Kiel. Also doch das reine Bundesmodell. Nun scheint klar, auf welcher Basis Immobilienwerte im Norden künftig bewertet werden sollen. Die Entscheidung bahnte sich schon seit längerem an - begleitet von mancher Kritik.

Nach langem Gezerre um die künftige Grundsteuer auf Immobilien hat sich die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein offenkundig geeinigt. "Es wird auf das Bundesmodell hinauslaufen", sagte der CDU-Finanzpolitiker Ole-Christopher Plambeck am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Dies hatte sich bereits im Dezember abgezeichnet, aber Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verwies damals noch auf weitere Gespräche im Januar.

Eine reines Bundesmodell ohne Länderkomponente bedeutet auch, dass sich die Grünen in der Koalition mit CDU und FDP durchsetzen konnten. Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen hatte stets auf einer wertorientierten Komponente beharrt. Das Bundesmodell stützt sich auf den Wert und auf die Fläche einer Immobilie, es gilt aber als kompliziert.

2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das geltende Steuermodell für verfassungswidrig erklärt. Die Steuer muss deshalb ab 2025 nach einem neuen System berechnet werden. Die Länder können entscheiden, ob sie die Berechnungsmethode des Bundesfinanzministeriums nutzen oder eine eigene entwickeln. Mit 450 Millionen Euro im Jahr ist die Grundsteuer B eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Wegen der aufwendigen Vorbereitung ist der Zeitdruck groß.

Die FDP hatte schon vor Weihnachten erklärt, sie gehe nun von der Übernahme des von ihr eigentlich abgelehnten Bundesmodells aus. Die Koalition habe sich nicht auf eine bessere Alternative einigen können. Die Liberalen hatten im Oktober für das hessische Modell geworben. Dieses berücksichtigt außer der Fläche auch die Lage eines Grundstücks. Die FDP sah darin einen guten Kompromiss zwischen einem reinen Flächenmodell, das sie favorisiert, und einer vom Wert abhängigen Besteuerung.

Der Wirtschaftsrat der CDU, der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen und der Eigentümerverband Haus & Grund warnten noch am Donnerstag eindringlich vor dem Bundesmodell.

Eine Übernahme von Modellen zum Beispiel aus Hessen oder Baden-Württemberg scheitere auch an einer unzureichenden Datengrundlage im Norden, sagte der CDU-Politiker Plambeck. Die CDU hätte sich auch das komplett wertunabhängige Modell Bayerns vorstellen können, bemerkte er. "Aber die Grünen wollen auf jeden Fall eine Wertkomponente haben."

Für die CDU stehe an oberster Stelle, die Einnahmen der Kommunen zu sichern, betonte Plambeck unter Hinweis auf die genannte Dimension. Deswegen sei eine rechtzeitige Umsetzung wichtig. Das Ganze sei auch zu wichtig für Experimente.

"Eine Vermögenskomponente hat in der Grundsteuer verfassungsrechtlich nichts zu suchen und dürfte schnell gerichtlich beklagt werden", erklärte der Landesvorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Christian von Boetticher. "Das Modell unseres Bundesfinanzministers, der zugleich Kanzlerkandidat für die SPD ist, wäre für das Eigentum in Deutschland ein weiterer Sargnagel." Eine Umsetzung durch eine CDU-geführte Regierung verbiete sich daher.

Die Tragweite dieser landespolitischen Entscheidung reiche weit über die Bundestagswahl und die Landtagswahl 2022 hinaus. "Ich erwarte insbesondere von der CDU-Landtagsfraktion, dass sie immer noch für Eigentum und Freiheit steht und nicht für sozialistische Experimente", äußerte von Boetticher.

"Wir teilen die Kritik der CDU-Wirtschaftsrates an dem Plan der Kieler Jamaika-Koalition, bei der Grundsteuerreform das Bundesmodell zu übernehmen", erklärten der Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner, und der Vorstandsvorsitzende von Haus & Grund in Schleswig-Holstein, Alexander Blažek.

Die CDU müsse sich klar gegen eine Vermögensteuer positionieren. Ministerpräsident Günther solle ein Machtwort sprechen und beweisen, dass die Nord-CDU nicht ihren wirtschaftspolitischen Markenkern aufgebe. Das wäre der Fall, wenn sie Heinold erlaube, eine Art Vermögensteuer einzuführen.

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