Berlin. Im Fall Franco A. verspricht Ursula von der Leyen grundlegende Reformen. Vom Rekruten zum General soll keiner ausgenommen werden.

Die Affäre um den rechts­extremen Offizier Franco A. ist für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der Anstoß für eine weitere Reform der Bundeswehr. Auf dem Prüfstand stehen das Disziplinarrecht und die Traditionspflege, letztlich die innere Führung. Sie stellte am Mittwoch einen breiten Prozess in Aussicht, „vom Rekruten bis zum General, vom Referenten bis zur Ministerin“.

Der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg forderte eine Rückkehr zur Wehrpflicht. Der Bürger in Uniform sei „ein verlässliches Frühwarnsystem zur Erkennung von Extremismus von links und rechts“, sagte er unserer Redaktion. Die Aussetzung der Wehrpflicht habe bewirkt, dass die Streitkräfte keinen Querschnitt unserer Gesellschaft mehr abbilden könnten. Sein Argument für ihre Wiedereinführung?

Verteidigungsausschuss fordert Aufklärung von Ministerin

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    Franco A. hatt Waffen aus Bundeswehr-Beständen

    „Unsere Zivilbevölkerung ist auch das Immunsystem gegen Demokratiefeindlichkeit.“ Vor dem Verteidigungsausschuss trat von der Leyen auf, „als ob sie jetzt die Problemlöserin wäre“, klagte der SPD-Wehrexperte Rainer Arnold. Nicht nur die Opposition hält die Ministerin längst für einen Teil des Problems der Bundeswehr und nicht für einen Teil der Lösung. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann rügte, der Terrorverdächtige Franco A. und seine Mitstreiter hätten sich „fast schon so auffällig verhalten, dass man es gar nicht übersehen konnte“. Es sei aber weggeschaut worden. „Dafür muss die Ministerin die Verantwortung übernehmen“, forderte der SPD-Politiker.

    Der Oberleutnant Franco A. plante einen Anschlag und hatte dazu Waffen aus Bundeswehr-Beständen gestohlen. Es wird befürchtet, dass er ein Terrornetzwerk bilden wollte. Dass von der Leyen die Aufklärung nach eigenen Worten „mit aller Härte“ betreiben will, stößt generell auf Zustimmung. Sie habe in ein „Wespennest gestochen“, würdigte Alexander Neu von der Linkspartei.

    Pläne zur Überprüfung bestehen schon länger

    Umstrittener ist da schon, dass sie einen „Traditionserlass“ von 1982 auf den Prüfstand stellen will. Denn die Ministerin konnte den Abgeordneten nicht erklären, was sie genau ändern würde. Zurzeit werden alle Kasernen daraufhin überprüft, wo und wie an die Wehrmacht erinnert wird. Sammlungen sind zwar erlaubt. Die Frage ist aber, ob Exponate historisch eingeordnet werden oder vielmehr zur falschen Heroisierung führen.

    Schon im neuen Weißbuch steht, dass die Bundeswehr ihre Traditionen überprüfen soll. Das Dokument zur strategischen Ausrichtung der Streitkräfte wurde im Sommer 2016 verabschiedet – passiert ist seitdem dazu nichts.

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      Geheimdienst der Streitkräfte geht Verdachtsfällen von Extremismus nach

      Als die Ministerin düster andeutete, dass im Fall Franco A. noch einiges rauskommen könne, wollte Arnold wissen, welche Indikatoren sie dafür habe. Da musste sie passen. Als Kritik war auch die Frage danach gemeint, wie oft sie in ihrer Amtszeit mit dem Präsidenten des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, geredet habe. Genug Gründe dazu hätte sie gehabt. Denn der Geheimdienst der Streitkräfte geht gerade Verdachtsfällen von Extremismus nach. Im Fall von Franco A. ist ihm keine große Panne vorzuwerfen. Gramm erinnerte vor dem Ausschuss daran, dass eine Masterarbeit des Oberleutnants mit rassistischem Inhalt dem MAD nicht gemeldet wurde.

      Kritische Fragen wirft eine Sicherheitsüberprüfung auf, die im Februar 2016 für Franco A. beim MAD beantragt worden war. Da der Soldat seine Einverständniserklärung erst im November abgab, passierte neun Monate lang nichts. „Da hätte man konsequenter vorgehen müssen“, so Wolfgang Hellmich (SPD), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses. Das gilt erst recht für Franco A.s Umgang mit Waffen. Laut Hellmich hat der Oberleutnant ein Schießbuch der Kaserne gefälscht, um an das Material zu kommen. Wie er über Jahre weitere Munition beiseiteschaffen konnte, muss aufgeklärt werden.