Der Gastronom Tim Seidel vom Restaurant Rialto erhebt eine “Servicepauschale“ von drei Prozent. Er gibt damit seine Kosten weiter.

Das Restaurant Rialto um die Mittagszeit: In beiden Räumen sind alle Plätze belegt. Hier an der Michaelisbrücke mit Blick auf das Fleet treffen sich Unternehmensberater, Rechtsanwälte und Politiker zum Lunch. Wenn wie jetzt Hochbetrieb herrscht, ist auch das Kartenlesegerät im Dauereinsatz. Denn die Gäste bezahlen bevorzugt mit Kreditkarte.

In den vergangenen Monaten wurden es immer mehr: "Bis zu 90 Prozent der Rechnungen wurden mit Kreditkarte beglichen, wir hatten an manchen Tagen kaum noch Bargeld im Portemonnaie", sagt Gastronom Tim Seidel. Doch die Kreditkartenfirmen verlangen von ihm zwischen 2,5 und drei Prozent Gebühren für diesen Service: "Uns sind dadurch jährlich Kosten im fünfstelligen Bereich entstanden. Jetzt geben wir diese an den Kreditkartenzahler weiter", so Seidel.

Irgendwann reichte es dem 35-Jährigen, und er tat etwas, was in der Hamburger Gastroszene wohl einmalig sein dürfte. Seidel berechnet seinen Kunden seit Kurzem eine "Servicepauschale" von drei Prozent, wenn sie mit der Kreditkarte bezahlen. Beim Einsatz der EC-Karte wird eine "Handlingpauschale" von einem Euro fällig: "Ich hätte auch still und heimlich meine Preise erhöhen können. Aber das wollte ich nicht. Warum sollten die Barzahler die Kreditkartenzahler subventionieren?", fragt Seidel.

Außerdem hatte Seidel keine Lust mehr, die "Vielfliegerprogramme und Bonussysteme" zu unterstützen. Wer zum Beispiel eine Kreditkarte der Lufthansa hat, bekommt bei jeder Zahlung mit der Kreditkarte, also auch im Restaurant, Meilen gutgeschrieben. Viele Kreditkartenunternehmen bieten ihren Kunden an, durch den Einsatz ihrer Karte Bonuspunkte zu sammeln und diese dann gegen Prämien einzutauschen: "Wir haben schon erlebt, dass einer am Tisch von seinen Kollegen das Bargeld einsammelt und dann mit seiner Kreditkarte die gesamte Rechnung bezahlt, um möglichst viele Meilen zu sammeln", sagt Seidel.

Unter seinen Gästen hat der neue "Abrechnungsmodus" zunächst für wenig Begeisterung gesorgt: "Ich bezahle eigentlich immer meine Rechnung mit Kreditkarte, weil es einfach praktisch ist. Deshalb finde ich es nicht gut, dass ich nun jedes Mal eine Gebühr bezahlen muss", sagt Stammgast Sabine Wollwert. Aber trotzdem zeigt Wollwert Verständnis: "Natürlich muss man auch die enormen Kosten sehen, die für den Gastronom durch die Gebühren der Kreditkartenunternehmen entstehen."

Gastronom Seidel räumt ein: "Natürlich gibt es immer wieder Diskussionen. Ich werde sogar manchmal beschimpft." Aber bislang hat Seidel, der das Rialto seit sechs Jahren führt, keine Umsatzeinbußen hinnehmen müssen: "Auch die, die zunächst schimpfen, kommen wieder." Gregor Maihöfer, Hauptgeschäftsführer des Gaststättenverbandes Dehoga, bezeichnet die "Servicepauschale" als "eher ungewöhnlich". Aber die Kosten, die für die Gastronomen durch die Kreditkartenzahlungen entstehen, seien nicht zu unterschätzen, so Maihöfer weiter. Die CDU-Verbraucherschutzexpertin Hanna Gienow sagt: "Natürlich ist solch eine Servicepauschale für den Gast ärgerlich und zunächst einmal schwer nachvollziehbar." Aber dass ein Gastronom nicht mehr bereit ist, diese Extrakosten zu tragen, sei auch verständlich.

Auch Edda Castelló, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH), hat sich mit Seidels "Servicepauschale" beschäftigt. Der Juristin ist wichtig: "Der Gast muss auch schon am Eingang auf diese Extrakosten dieser Gebühr hingewiesen werden." Aber Castelló sagt auch: "Es ist rechtlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Gastronom für die Kreditkartenzahlung einen Aufschlag berechnet. Das gesetzliche Zahlungsmittel ist Bargeld, und nur das muss immer akzeptiert werden."

Mit seinem neuen "Abrechnungsmodus" geht Seidel transparent um: Es wird auf der Speisekarte und an der Tür darauf hingewiesen. Mit der Rechnung gibt es dann noch einen Flyer, auf dem der Gastronom über seine Motive informiert. Die Akzeptanz von Plastikgeld sei nur noch als kostenpflichtiger Extra-Service zu verstehen.

Abschließend weist Seidel in seinem Flyer darauf hin, dass er seine Gäste im Grundsatz dazu bewegen möchte, künftig auf die Zahlung mit Kreditkarte zu verzichten. Mit Erfolg? "Wir konnten einen Rückgang von bis zu 50 Prozent bei Kartenzahlungen verzeichnen."

Eigentlich könnte sich Tim Seidel die Diskussion mit den Gästen ersparen und keine Karten mehr akzeptieren. Aber das kann er nicht: "Wir leben von Geschäftsleuten, die diese Zahlungsart verinnerlicht haben."