerzahlen freiwerdenden Lehrerstellen belassen. Regionalschulen haben keine Zukunft.

FDP: Die oberste Zielsetzung unserer Bildungspolitik ist die Herstellung von Verlässlichkeit, Qualität und Chancengerechtigkeit. Es bedarf keiner neuen Strukturdebatten. Wir sehen in der Anerkennung der Verschiedenheit aller Menschen die Bedingung für ein differenziertes Bildungssystem und wollen die richtige Schule für jeden.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Eine gute Schule zeichnet sich dadurch aus, dass sie alle Schüler fördert. Auf lange Sicht ist dies am besten in Gemeinschaftsschulen möglich. Sie brauchen Unterstützung, auch finanzieller Art, bei der Umsetzung und Weiterentwicklung. Eine qualifizierte Fortbildung der stark belasteten Lehrkräfte und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe sind notwendig.

DIE LINKE: Wir wollen eine gemeinsame Schule für alle und das mehrgliedrige Schulsystem, das in der EU nur noch in Deutschland und Österreich überlebt hat, endlich überwinden. Die Gemeinschaftsschule fördert soziale Kompetenz und die unterschiedlichen Begabungen - statt alle Kinder nach angeblich gut, mittel, schlecht über einen Kamm zu scheren.

PIRATENPARTEI: Wir lehnen Schulstrukturreformen aus ideologischen Gründen ab. Unsere Schulpolitik wird sich darauf konzentrieren, wie Schüler besser auf ihr Leben vorbereiten werden können. Die wichtige Frage ist für uns, was unsere Kinder wie lernen sollen und nicht die Schulorganisation bzw. die Art der Differenzierung beim Lernen.