Hamburg. Nirgends in Hamburg wächst Zahl der Einpersonenhaushalte so rasant. Ruf als kinderfreundlichster Bezirk gilt nicht für alle Stadtteile.

Das intensive Wohnungsbauprogramm des Senats hat Folgen für Bergedorf: Nirgends in ganz Hamburg steigt der Anteil der Einpersonenhaushalte so rasant wie hier – und auch der Ruf als kinderfreundlichster Bezirk ist in Gefahr. Das zeigen die Zahlen des Statistikamts Nord, das auf Basis des Melderegisters zum Stichtag 31. Dezember 2022 in die Wohnungen der Hamburger in allen sieben Bezirken und 104 Stadtteilen geschaut hat.

Die Zahlenexperten vom Steckelhörn in Hamburgs Altstadt haben ermittelt, wie viele Menschen in den einzelnen Haushalten wohnen und vor allem, wie viele Kinder darunter sind. Demnach verteilen sich die 132.901 Bergedorfer auf 64.193 Haushalte, was statistisch knapp mehr als zwei Personen pro Wohnung entspricht – so viele, wie sonst nirgends in Hamburg: Dort liegt der Durchschnitt bei 1,8, im Bezirk Nord sogar nur bei 1,6.

Wohnen Hamburg: Zahl der Single-Wohnungen in Bergedorf steigt rasant

Allerdings nimmt die Zahl der Single-Wohnungen in Bergedorf rasant zu: Lag ihr Anteil 2014 noch bei 42,6 Prozent, sind es jetzt schon 44,6. Ein Anstieg wie in keinem anderen Bezirk. Damit ist Bergedorf zwar noch weit entfernt von den 54,5 Prozent Single-Haushalten in Hamburg, aber deren Anteil stagniert seit acht Jahren in dieser Größenordnung. Und Lohbrügge sowie Alt-Bergedorf, die mit Abstand größten Stadtteile des Bezirks, liegen mit 49,3 und 49,7 Prozent Single-Haushalten längst auf Großstadt-Niveau.

Bergedorfs schleichenden Umbau zum Teil der Metropole belegt auch der Blick auf die Zahl der Haushalte mit Kindern. Hier liegt der Bezirk zwar noch mit 21,4 Prozent gegenüber 18,0 Prozent im Hamburger Durchschnitt noch klar an der Spitze. Verantwortlich dafür sind allerdings neben Neuallermöhe, das mit sagenhaften 29,8 Prozent traditionell den mit Abstand höchsten Wert aller 104 Hamburger Stadtteile hat, nur die Vierlande und Ochsenwerder, wo in jedem vierten Haushalt Kinder leben.

Lohbrügge und Alt-Bergedorf bei Anteil der Familien längst auf Großstadt-Niveau

Lohbrügge und Alt-Bergedorf liegen hier mit 18,7 beziehungsweise 19,5 Prozent allerdings längst auf Hamburger Niveau. Und beim Anteil der Haushalte von Alleinerziehenden unter denen mit Kindern hat der Bezirk Bergedorf mit 25,8 Prozent die Stadt Hamburg mit 25,7 sogar schon knapp überholt.

Sieht die Entwicklung gelassen: Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann.
Sieht die Entwicklung gelassen: Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann. © BGZ | Thomas Pöhlsen

Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann sieht die Entwicklung gelassen: „Wir sehen natürlich, dass sich die Zahl der Einpersonenhaushalte langsam an das Hamburger Mittel annähert. Hierfür gibt es keine monokausale Erklärung, da in diesen Prozess viele Faktoren einspielen. Da wir allerdings immer noch weit vom Hamburger Mittel entfernt sind, ist dieser mögliche Anpassungseffekt aus unserer Sicht noch kein Grund zur Sorge.“

Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann sieht Zahlenwerk pragmatisch

Neben den Single-Wohnungen schlüsselt das Zahlenwerk des Statistikamtes Nord auch die Zusammensetzung der restlichen Haushalte weiter auf. Demnach leben in 29,4 Prozent zwei Menschen, in 12,8 Prozent drei und in den restlichen 13,2 Prozent vier oder mehr Personen. Unter den Haushalten mit Kindern lebt in gut der Hälfte nur ein Minderjähriger. In 37,2 Prozent sind es zwei, in 11,9 Prozent drei oder mehr Kinder.

Die Bezirksamtsleiterin sieht die Statistik pragmatisch: „Die Veröffentlichung der aktuellen Zahlen zur Haushaltsstruktur gibt uns wertvolle Einblicke in die Entwicklung unseres Bezirks“, sagt Cornelia Schmidt-Hoffmann. „Zunächst freuen wir uns, dass Bergedorf ein so kinderfreundlicher Bezirk ist und wir scheinbar die richtigen Weichen besonders in der sozialen Infrastruktur unseres Bezirks stellen.“

Doch die Rathauschefin erkennt die Entwicklung zu Großstadt-Verhältnissen auch als Arbeitsauftrag: „Damit Bergedorfs Charakter so bleibt wie heute, müssen wir natürlich weiterhin – nicht nur in Neuallermöhe – entsprechende Anreize schaffen. Es ist wichtig, weiterhin eine ausgewogene Infrastruktur zu erhalten, die Bildungseinrichtungen, Freizeitmöglichkeiten und bezahlbaren Wohnraum für Familien umfasst.“