Anlass ist ein heiterer Film, daraus wird ein ernstes Gespräch: Die Schauspielerin Jessica Schwarz spricht über den Tod ihres Vaters.

Eigentlich hätte das ein nettes, ungezwungenes Gespräch werden sollen. In der Filmkomödie „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“, die jetzt in den Kinos angelaufen ist, wacht Jessica Schwarz eines Morgens auf, stellt fest, dass sie in der Zeit zurückkatapultiert wurde, und durchlebt die letzten fünf Jahre noch einmal, aber ganz anders. Eine dieser klassischen Was-wäre-wenn-Geschichten. Klar, dass man dann auch darüber sprechen muss, ob man selbst gern mal das Rad der Zeit zurückdrehen würde. Schließlich ist Jessica Schwarz im Mai 40 geworden. Ein Alter, in dem viele Schauspielerinnen klagen, dass es nicht mehr so leicht sei, an Rollen zu kommen.

Und Jessica Schwarz, die gut gelaunt zum Gespräch erscheint, lässt sich auch erst mal bereitwillig darauf ein. Ja, es kämen erste graue Haare, die sie noch wegzupfe. Und warum überhaupt irgendwann die Haarfarbe verschwinden müsse, das könne sie nicht nachvollziehen, das sei gemein. Aber sie könne sich wirklich nicht beschweren: „Ich bin sehr glücklich, dass meine Mutter mir so tolle Gene vermacht hat. Gerade was Falten angeht.“

Eine unerledigte Geschichte, die sie umtreibt

In Drehbüchern stehe über ihre jeweilige Figur immer noch ganz oft „Anfang 30“, sie werde aber dennoch zum Casting eingeladen. „Es sind also Rollen da. Ich hoffe, dass das auch so bleibt.“ Und sie glaube auch, dass sich da gerade was ändern würde international. Dass immer mehr Frauen mehr zu erzählen hätten. Die Angst vor mangelnden Rollen werde also kleiner. Aber dann rühren wir an einem Punkt, der viel mehr auslöst, als wir wollten. Auf dem Filmplakat steht ja explizit: „Was würdest du ändern, wenn du die Zeit fünf Jahre zurückdrehen könntest?“ Die Frage stellen wir ihr jetzt auch. Da ändert sich plötzlich alles. „Das ist leider für mich total aktuell“, sagt sie.

Und erzählt, dass sie in den vergangenen zwei Jahren gleich mehrere Schicksalsschläge erlitten hätte, mit denen sie noch jetzt zu kämpfen habe. Plötzlich wird sie sehr privat. „Mein Vater ist am 3. Januar gestorben. Das war ein sehr kurzes, schnelles Sterben. Er hatte Darmkrebs, und hätte man das rechtzeitig erkannt, hätte er eine Vorsorgeuntersuchung gemacht, dann hätte man ihn wohl retten können.“

Böses Erwachen: Jessica Schwarz in der Komödie „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner Film“
Böses Erwachen: Jessica Schwarz in der Komödie „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner Film“ © NFP, 2017 | NFP, 2017

An dieser Stelle hält Jessica Schwarz kurz inne, fast bricht ihr die Stimme, sie ringt mit den Tränen. „Ich wusste nicht, dass man mit über 50 eine Vorsorgeuntersuchung machen sollte. Und dass man Eltern, die davor vielleicht Ängste haben, dafür an die Hand nehmen sollte.“ Dann sei auch noch eine enge Freundin an Krebs gestorben, die hätte sie gern noch einmal gesehen, noch einmal in den Arm genommen. „Das ist für mich eine sehr unerledigte Geschichte, die mich umtreibt.“ Die Idee eines Zeitsprunges zurück, einer zweiten Chance sei da sehr verlockend. „Ich müsste nicht fünf Jahre zurückdrehen“, sagt sie mit bebenden Lippen, „drei würden reichen.“

