Berlin. Ein Diplomat öffnet in Berlin die Autotür, ohne auf den Verkehr zu achten. Ein Radfahrer prallt dagegen und stirbt. Droht eine Strafe?

Ein 55 Jahre alter Radfahrer, der am Dienstag in Neukölln gegen die geöffnete Fahrertür eines Porsche Cayenne prallte, ist am Mittwochmittag seinen

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erlegen. Ein Diplomat aus Saudi-Arabien hatte an der Hermannstraße Ecke Kienitzer Straße plötzlich die Tür geöffnet. Nach Angaben der Polizei soll der Porsche auf dem Fahrradweg im absoluten Halteverbot gestanden haben.

In Berlin kommt es immer wieder zu Unfällen mit Diplomatenfahrzeugen. Allein 60 waren es im vergangenen Jahr. Drei Menschen wurden dabei schwer verletzt. Wie ist die Rechtslage? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Droht dem Diplomaten eine Strafverfolgung?

Nein, sagt die Staatsanwaltschaft Berlin. Denn Personen mit Diplomatenstatus genießen Immunitätsschutz. Eine Strafverfolgung ist nicht möglich. Die Immunität soll vor Strafverfolgung im Gastland schützen. Eine strafrechtliche Verfolgung ist nicht möglich. Diplomaten können aber vom Gastland ausgewiesen werden. Im Heimatland der Diplomaten könnten sie dann strafrechtlich belangt werden.

Im Fall des saudi-arabischen Diplomaten habe das Auswärtige Amt eine sogenannte Verbalnote mit der Bitte um Stellungnahme an die Botschaft Saudi-Arabiens geschickt, teilte das Auswärtige Amt mit. Wenn die erbetene Stellungnahme vorliege, könne man frühestens Überlegungen zur „Ergreifung gesandtschaftsrechtlicher Schritte“ anstellen.

Das Gesandtschaftsrecht sehe für den Fall strafrechtlicher Ermittlungen Mittel vor. Dazu zählen ein Antrag auf Aufhebung der Immunität, Aufforderung zur Abberufung und die einseitige „Persona non grata-Erklärung“.

Wo ist das geregelt?

Geregelt ist das nach Artikel 29 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen. Demnach ist die Person des Diplomaten unverletzlich und darf weder festgehalten noch verhaftet werden.

Kann das Opfer Ansprüche geltend machen?

„Die Hinterbliebenen des Opfers werden über die Kfz-Haftpflichtversicherung wie in jedem anderen Fall auch entschädigt“, sagte eine Sprecherin des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft der „Berliner Morgenpost“. „Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Fahrzeug ein Diplomatenkennzeichen hat oder ein normales amtliches Kennzeichen.“

Das Fahrrad des 55-Jährigen nach dem Unfall.
Das Fahrrad des 55-Jährigen nach dem Unfall. © Thomas Peise

Gab es in der Vergangenheit Fälle, bei denen Diplomaten nicht belangt werden konnten?

Bundesweit für Aufsehen sorgte 2011 ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes. Damals ging es um eine Angestellte, die im Haushalt eines saudischen Botschaftsmitarbeiters wie eine Sklavin geschuftet haben soll. Das Gericht hatte damals eine Klage mit Verweis auf die Immunität des Diplomaten abgewiesen. Im selben Jahr hatte auch ein kasachischer Botschaftsangestellter in Reinickendorf einen Taxifahrer verprügelt und war danach geflohen ohne zu bezahlen. Die Polizei nahm den Mann fest, musste ihn aber wieder laufen lassen.

Wie viele Verkehrsordnungswidrigkeiten von Diplomaten gibt es überhaupt?

Im Jahr 2016 wurden insgesamt 22.816 Ordnungswidrigkeiten von Fahrzeugen mit Diplomatenkennzeichen festgstellt. Im Jahr 2015 waren es 24.118 gewesen. Die häufigsten Ordnungswidrigkeiten sind Parkverstöße gefolgt von Geschwindigkeitsverstößen. Aus diesen zehn Ländern kamen die meisten Verkehrssünder: Volksrepublik China (735 Ordnungswidrigkeiten), Russland (697), Saudi-Arabien (683), Ägypten (655), USA (629), Griechenland (580), Sudan (565), Philippinen (485), Vietnam (470) und Iran (447).

Ist das Parken auf Radwegen ein Problem?

Ja, denn Tausende Autofahrer stellen ihre Wagen auf Busspuren, Radwegen oder in zweiter Reihe ab – jeden Tag. 2016 registrierte die Polizei 31.639 Halt- und Parkverstöße auf Radwegen, 22.409 Falschparker auf Busspuren und sogar 55.900 Anzeigen wegen Parkens in zweiter Spur. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

Dieser Text ist zuerst auf www.morgenpost.de erschienen.

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