Gotha/Leverkusen. Ein mehrfach straffällig gewordener und abgelehnter Asylbewerber muss entlassen werden. Der Grund: ein Abschiebegefängnis war voll.

Eigentlich gab es einen Gerichtsbeschluss aus Gotha: Ein abgelehnter und ausreisepflichtiger Asylbewerber soll abgeschoben werden. Doch selbst eine zwischenzeitliche Festsetzung durch die Polizei in Leverkusen führte nicht dazu. So ist der Straftäter wieder auf freiem Fuß.

Aus Leverkusen kam die Mitteilung an eine Ausländerbehörde in Thüringen, dass der Mann in den umliegenden Abschiebehafteinrichtungen nicht in Gewahrsam genommen werden kann: Sie seien restlos belegt. Im 300 Kilometer von Leverkusen entfernten Pforzheim hätte der Mann indes aufgenommen werden können – wenn die Zentrale Schubeinheit den Transport hätte absichern können.

Verurteilter Sexualstraftäter musste bereits ausreisen

Weil das aber – davon erfuhr das Thüringer Landesverwaltungsamt in einer Mail Anfang April, die der „Thüringer Landeszeitung“ (Bezahlinhalt) („TLZ“) vorliegt – nicht realisierbar war, musste der Mann aus dem Polizeigewahrsam entlassen werden; die Sachbearbeiterin, die das Landesverwaltungsamt darüber informierte, verweist in ihrer Mail noch darauf, dass es sich bei dem Albaner um einen Mehrfachstraftäter handelt, der sich bereits einmal einer Abschiebung entzogen hatte.

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    Wie aus weiteren Mails hervorgeht, die der „TLZ“ vorliegen, handelt es sich bei dem Mann um einen Sexualstraftäter, der Deutschland bereits einmal verlassen hatte, nachdem er fünf Jahre in Haft gesessen hatte. Unmittelbar danach sei er abgeschoben worden, heißt es in den Dokumenten. Jetzt, da er illegal zurückgekehrt ist, gestaltet sich seine Abschiebung schwierig. „Da es in Deutschland unmöglich ist, ausreisepflichtige Ausländer und Straftäter in Abschiebehaft zu bekommen, müssen diese wieder auf freien Fuß gesetzt werden“, heißt es in der Kommunikation wörtlich. Solle in Deutschland abgeschoben werden, dann müssten auch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden.

    Ministerium sagt Lösungen zu

    Über den geschilderten Fall ist das Thüringer Migrationsministerium indes nicht informiert. „Die Unterbringung einer Person in der Abschiebehaft ist immer von einer richterlichen Entscheidung abhängig. Diese wird jedoch nicht im Ministerium angezeigt“, sagte ein Sprecher auf Anfrage der „Thüringer Landeszeitung“. Deshalb gebe es im Hause von Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) auch keine Kenntnis über die Fälle, in denen Abschiebehaft nicht angeordnet wurde.

    In Eisenhüttenstadt gibt es neben der Abschiebehaftanstalt auch Wohnheime der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg.
    In Eisenhüttenstadt gibt es neben der Abschiebehaftanstalt auch Wohnheime der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg. © dpa | Patrick Pleul

    Im Jahr 2015 gab es zwölf, im Jahr 2016 19 Personen, für die Abschiebehaft vollzogen wurde. „Das Ministerium wird weiterhin sicherstellen, dass für solche Fälle Lösungen gefunden werden. Die Zusammenarbeit über die Bundesländer hinweg erscheint dazu als praktikable und bislang bewährte Lösung“, so der Ministeriumssprecher.

    Abschiebehaftanstalt kann wegen Baumängeln nicht weiter genutzt werden

    Nach wie vor steht Thüringen die Abschiebehafteinrichtung in Eisenhüttenstadt indes nicht zur Verfügung. In der vom Land Brandenburg geführten Einrichtung, die Thüringen im Rahmen einer Kooperation im Bedarfsfall mit nutzen kann, weil es hierzulande keine eigene Abschiebehaftanstalt gibt, wurde schon vor Wochen ein Aufnahmestopp ausgegeben – bauliche Mängel und personelle Engpässe sollen dafür der Grund sein.

    In Thüringen war man von der Entscheidung überrascht worden, muss nun bundesweit nach Abschiebehaftplätzen suchen, wenn der Bedarf da ist. „Daher kann Thüringen in einem solchen Fall Kapazitäten in anderen Ländern nutzen. Es wird keine Abschiebehaft ausgesetzt, weil es in Eisenhüttenstadt keinen Platz dafür gibt.“

    Kooperation unter Bundesländern bleibt bestehen

    Seit Bekanntgabe des Aufnahmestopps ist der Rückgriff auf Kapazitäten anderer Bundesländer einmal notwendig geworden, heißt es aus dem Ministerium. Allerdings habe es sich dabei um eine Person gehandelt, die aufgrund ihrer Einschätzung durch die Sicherheitsbehörden sowieso nicht in Eisenhüttenstadt hätte untergebracht werden können. „In diesem Fall wurde eine Einrichtung in Rheinland-Pfalz genutzt.“ Dass es sich dabei um den vor einigen Wochen aus Weimar abgeschobenen Marokkaner handelt, der von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestuft wurde, ist wahrscheinlich.

    Aus dem Ministerium wird noch darauf verwiesen, dass Abschiebehaftplätze in der Regel nur bis zu drei Wochen belegt seien. „So kann eine Einrichtung kurzfristig ausgelastet sein, in der Folgewoche aber annähernd leer stehen. Auch deshalb ist die Kooperation mit anderen Bundesländern sinnvoll.“

    Dieser Text ist zuerst auf www.tlz.de erschienen.