London/Berlin. Wie wird gewählt? Wer wird gewählt? Und darf die Queen abstimmen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wahl in Großbritannien.

In Großbritannien geht es an diesem Donnerstag um die Macht. Hält sich Theresa May mit ihren Konservativen an der Regierung – oder gelingt dem Herausforderer Jeremy Corbyn von der linken Labour-Partei die Sensation? Hier die wichtigsten sieben Punkte zur Unterhaus-Wahl im Überblick:

1. Wie wird in Großbritannien gewählt?

Nigel Farage von der EU-feindlichen Ukip-Partei verpasste 2015 den Einzug ins Parlament.
Nigel Farage von der EU-feindlichen Ukip-Partei verpasste 2015 den Einzug ins Parlament. © dpa | Victoria Jones

Das Land hat 650 Wahlkreise für ebenso viele Sitze im Unterhaus. Um einen zu ergattern, müssen Politiker in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen holen – Motto: „The winner takes it all“, der Gewinner räumt alles ab.

In Deutschland haben Wähler eine Erststimme für Direktkandidaten und eine Zweitstimme, die für die Verteilung der Sitze an die im Parlament vertretenen Parteien maßgeblich ist. Die Briten dagegen haben nur eine Erststimme.

So kann es passieren, dass Polit-Promis keinen Sitz bekommen, weil sie ihren Wahlkreis nicht geholt haben – bei der Wahl 2015 passierte das dem Ukip-Chef Nigel Farage. Das Wahlsystem macht auch Prognosen über den Ausgang äußerst schwierig.

2. Wem nutzt dieses Wahlsystem?

Hauptsächlich den großen Parteien. Bei der Wahl 2015 holten die Konservativen 330 der 650 Sitze im Unterhaus. Labour kam auf 232 Sitze. Profitieren können kleine aber, wenn sie regional stark sind. Wie die schottische Nationalpartei SNP: In England, Wales und Nordirland tritt sie nicht an, in Schottland gewann sie 2015 aber 56 der 59 Wahlkreise. Sie wurde drittstärkste Kraft – mit nicht einmal fünf Prozent der Stimmen im Königreich insgesamt.

3. Warum wählen die Briten an einem Donnerstag?

In Großbritannien wird traditionell donnerstags gewählt – und das schon seit mehr als 80 Jahren. Seit 2011 ist der Wochentag für landesweite Parlamentswahlen sogar gesetzlich festgelegt. Die sind nicht ganz klar. Eine Theorie: Am Freitag bekamen die Arbeiter ihren Lohn – und danach gingen viele lieber in einen Pub als ins Wahllokal. Grund könnte auch sein, dass donnerstags ohnehin viele Menschen in die Städte zum traditionellen Markttag kamen.

Aber: Keine Regel ohne Ausnahme. In den 70er-Jahren wurden Wahlen auch schon mal auf einen Mittwoch verlegt – wegen großer Fußballspiele.

4. Was passiert nach dem Wahltag?

Sollte es eine absolute Mehrheit für eine der Parteien geben, wird der Gewinner seinen Sieg erklären und der Verlierer die Niederlage anerkennen. Sollte es zu einer Wachablösung kommen, müsste die Amtsinhaberin Theresa May zu Queen Elizabeth II. als Staatsoberhaupt fahren und ihren Rücktritt einreichen. Dies gilt auch für eine Konstellation ohne absolute Mehrheit, in der May keine Aussicht auf eine Regierungsbildung unter ihrer Führung sieht.

Bei klarer Mehrheit wird der Sieger binnen weniger Tage eine neue Regierung bilden. Sollte sich keine eindeutige Mehrheit abzeichnen, aber May die Chance auf eine eigene Regierungsbildung sehen, bleibt sie zunächst weiter im Amt. Sie muss dann mit möglichen Partnern ein Regierungsprogramm zimmern.

5. Darf die Queen mitwählen?

Königin Elizabeth II.
Königin Elizabeth II. © dpa | Andrew Matthews

In Großbritannien gibt es kein geschriebenes Gesetz, das der Queen das Wahlrecht abspricht. Trotzdem gehen Königin Elizabeth II. und ihre Familie nie wählen und kandidieren auch nicht. Denn Aufgabe der Monarchie ist es, im Vereinigten Königreich Kontinuität zu stiften und die Gesellschaft zu einen – das verträgt sich nicht mit Parteinahme.

In ihrer Rolle als Staatsoberhaupt muss die Monarchin außerdem politisch neutral bleiben. Übrigens hat die 91 Jahre alte Queen auch keinen Pass. Da britische Pässe im Namen Ihrer Majestät ausgestellt sind, braucht sie selbst keinen.

6. Wo residiert der/die Premierminister/in?

Sie ist wohl eine der berühmtesten Adressen der Welt: 10 Downing Street. Das Reihenhaus mit den schwarzen Türen in der Londoner Innenstadt dient seit 1735 als Sitz der britischen Regierung. In dem Backstein-Bau wohnt und arbeitet heute Premierministerin Theresa May. Hier empfängt sie Staatsgäste und leitet die Sitzungen ihres Kabinetts.

Nach hinten ist das Gebäude mit einem weit größeren Herrenhaus verbunden. Die Straße, eine Sackgasse, ist nach dem Diplomaten und Politiker George Downing (1623-1684) benannt. In dem Haus wohnt auch Kater Larry. Er schnurrt seit Februar 2011 als „Oberster Mäusejäger des Kabinetts“.

7. Wofür stehen Unterhaus und Oberhaus?

Das britische Parlament besteht aus zwei Kammern: dem Unterhaus (House of Commons) und dem Oberhaus (House of Lords). In der Regel wählen die Briten alle fünf Jahre ihre Abgeordneten im Unterhaus, die meisten Mitglieder des Oberhauses werden dagegen auf Lebenszeit ernannt.

Beide Kammern bringen Gesetze ein, verabschieden den Haushalt und kontrollieren die Regierung. Üblicherweise müssen Entscheidungen des einen Hauses im anderen bestätigt werden. Im Oberhaus sitzen neben Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft oder Sport auch Adelige und anglikanische Bischöfe.

Der Großteil der derzeit mehr als 800 Abgeordneten wurde auf Vorschlag des jeweiligen Premiers von Königin Elizabeth II. in die zweite Parlamentskammer berufen. Seit 1999 können die Sitze nicht mehr vererbt werden. Eine Obergrenze für die Zahl der Mitglieder gibt es nicht. (W.B./dpa/rtr)