Die Situation ist uns sehr unangenehm. Das haben wir nicht gewusst. Wir wollen schon vorschlagen, ob wir das Gespräch lieber abbrechen sollen. Aber da wehrt sie ab. „Ist schon okay. Ich wusste ja, dass solche Fragen zum Film kommen. Und dass das in dem Zusammenhang hochkommen würde.“ Sie fängt sich wieder, wischt kurz mit ihrem Finger über die Wange und wirkt jetzt fast kämpferisch. „Ich will zumindest etwas Gutes damit verbinden. Indem ich allen zur Krebsvorsorge rate.“

Wie man die große Liebe frisch hält

Sie will gerade Menschen in ihrem Alter anstoßen, ihre Eltern dazu zu drängen und am besten gleich zu begleiten. „Ich jedenfalls hätte mir sehr gewünscht, dass mich da jemand angeschubst und aufgeklärt hätte.“ Auch Krankenversicherungen, findet sie, müssten da viel offensiver warnen. Sie selbst war damals noch „total naiv“. Das hat sich geändert. Als sie eine Werbung für „Mammografie über 40“ gesehen habe, habe sie auch sofort einen Termin beim Frauenarzt gemacht.

Ein heiterer Film zur Grundlage, und dann wird daraus ein so ernsthaftes, tiefgründiges Gespräch. Jessica Schwarz ist es wichtig, darüber zu sprechen. Aber doch, das ist ja nur zu verständlich, ist sie auch froh, als es wieder um anderes geht. Wobei dieser Moment etwas mit ihr gemacht hat. Und sie nun auch weiter viel persönlicher und direkter antwortet, als man das sonst von Filminterviews, gerade bei heiteren Werken, gewöhnt ist.

Die Schauspielerin bei der Premiere des Films
Die Schauspielerin bei der Premiere des Films © picture alliance / Geisler-Fotop/picture alliance | Roger Murmann/Geisler-Fotopress

Wir versuchen, in ungefährliche Gefilde zurückzufinden. In „Auf der anderen Seite ...“ geht es ja auch um die große Liebe und wie sie nachlässt, wenn der Alltag daran nagt. Jessica Schwarz ist seit sieben Jahren mit dem Kameramann Markus Selikovsky liiert, für den sie auch von Berlin nach Wien gezogen ist. Hat sie Tricks, wie man sich das Glück erhält, wie man das verflixte siebte Jahr umgeht?

Sie antwortet erst mal sehr allgemein. „In meinem gesamten Freundeskreis muss ich immer wieder feststellen, dass es in unserer schnellerlebigen Zeit längst das verflixte fünfte Jahr ist.“ Insofern seien sie ja schon darüber hinweg. Aber dann gibt sie zu, dass die Filmindustrie schon „ein sehr bunter Haufen“ sei und man da „sehr aufpassen“ müsse.

Auch aus Fehlern kann man lernen

Und dann wird sie doch wieder ganz persönlich: „Natürlich kennt das jeder, dass sich so eine gewisse Routine einschleicht. Das Wichtigste ist aber, dass man niemals vergisst, warum man diesen Partner gewählt hat. Auch wenn es mal stressig oder anstrengend ist.“ Da sie beide viel drehen und entsprechend oft von zu Hause weg sind, wüssten sie es sehr zu schätzen, wenn sie sich wiedersehen. „Wir haben uns mal gesagt: 14 Tage räumlich getrennt, länger nicht. Das haben wir in unseren sieben Jahren nur zweimal nicht geschafft, da waren es 16 Tage.“

Was wäre wenn – solche Gedankenspiele sind also, mit der einen genannten Ausnahme, nichts für sie? „Überhaupt nicht“, sagt sie. Sie lebe ganz im Hier und Jetzt. „Natürlich habe ich auch Fehler gemacht. Fehler, die unentschuldbar sind, die mir sehr leid tun, die ich gern rückgängig machen würde. Ich habe aber auch immer viel daraus gelernt.“ Jetzt kann sie sogar wieder ein bisschen scherzen: „Auf der anderen Seite mag das Gras viel grüner wirken, aber es ist halt auch nur Gras. Man sollte nur darauf achten, dass das eigene Gras nicht braun wird.“