Washington. Bill O’Reilly war mit 18 Millionen Dollar Gehalt der Star des konservativen Senders Fox News. Jetzt stolpert er über einen Sexskandal.

Am Ende konnte ihm auch der Papst nicht mehr helfen. Bill O’Reilly, beim rechtspopulistischen Kabelsender Fox News Quotenbringer Nr.1 und seit 15 Jahren der einflussreichste Meinungsbildner im US-Fernsehen, ist gefeuert.

Der 67-Jährige wird nach seinem Urlaub, der ihn am Mittwoch in den Vatikan nach Rom geführt hat und die Hand von Papst Franziskus schütteln ließ, nicht mehr an seine Wirkungsstätte in New York zurückkehren. Er stolperte über einen Sex-Skandal, der indirekt auch Präsident Donald Trump trifft.

O’Reilly nennt Vorwürfe „völlig haltlos“

Nach „gründlicher und sorgfältiger Bewertung der Vorwürfe“, habe man sich zur Trennung entschieden, teilte der von Medien-Mogul Rupert Murdoch (86) und seinen Söhnen Lachlan und James über die Holding 21 Century Fox geleitete Sender mit.

Bei Fox sei ein Arbeitsumfeld wichtig, „das auf Vertrauen und Respekt basiert“. O’Reilly erklärte, es sei „unglaublich entmutigend“ auf der Grundlage von „völlig haltlosen“ Behauptungen den Job zu verlieren.

Trump hatte O’Reilly den Rücken gestärkt

Damit geht in den USA ein Ära zu Ende. O’Reilly war mit 18 Millionen Dollar Jahresgehalt einer der bestbezahlten Medienmenschen. Er hat in seiner nach ihm benannten News-Show seit zwei Jahrzehnten allabendlich bis zu vier Millionen Zuschauer mit einer Mischung aus Unterhaltung und rechtskonservativer Propaganda in den Bann gezogen und seinem Arbeitgeber damit zuletzt binnen zwei Jahren Werbeeinnahmen von fast 500 Millionen Dollar beschert. Über 15 Jahre hatte O’Reilly in seinem Segment die meisten Zuschauer.

Frauenrechtlerinnen und Opfer sexueller Gewalt demonstrierten vor dem Fernsehsender Fox News in New York gegen den Moderator Bill O'Reilly, nachdem die Vorwürfe bekannt geworden waren.
Frauenrechtlerinnen und Opfer sexueller Gewalt demonstrierten vor dem Fernsehsender Fox News in New York gegen den Moderator Bill O'Reilly, nachdem die Vorwürfe bekannt geworden waren. © dpa | Erik Mcgregor

Sein abrupter Abgang (erst vor wenigen Tagen erhielt er einen neuen Drei-Jahres-Vertrag) rückt US-Präsident Donald Trump in ein ungünstiges Licht. Der New Yorker Geschäftsmann, seit Jahren mit dem TV-Star beruflich verbandelt und sein regelmäßiger Interview-Partner, hatte O’Reilly öffentlich demonstrativ die Stange gehalten („er ist ein guter Mensch“), als die New York Times kürzlich diese Bombe hochgehen ließ:

Danach hatte Fox News insgesamt 15 Millionen Dollar als Schweigegeld an fünf Frauen gezahlt, die dem verheirateten Moderator sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten. Im Gegenzug verpflichteten sich die Betroffenen, die Angelegenheit diskret zu behandeln und keine Klagen einzureichen.

TV-Moderator gestand keinerlei Schuld ein

Bei den Frauen handelte es sich entweder um Mitarbeiterinnen der Show „The O’Reilly Factor“ oder um weibliche Gäste, schrieb die New York Times. O’Reilly, so der Vorwurf, machte den Damen eindeutige Avancen. Ließen sie ihn abblitzen, soll sich der Medienstar als karrierebremsend gezeigt haben.

Wendy Walsh (r.) gehört zu den Frauen, die Bill O’Reilly der sexuellen Belästigung bezichtigen.
Wendy Walsh (r.) gehört zu den Frauen, die Bill O’Reilly der sexuellen Belästigung bezichtigen. © REUTERS | KEVORK DJANSEZIAN

O’Reilly hat die Vorwürfe im Detail nie konkret bestritten. In Stellungnahmen suchten er und seine Anwälte Zuflucht bei der Behauptung, seine Prominenz mache ihn zum Opfer übler Nachrede. O’Reilly gestand keinerlei Schuld ein. Selbst dann nicht, als Wendy Walsh, eine Betroffene, die nicht Teil des Vergleichs war, in den vergangenen Tagen öffentlich mehrfach anzügliche Details schilderte.

Trump nannte außergerichtliche Einigung strategischen Fehler

Präsident Trump, im Wahlkampf von ähnlichen Vorwürfen verfolgt, stärkte O’Reilly den Rücken. „Ich glaube nicht, dass Bill irgendetwas falsch gemacht hat“, sagte er vor wenigen Tagen. Dass O’Reilly mit besagten Frauen eine außergerichtliche Einigung abschloss, nannte Trump einen strategischen Fehler. Ähnlich hatte sich Trump geäußert,

einen derben Karrierknick erlebte – die Murdochs ließen den langjährigen Fox News-Chef fallen; allerdings mit einem Abfindungspflaster im Gegenwert von 40 Millionen Dollar.

O’Reilly wird in Bevölkerungskreisen, die für rechtspopulistisch-patriotische Töne empfänglich sind, vergöttert. Auf der Gegenseite hat er erbitterte Feinde, die den regelmäßig auf die persönliche Integrität von Andersdenkenden zielenden TV-Mann mitverantwortlich machen für das vergiftete politische Klima in den USA.

Fast 60 renommierte Werbekunden zogen Aufträge zurück

Am frühen Donnerstagmorgen wurden die O’Reilly-Plakate am Gebäude von Fox News in New York abgedeckt.
Am frühen Donnerstagmorgen wurden die O’Reilly-Plakate am Gebäude von Fox News in New York abgedeckt. © REUTERS | RASHID UMAR ABBASI

Als die Schweigegeld-Geschichte Runden zog und weitere Vorwürfe laut wurden, die O’Reilly als klassischen Obermacho am Arbeitsplatz erscheinen ließen, zogen fast 60 renommierte Werbekunden, darunter die Autokonzerne Mercedes-Benz, BMW, Toyota und Hyundai sowie der französische Pharmakonzern Sanofi und die beliebte Allstate-Versicherung, ihre Aufträge zurück. Einige Unternehmen, hieß es in US-Medien, fürchten, dass ihre Marken von O’Reilly, der sich gern zum ethisch einwandfreien Saubermann stilisiert, in Mitleidenschaft gezogen werden.

Für Fox News spielten bei dem Rauswurf auch übergeordnete Interessen eine Rolle. Der Murdoch-Clan will für 14 Milliarden Dollar die europäische Sky-TV-Gruppe übernehmen. In Kürze wird die britische Aufsichtsbehörde Ofcom darüber entscheiden, ob 21st Century der Aufgabe gewachsen ist. O’Reillys Begleitmusik, sagen Medien-Insider in den USA, könnte hier als Störfunk empfunden werden.