Berlin/Paris. Französische Medien durften kaum über den Cyberangriff auf Macron berichten. Grund dafür ist eine besondere Regel bei Wahlkämpfen.
Eine Besonderheit des französischen Wahlrechts führte am Samstag zu einer bizarren Situation: Obwohl ein mutmaßlicher
von nationalem Interesse ist, konnten französische Medien kaum darüber berichten. Politiker mussten schweigen. Der Grund: Am Tag vor der Abstimmung gelten in Frankreich besondere Regeln.
Es dürfen keine Umfragen veröffentlicht werden, die Kandidaten dürfen sich nicht in elektronischen Medien äußern. Die nationale Wahlkampfkommission CNCCEP rief Bürger und Medien dazu auf, die von den Hackern erbeuteten Daten nicht zu veröffentlichen, um die Wahl nicht zu beeinflussen. Wer sich nicht daran halte, könne sich strafbar machen.
Offenbar auch Fälschungen verbreitet
Die Debatte in Frankreich drehte sich deshalb nur um den Hackerangriff und nicht um Inhalte der gestohlenen E-Mails, Dokumente und Daten. Unter die echten Dokumente sollen auch gefälschte gemischt worden sein, das unterscheidet den Fall von ähnlichen Cyberangriffen, die es in den USA, aber auch in Deutschland gab.
Die Sorge wächst nun, dass auch die Bundestagswahl von unbekannten Hackern und von gezielter Desinformation geprägt werden könnte. „Die Gefahr, dass Hacker und andere Kriminelle Wahlen beeinflussen, ist real“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley dieser Redaktion. „Wir müssen die Demokratie auch im Internet verteidigen.“
Dokumente wurden schon vor Wochen erbeutet
Ein Unbekannter mit dem Pseudonym „EMLEAKS“ hatte am späten Freitagabend bis zu neun Gigabyte Daten auf die Seite „Pastebin“ heraufgeladen, die das anonyme Teilen von Informationen erlaubt. Wer sich hinter dem Spitznamen verbirgt, war zunächst unklar. Die Buchstabenkombination EM erinnert sowohl an Macron als auch an seine Bewegung „En Marche“.
Die Bewegung erklärte, die ins Internet gestellten E-Mails, Verträge sowie andere interne Dokumente seien schon vor Wochen durch Angriffe auf E-Mail-Konten erbeutet worden. Es gehe darum, Macron und der Demokratie zu schaden. Nach Angaben der Enthüllungsplattform Wikileaks handelt es sich um Zehntausende Dokumente. Wikileaks wies auf seiner Internetseite auf das Material hin, erklärte aber, nicht hinter der Veröffentlichung zu stecken.
Emmanuel Macron in Umfragen weiter vorne
Der 39-jährige frühere Wirtschaftsminister Macron geht laut letzten Umfragen vom Freitag als Favorit in die Stichwahl. Er lag bei um die 62 Prozent der Stimmen, seine Konkurrentin Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National (FN) kam auf 38 Prozent. Im Gegensatz zu Le Pen vertritt Macron eine EU-freundliche Linie.
Während des französischen Wahlkampfs war immer wieder vor der Gefahr von Cyberattacken gewarnt worden. Die IT-Sicherheitsfirma Trend Micro hatte Ende April berichtet, Macrons Wahlkampagne sei Ziel der Hackergruppe Pawn Storm geworden. Westliche IT-Sicherheitsfirmen vermuten dahinter eine Gruppe mit mutmaßlicher Nähe zu russischen Geheimdiensten, die hinter Hackerangriffen auf die US-Demokraten und die deutsche CDU stecken soll.
Welche Rolle spielt Russland?
Der IT-Experte Vitali Kremez von der New Yorker Sicherheitsfirma Flashpoint sagte der Nachrichtenagentur Reuters, seine Untersuchung des Cyberangriffs auf Macron habe Hinweise darauf ergeben, dass die Hackergruppe APT 28 dahinterstecke. Sie tritt auch unter dem Namen Pawn Storm auf und gilt als verlängerter Arm des russischen Militärgeheimdienstes GRU.
Kremez sagte, im April habe APT insgesamt 28 Internetadressen registriert, die dem Namen „En Marche“ ähnelten. Diese seien vermutlich eingesetzt worden, um Ködermails an Mitglieder der Bewegung zu schicken und sich Zugang zu den Computern von Macrons Organisation zu verschaffen. Macrons Team hatte Russland mehrfach für versuchte Cyberattacken verantwortlich gemacht.
Daten auch bei Angriffen auf Bundestag erbeutet
Die Gruppe APT 28 steckt nach Ansicht des Bundesverfassungsschutzes auch hinter den Angriffen auf den Bundestag 2015, bei dem große Datenmengen erbeutet wurden. Der Inlandsgeheimdienst warnt,
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„Wir wissen nicht genau, was für Informationen abgeflossen sind, aber wir können uns vorstellen, dass unser Gegenüber die auch auswertet oder ausschlachtet auch für Desinformationskampagnen“, sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Donnerstag.
„Diese Beeinflussung von außen richtet sich gegen jeden, der eine klare Haltung gegenüber Russland vertritt und der nicht gegen Merkel ist“, sagte die Grünen-Politikerin Franziska Brantner, die dem Bundestagsunterausschuss für zivile Krisenprävention vorsitzt. Deutsche Wähler müssten verstehen, dass es sich bei derartigen „Leaks“ um gezielte Wahlmanipulation handelt: „Es ist klar, auf welcher Seite der russische Präsident Wladimir Putin steht. Er stand in Österreich auf der Seite des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer. In den USA hat er Trump unterstützt. Er hat Marine Le Pen empfangen, und auch die AfD-Jugend ist ständig in Russland.“
Die Karriere von Präsident Macron