SAD New York - Der Grand-Central-Bahnhof in New York. Im Zentrum von Manhattan sind Tausende Einheimische und Touristen unterwegs. Und genau in diesem Bahnhof findet man Schilder mit deutschen Aufschriften: "Westfälischer Schinken", "Lübecker Bauernschinken" und "Brot vom Deutschen Bäcker". Denn hier hat der Lübecker Armin Koglin sich niedergelassen, der die New Yorker mit deutschen Leckereien versorgt.

"Koglin German Hams" ist auf dem Schild in der schicken neuen Einkaufspassage zu lesen. Der Chef und seine Angestellten hinter dem Glastresen tragen schwarz-rot-goldene Mützen mit "Germany"-Stickern, die Kunden bekommen statt Plastiktüten typisch deutsche Stoffbeutel in die Hand gedrückt. Der Inhalt: "Munich Weißwurst", "Braunschweiger Liver Sausage" und "Pumpernickel". Der Renner ist jedoch die "Bayerische Landjägerwurst".

"Landjäger kommen morgen wieder rein!", ruft Armin Koglin einem Kunden zu, der entgegnet: "Wird auch Zeit, ich halts kaum noch aus." Er ist einer von vielen Stammkunden, die der Lübecker seit der Eröffnung Mitte Oktober gewonnen hat. Und das, obwohl der Anfang nicht leicht war. "Die Hälfte der Ausrüstung ist mit Verspätung geliefert worden", berichtet Koglin. "Am Abend vor der Eröffnung mussten wir sogar noch eine Kasse kaufen." Auch jetzt fehlt noch vieles. Die Wandregale sind nicht angekommen, als Tisch dienen gestapelte Kisten, die vom Umzug übrig sind. Trotzdem ist Koglin stolz auf seinen neuen Laden und auf seine Entscheidung, die Zelte in Lübeck abzubrechen und den Schritt in die Neue Welt zu wagen.

Die Idee hatte er Ende 1997, als innerhalb von vier Wochen zwei US-Touristen in seinen Laden am Kohlmarkt in Lübeck kamen. "Sie sagten beide, ,So was müsste man drüben auch haben.' Im Januar 1998 bin ich eine Woche nach New York gefahren, um mir die Stadt aus geschäftlicher Perspektive anzusehen. Nach drei Tagen war ich sicher: Hier mache ich was."

Gesagt, getan. Armin Koglin war überrascht, wie einfach alles lief: Kaum bürokratische Hindernisse, dafür jede Menge Hilfsbereitschaft. "Ich wurde mit offenen Armen empfangen und habe schon im März 1998 den Vertrag unterschrieben." Gegen den Rat vieler Freunde: "Sie sagten, die Amerikaner essen keine Wurst. Nachdem ich hier war, wusste ich, warum: die Ware, die Verarbeitung." Die deutsche Wurstmarke Koglin kommt an - der Umsatz pro Kunde hat sich schon verdoppelt, und selbst wenn er auf amerikanische Kundschaft allein nicht setzen könnte, "es gibt ja hier jede Menge Europäer". Von denen haben viele auf deutsche Wurst sehnsüchtig gewartet.

Koglin hat inzwischen acht Teilzeit-Mitarbeiter. Deren Mentalität ist allerdings anders als die der Deutschen: "Die sind weder pünktlich noch zuverlässig", berichtet Koglin. "Neulich kam einer gar nicht, einen musste ich rausschmeißen, und einer hat sich drei Stunden vor Feierabend einen Finger abgeschnitten." So war er zur Hauptgeschäftszeit allein im Laden. "Hier muss man eben improvisieren. That's New York - das habe ich schon gelernt."

Das Leben im Big Apple gefällt ihm trotzdem. "New Yorker sind interessant. Man trifft auf unterschiedliche Kulturen und lernt jeden Tag was Neues. Ich weiß jeden Morgen, wenn ich aufwache, dass irgendwas passieren wird - ob positiv oder negativ. Das ist ein richtiges Abenteuer."

Besonders freut Koglin sich, wenn Lübecker ihn besuchen. Er fühlt sich mit seiner Heimat verbunden: Aus Lokalpatriotismus verkauft er in New York auch Marzipan, und er ist sogar noch Mitglied im heimatlichen Schützenverein. Doch zurückkehren will er so schnell nicht. "Ich bleibe mindestens fünf Jahre hier", berichtet er, "allein schon, weil so lange der Mietvertrag läuft."

Um im Gespräch zu bleiben, hat er jede Menge Ideen. Neuerdings können New-York-Liebhaber bei "Koglin German Hams" zum Beispiel Mettwürste in der Form des Empire State Building und der Freiheitsstatue kaufen.