Der Rudersprint der weltbesten Achter auf der Binnenalster hat erstmals den Segen des Weltverbands erhalten. Es könnte der internationale Durchbruch für das Format sein

Am Montagmorgen traf die erhoffte Nachricht im elektronischen Postfach von Wolfgang Berndt ein. Absender war der Ruderweltverband Fisa in Lausanne (Schweiz), der Inhalt eine kleine Sensation. Sowohl der HanseWerk AlsterCup am Sonnabend in Hamburg als auch der SH Netz Cup am Sonntag auf dem Nord-Ostsee-Kanal dürfen das Fisa-Label verwenden – obwohl sie nicht vom Weltverband veranstaltet werden.

„Das ist sehr ungewöhnlich und hat es weltweit noch nie gegeben“, frohlockt Berndt, 66, der Geschäftsführer der Deutschen Ruder-Marketing GmbH in Rendsburg, die beide Events veranstaltet. Seit bald zehn Jahren schon stand er mit der Fisa in Gesprächen. Am Wochenende gelang der Durchbruch. Und das Beste: Es kostet Berndt keinen Cent.

Der Gegenwert dürfte auch so stimmen. Der SH Netz Cup, 2001 unter dem Namen Kanal-Cup gestartet, lockt mit seinem Sport- und Unterhaltungsprogramm Jahr für Jahr 100.000 Zuschauer nach Rendsburg. Die ARD berichtet am Sonntag von 16.30 Uhr an wieder live über das 12,7-Kilometer-Langstreckenrennen der weltbesten Achter – und kann dabei erfahrungsgemäß auf höhere Einschaltquoten hoffen als bei der vorausgehenden DTM-Übertragung.

Vom AlsterCup, dem mit 270 Meter Länge anderen Extrem unter den Ruderregatten, gibt es zwar noch keine Fernsehlivebilder. Trotzdem hat sich das Rennen in den ersten drei Jahren etabliert. Offenbar passt das Format in die Zeit. Der Sprint hat sich im Eiltempo in der Szene breitgemacht.

Bereits seit 2009 tourt die Ruder-Bundesliga mit den stärksten Vereinsachtern erfolgreich durchs Land oder, besser, durch die Städte. Fast alle Teams haben kommerzielle Sponsoren gefunden. Am Sonnabend findet im Rahmen des AlsterCups das Saisonfinale statt. Gesucht werden die Meister sowie die Auf- und Absteiger – und die Teilnehmer an der zweiten Auflage der Champions League eine Woche darauf in Berlin. Hamburgs Alsterclubs sind allein mit sechs Booten in den Bundesligen vertreten (s. Kasten).

Aber auch für die weltbesten Achter ist der Auftritt auf der Binnenalster eine Wochen nach den Weltmeisterschaften auf dem Lac d’Aiguebelette in Frankreich mehr als nur ein Schaulaufen. „Das Format ist sehr spannend und attraktiv“, sagt Olympiasieger Eric Johannesen vom RC Bergedorf, „zusammen mit dem Rennen in Rendsburg ist es ein schöner Saisonabschluss. Und für mich als Hamburger ist es toll, in der eigenen Stadt vor solcher Kulisse rudern zu können.“

Bei den Achtern ist das WM-Podium komplett am Start

Für seine Kollegen aus dem Deutschlandachter ist es vor allem die offizielle WM-Revanche. Am vergangenen Sonntag fehlten dem Olympiasieger- und Europameisterboot nach 2000 Metern lächerliche 18 Hundertstelsekunden zur Goldmedaille, die zum dritten Mal hintereinander die Briten einheimsten – knapper dürfte es selbst auf der Alster kaum zugehen.

In diesem Jahr haben die Briten Berndts Einladung angenommen, nachdem sie im vergangenen Jahr terminlich verhindert waren. Auch der WM-Dritte Niederlande ist am Start, die USA komplettieren das internationale Achterfeld.

Mit den Einersprints, die seit 2013 im Programm sind, hat sich der AlsterCup sogar eine Alleinstellung erarbeitet. Das Feld kann sich auch hier wieder sehen lassen. Am Start sind der kubanische Weltcupsieger Ángel Fournier, der deutsche WM-Starter Lars Hartig aus Friedrichstadt, Europameister Damir Martin sowie Jugend-Olympiasieger Tim Ole Naske von der RG Hansa, der sieben Wochen nach dem Gewinn der U-23-WM im Doppelzweier wieder als Solist unterwegs ist. 2014 musste sich Naske im Finale noch Fournier geschlagen geben, was dem Erlebnis keinen Abbruch tat: „Man kann sich gar nicht vorstellen, was für eine Lautstärke von den Zuschauern da aufs Wasser getragen wird“, sagt Naske.

Wo sonst kommen die Spitzenathleten ihrem Publikum einmal derart nahe – und wo sonst erreicht der Rudersport auf einmal so viele Menschen, die sich sonst nie auf den Weg zu einer klassischen Regattastrecke gemacht hätten. „Events in der Stadt sind einfach beliebt, deshalb ist das Format ein wichtiger Bestandteil für den gesamten Sport“, sagt Siegfried Kaidel, der Präsident des Deutschen Ruderverbands. Sportsenator Michael Neumann hatte im vergangenen Jahr an Bord des VIP-Achters sogar den Eindruck, „dass mehr Menschen zugeschaut haben, die nicht der Ruderszene angehören“. Sein Wunsch damals für die diesjährige Auflage: „Man sollte ein solches Sprintformat zu einem offiziellen Wettbewerb erklären und es dann in eine Serie einbinden.“

Der Anfang dazu wäre jedenfalls gemacht. Als Weltcup wie die Kollegen vom Weltkanuverband wollte die Fisa den AlsterCup zwar noch nicht etikettieren. Aber Berndt sieht mit dem Segen der Fisa die Chance, „Hamburg zur Sprintstadt zu machen und mittelfristig vielleicht eine weltweite Serie zu etablieren“. Es wäre mehr als nur ein Trost dafür, dass die Stadt die WM 2019 von der Fisa nicht bekommen hat.